BAG: § 1 BetrAVG aF mit höherrangigem Recht vereinbar

19.10.2005

Bundesarbeitsgericht

Nach § 1b BetrAVG nF wird die Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung

unverfallbar, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles, aber nach

Vollendung des 30. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt

mindestens fünf Jahre bestanden hat. Nach der bis zum 31.12.2000 gültigen Fassung des

§ 1 BetrAVG wurde die Anwartschaft erst dann unverfallbar, wenn der Arbeitnehmer bei

Ausscheiden 35 Jahre alt war und entweder die Versorgungszusage mindestens zehn Jahre

bestanden hat oder der Beginn der Betriebszugehörigkeit mindestens zwölf Jahre zurück

liegt und die Versorgungszusage mindestens drei Jahre bestanden hat. Diese Regelung ist

mit höherrangigem Recht vereinbar. Sie verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin weder

gegen Art. 3 GG noch gegen das europarechtliche Lohngleichheitsgebot.

Die am 15.1.1947 geb. Klägerin war vom 1.4.1963 bis zum 28.5.1980 bei der beklagten Gewerkschaft

beschäftigt; sie schied mit dem Ende des Mutterschaftsurlaubs nach der Geburt

ihres Sohnes im Alter von 33 Jahren aus dem Arbeitsverhältnis aus. Ihr war eine Versorgung

nach Maßgabe der Richtlinien einer Unterstützungskasse zugesagt worden. Diese verwiesen

für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens auf die gesetzlichen Vorschriften. Die Klägerin

hatte argumentiert, es liege eine unzulässige mittelbare Frauendiskriminierung vor, weil mehr

Frauen als Männer wegen der Altersgrenze unverfallbare Anwartschaften nicht erwürben. Es

kann dahingestellt bleiben, ob das von der Klägerin vorgelegte Datenmaterial auf eine wesentliche

Benachteiligung der Frauen schließen lässt. Eine etwaige Ungleichbehandlung ist

durch objektive Faktoren gerechtfertigt, die nichts mit einer Diskriminierung auf Grund des

Geschlechts zu tun haben. Ursprünglich waren Regelungen, wonach der Arbeitgeber nur

dann betriebliche Altersversorgung gewähren muss, wenn der Arbeitnehmer bis zum Versorgungsfall

dem Unternehmen angehört, unbeschränkt zulässig. Mit der Unverfallbarkeitsvorschrift

des § 1 Abs. 1 BetrAVG aF hat der Gesetzgeber die Vertragsfreiheit der Arbeitgeber

zugunsten des Sozialschutzes der Arbeitnehmer eingeschränkt. Er hat seinen Gestaltungsspielraum

nicht dadurch überschritten, dass er lange vor der Regelaltersgrenze erworbene

Anwartschaften für weniger schutzwürdig hielt als später erworbene.

BAG Urteil vom 18. Oktober 2005 - 3 AZR 506/04 -

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 20. April 2004 - 6 Sa 1279/03

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