BAG: Kündigung eines angestellten Pressefotografen wegen seines Auftretens in der Öffentlichkeit

24.06.2009

Bundesarbeitsgericht

Ein angestellter Pressefotograf einer Nachrichtenagentur ist zu einem angemessenen

Auftreten in der Öffentlichkeit verpflichtet. Er darf den Ruf und die Beziehungen

des Arbeitgebers zu Kunden und Informanten nicht durch unkorrektes

Verhalten beschädigen. Eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen

Verletzung dieser vertraglichen Pflicht kommt jedoch in der Regel nur in Betracht,

wenn dem Arbeitnehmer durch eine vergebliche Abmahnung deutlich gemacht

worden ist, welches Verhalten der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer konkret erwartet

und dass bei erneuter Pflichtverletzung der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet

ist (sog. Warnfunktion).

Der Kläger in dem heute vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall ist bei der

Beklagten seit 1965 als Pressefotograf beschäftigt. In den Jahren 2004 und 2005

stritten die Parteien über zwei Abmahnungen, deren Unwirksamkeit rechtskräftig

festgestellt wurde. Im November 2005 suchte der Kläger als Pressefotograf den Ort

eines Eisenbahnunglücks auf. Er gab sich auf Fragen der Polizei zwar als Pressefotograf

zu erkennen, zeigte aber seinen Presseausweis nicht vor. Da der Kläger den

Unfallort zunächst nicht aufforderungsgemäß verließ, sprach die Polizei einen Platzverweis

aus, dem der Kläger Folge leistete. Die zuvor von ihm gefertigten Aufnahmen

wurden von der Beklagten veröffentlicht. Die Polizei informierte die Beklagte

über den Vorfall. Die Beklagte sprach im Hinblick hierauf eine ordentliche Kündigung

zum 31. Oktober 2006 aus.

Die gegen die Kündigung gerichtete Klage hatte vor dem Bundesarbeitsgericht - wie

schon in den Vorinstanzen - Erfolg. Der Kläger hat zwar gegen seine Verpflichtung

verstoßen, bei Erledigung seiner Arbeit angemessene Umgangsformen zu wahren.

Insbesondere hätte er sich ausweisen müssen. In den vorausgegangenen Abmahnungen

hatte die Beklagte dem Kläger jedoch keine hinreichend klaren und eindeutigen

Verhaltensmaßregeln vorgegeben, weshalb die Beklagte bereits rechtskräftig

zur Herausnahme der Abmahnungen aus der Personalakte verurteilt worden

war. Ob in Ausnahmefällen auch sachlich nicht berechtigte Abmahnungen die

kündigungsrechtliche Warnfunktion erfüllen können, brauchte der Senat nicht zu entscheiden.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. Juni 2009 - 2 AZR 283/08 -

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 18. Dezember 2007

- 11 Sa 372/07 -

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