BAG: Nachträgliche Zulassung einer Kündigungsschutzklage - Zurechnung des Verschuldens eines gewerkschaftlichen Bevollmächtigten

29.05.2009

Bundesarbeitsgericht

Will sich ein Arbeitnehmer gegen die Wirksamkeit einer Kündigung seines Arbeitsverhältnisses

wenden, muss er nach § 4 KSchG innerhalb einer Frist von drei Wochen

nach Zugang der schriftlichen Kündigung Kündigungsschutzklage erheben.

War der Arbeitnehmer trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden

Sorgfalt verhindert, die Klage rechtzeitig zu erheben, so ist die Klage nach

§ 5 Abs. 1 KSchG auf seinen Antrag hin nachträglich zuzulassen. Hat der Arbeitnehmer

die verspätete Klageerhebung dagegen selbst verschuldet, so kann die Klage

nicht nachträglich zugelassen werden. Die Kündigung gilt dann als von Anfang an

wirksam. Dieselbe Folge tritt ein, wenn nicht der Arbeitnehmer selbst, aber sein Prozessbevollmächtigter

die verspätete Klageerhebung verschuldet hat (§ 85 Abs. 2

ZPO). Das gilt nicht nur für bevollmächtigte Rechtsanwälte, sondern ebenso für bevollmächtigte

Vertreter einer Gewerkschaft, die dann ihrerseits den Klageauftrag an

die DGB-Rechtsschutz GmbH weitergeben.

In dem heute vom Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts entschiedenen Fall war

dem Kläger am 19. Juli 2004 eine Kündigung seines Arbeitgebers zugegangen. Am

selben Tag rief er den für ihn zuständigen Leiter der Geschäftsstelle seiner Gewerkschaft

an und vereinbarte mit ihm einen Termin für den 20. Juli 2004 im Gewerkschaftsbüro,

um die Klageerhebung in die Wege zu leiten. Als der Kläger am 20. Juli

im Büro erschien, war der Geschäftsleiter wegen anderer Pflichten abwesend. Der

Kläger übergab seine Unterlagen an eine Mitarbeiterin, um die Klageerhebung zu

veranlassen. Bei gewöhnlichem Gang der Dinge wären die Unterlagen ohne Weiteres

alsbald zur Klageerhebung an die DGB-Rechtsschutz GmbH weitergeleitet worden;

die DGB-Rechtsschutz GmbH übernimmt als zentrale Einrichtung die Prozessvertretung

für Mitglieder von DGB-Gewerkschaften. Im Zusammenhang mit Bauarbeiten

gerieten die Unterlagen jedoch für mehrere Wochen in Vergessenheit und

tauchten erst um den 10. September 2004 wieder im Büro der Geschäftsstelle auf.

Am 13. September 2004 erhob die DGB-Rechtsschutz GmbH für den Kläger Kündigungsschutzklage

und beantragte deren nachträgliche Zulassung.

Der Antrag hatte vor dem Zweiten Senat keinen Erfolg. Der Kläger selbst war zwar

schuldlos an der Fristversäumung. Er hatte seinerseits mit der Beauftragung der

Gewerkschaft am 20. Juli 2004 alles zur Klageerhebung Nötige getan. Indes muss er

sich das Verschulden des von ihm am 20. Juli 2004 mit der Klageerhebung beauftragten

Gewerkschaftsvertreters zurechnen lassen. In der Geschäftsstelle der Gewerkschaft

hätten Vorkehrungen getroffen sein müssen, um die rechtzeitige Bearbeitung

fristgebundener Klageaufträge sicher zu stellen. Daran fehlte es.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28. Mai 2009 - 2 AZR 548/08 -

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg -, Urteil

vom 7. Mai 2008 - 10 Sa 26/08 -

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