BFH: Grunderwerbsteuer bei Zusammenlegung und Neuerrichtung von Kirchengemeinden

31.08.2023

Urteil vom 10.05.2023 - II R 24/21

Entsteht durch die Zusammenlegung von mehreren Kirchengemeinden eine neue Kirchengemeinde, wird hierdurch Grunderwerbsteuer ausgelöst, wenn die ursprünglichen Kirchenge meinden Anteile an grundbesitzenden GmbHs hielten und diese GmbH-Beteiligungen nach der Zusammenlegung sich alle in der Hand der neu errichteten Kirchengemeinde befinden. Der Bun desfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 10.05.2023 – II R 24/21 entschieden, dass dies auch dann gilt, wenn die grundbesitzenden GmbHs caritative Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Al tenheime betreiben.

Die Klägerin, eine Kirchengemeinde mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, wurde aufgrund Dekrets des zuständigen Bischofs durch die Vereinigung verschiedener Kir chengemeinden errichtet. Die vereinigten Kirchengemeinden waren ebenfalls Körperschaften des öffentlichen Rechts. Das gesamte Vermögen der ursprünglichen Kirchengemeinden einschließlich der Beteiligungen an den grundbesitzenden GmbHs wurde der Klägerin zugeführt. Das Finanzamt (FA) hielt diesen Vorgang für grunderwerbsteuerbar und erließ einen entsprechenden Feststellungsbescheid über die Besteuerungsgrundlagen.

Der BFH bestätigte die Auffassung des FA. Er führte aus, dass die Neuerrichtung der Klägerin durch Zusammenlegung verschiedener Kirchengemeinden in dem Augenblick der Grunderwerb steuer unterliege, in dem die Zusammenlegung für den staatlichen Bereich wirksam werde. Dem stehe nicht entgegen, dass die Umstrukturierung der Kirchengemeinden zunächst nach rein innerkirchlichem Recht – sozusagen kirchenintern – erfolgt sei. Ab dem Zeitpunkt, in dem die Zusammenlegung für den staatlichen Bereich anerkannt werde, habe die Klägerin den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit der Folge erlangt, dass sie grunderwerbsteuerpflichtig werde. Dem stehe weder das kirchliche Selbstbestimmungsrecht noch die sogenannte Kirchengutsgarantie im Hinblick auf das für Wohltätigkeitszwecke bestimmte Vermögen entgegen. Denn dieses Recht bzw. diese Garantie bestünden nur innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze. Eine solche Schranke sei die Grunderwerbsteuer; letztere sei daher auch von der Kirche zu entrichten. Der BFH entschied schließlich, dass auch kein grunderwerbsteuerrechtlicher Befreiungstatbestand bei einer Zusammenlegung von Kirchengemeinden eingreift. So könne ein Vorgang zwar von der Grunderwerbsteuer befreit sein, wenn er gleichzeitig eine Schenkung darstelle, wodurch eine Doppelbelastung mit Grunderwerbsteuer und Schenkungsteuer vermie den werden solle. Dies sei aber bei der Neuerrichtung einer Kirchengemeinde durch Zusammen legung von Kirchengemeinden nicht der Fall, weil die aufgelösten Kirchengemeinden der Kläge rin nichts geschenkt hätten, sondern der Vermögensübergang auf die Klägerin in Vollzug von in nerkirchlichen Gesetzen erfolgt sei. Der bei Übergang eines Grundstücks durch eine Körper schaft des öffentlichen Rechts auf eine andere Körperschaft des öffentlichen Rechts bei gleichzei tigem Übergang von öffentlich-rechtlichen Aufgaben, wie z.B. der Erfüllung caritativer Zwecke, vorgesehene Befreiungstatbestand, sei ebenfalls nicht einschlägig. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut erfasse dieser Tatbestand nur den direkten Übergang eines Grundstücks von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts auf eine andere, nicht aber die Vereinigung von Anteilen an grundbesitzenden GmbHs.

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