BFH: Kindergeld für volljährige Kinder, die krankheitsbedingt ihre Ausbildung abbrechen

11.02.2022

Urteil vom 21.08.2021 – III R 41/19

Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 21.08.2021 III R 41/19 entschieden hat, ist eine Kindergeldgewährung wegen Berufsausbildung des Kindes nicht mehr möglich, wenn das Ausbil-dungsverhältnis wegen einer Erkrankung des Kindes nicht nur unterbrochen, sondern beendet wurde. Handelt es sich um eine nur vorübergehende Erkrankung und ist das Kind nachweislich weiter ausbildungswillig, kann es als ausbildungsplatzsuchendes Kind berücksichtigt werden.

Die Klägerin ist die Mutter einer im Februar 1994 geborenen Tochter, die im Februar 2016 eine zweijährige schulische Ausbildung begann. Die Familienkasse gewährte daher zunächst Kinder-geld. Im Herbst 2017 erfuhr die Familienkasse, dass die Tochter bereits im März 2017 von der Schule abgegangen war und ab September eine Vollzeitbeschäftigung aufgenommen hatte. Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung daher ab April 2017 auf. Die Klägerin legte ver-schiedene Atteste vor, mit denen sie nachzuweisen versuchte, dass ihre Tochter nur aufgrund ei-ner Erkrankung die Schule nicht mehr weiter habe besuchen können. Der Familienkasse genügte dies nicht. Sie forderte eine alle sechs Monate zu erneuernde ärztliche Bescheinigung, aus der sich die Erkrankung und deren voraussichtliches Ende ergeben. Außerdem ging sie davon aus, dass die Tochter schon im April 2017 gegenüber der Familienkasse hätte erklären müssen, dass sie sich zum nächstmöglichen Zeitpunkt um eine Berufs- oder Schulausbildung bewerben werde. Das Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage für die Monate April bis September 2017 statt und ging dabei davon aus, dass sich die Tochter weiter in Ausbildung befunden habe.

Dagegen hielt der BFH die Revision der Familienkasse für begründet. Für volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, kommt gemäß § 32 Abs. 4 des Einkommensteuer-gesetzes ein Kindergeldanspruch u.a. dann in Betracht, wenn sie sich in Berufsausbildung befin-den, sich vergeblich um einen Ausbildungsplatz bemühen oder sich wegen einer Behinderung nicht selbst unterhalten können. Eine Berücksichtigung als in Ausbildung befindliches Kind setzt voraus, dass das Ausbildungsverhältnis weiter besteht. Hieran fehlt es, wenn das Kind, wie im Streitfall, während der Ausbildung erkrankt und das Ausbildungsverhältnis durch Abmeldung

Nr. 3 vom 10.02.2022

Bundesfinanzhof Ismaninger Straße 109 81675 München Pressestelle Telefon (089) 9231–400 E-Mail pressestelle@bfh.bund.de

von der Schule, Kündigung oder Aufhebungsvertrag beendet wird. In einem solchen Fall kommt eine Berücksichtigung als ausbildungsplatzsuchendes Kind in Betracht. Das setzt allerdings vo-raus, dass es sich um eine vorübergehende, d.h. ihrer Art nach voraussichtlich nicht länger als sechs Monate dauernde Krankheit handelt. Außerdem muss nachgewiesen werden, dass das Kind trotz vorübergehender Ausbildungsunfähigkeit weiterhin ausbildungswillig ist. Bei voraussicht-lich länger als sechs Monate andauernder Erkrankung kommt eine Berücksichtigung als behin-dertes Kind in Betracht. Dem Finanzgericht wurde daher für den zweiten Rechtsgang aufgegeben, nähere Feststellungen dazu zu treffen, ob die Tochter als ausbildungsplatzsuchendes oder behin-dertes Kind berücksichtigt werden kann.

Verlagsadresse

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Aachener Straße 222

50931 Köln

Postanschrift

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Postfach 27 01 25

50508 Köln

Kontakt

T (0221) 400 88-99

F (0221) 400 88-77

info@rws-verlag.de

© 2024 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Erweiterte Suche

Seminare

Rubriken

Veranstaltungsarten

Zeitraum

Bücher

Rechtsgebiete

Reihen



Zeitschriften

Aktuell