BFH: Rechtsprechungsänderung bei doppelter Haushaltsführung in sog. Wegverlegungsfällen
Bundesfinanzhof
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit zwei Urteilen vom 5. März 2009 (VI R 23/07,
VI R 58/06) seine Rechtsprechung zur doppelten Haushaltsführung nach
Wegverlegung des Familienwohnsitzes vom Beschäftigungsort geändert. Nach § 9
Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören zu den
Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen
einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung
entstehen. Bisher verneinte die Rechtsprechung die berufliche Veranlassung
einer doppelten Haushaltsführung, wenn der Steuerpflichtige die
Familienwohnung aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt hatte
und dann von einer Zweitwohnung am Beschäftigungsort seiner bisherigen
Beschäftigung weiter nachging.
Nach neuer Rechtsprechung des BFH schließt nun eine solche Wegverlegung des
Haupthausstands aus privaten Gründen eine beruflich veranlasste doppelte
Haushaltsführung nicht aus. Eine beruflich begründete doppelte
Haushaltsführung setzt voraus, dass aus beruflicher Veranlassung am
Beschäftigungsort ein zweiter (doppelter) Haushalt zum Hausstand des
Steuerpflichtigen hinzutritt. Beruflich veranlasst ist der Haushalt dann,
wenn ihn der Steuerpflichtige nutzt, um seinen Arbeitsplatz von dort aus
erreichen zu können. Wird ein solcher beruflich veranlasster Zweithaushalt am
Beschäftigungsort eingerichtet, so wird damit auch die doppelte
Haushaltsführung selbst aus beruflichem Anlass begründet. Dies gilt selbst
dann, wenn der Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort
wegverlegt und dann die bereits vorhandene oder eine neu eingerichtete
Wohnung am Beschäftigungsort aus beruflichen Gründen als Zweithaushalt
genutzt wird. Denn der (beibehaltene) Haushalt am Beschäftigungsort wird nun
aus beruflichen Motiven unterhalten.
In dem vom BFH entschiedenen Streitfall VI R 58/06 waren der Ehemann in M und
seine mit ihm zusammen veranlagte Ehefrau in A jeweils nichtselbständig
tätig. In A war zunächst auch der Familienwohnsitz der Eheleute, der nach der
Geburt des ersten Kindes unter Aufgabe der Wohnung in A im November 2000
zunächst nach M und im August 2001 wieder zurück nach A verlegt wurde. Der
Ehemann wohnte nach dem Rückumzug in M zunächst im Hotel und mietete ab
September 2002 in M eine Zweitwohnung an. Er machte Aufwendungen für doppelte
Haushaltsführung am Beschäftigungsort in M geltend. Auch in dem weiteren
Verfahren VI R 23/07 hatte der ledige Kläger seinen Hauptwohnsitz vom
Arbeitsort wegverlegt, die bisherige Wohnung am Beschäftigungsort beibehalten
und die Aufwendungen dafür als Kosten einer doppelten Haushaltsführung
angesetzt. In beiden Fällen lehnten dies die Finanzämter und auch die
Vorinstanzen auf Grundlage der früheren Rechtsprechung des BFH ab.
Der BFH hob die Vorentscheidungen auf und entschied, dass die
Berücksichtigung der Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung nicht
schon deshalb ausscheide, weil der Hausstand jeweils vom Beschäftigungsort
wegverlegt worden sei; unerheblich sei auch, ob noch ein enger Zusammenhang
zwischen der Wegverlegung des Hausstandes vom Beschäftigungsort und der
(Neu-)Begründung des zweiten Haushalts am Beschäftigungsort bestehe oder ob
doch schon eine hinreichend lange Frist zwischen der Wegverlegung der
Familienwohnung vom Beschäftigungsort und der Neubegründung des zweiten
Haushalts am Beschäftigungsort verstrichen sei.