BFH ruft BVerfG an: Beschränkung des Sonderausgabenabzugs von Krankenversicherungsbeiträgen ist verfassungswidrig - Familien werden benachteiligt

13.01.2006

Bundesfinanzhof

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hält die betragsmäßige Beschränkung

des Sonderausgabenabzugs von Krankenversicherungsbeiträgen für

verfassungswidrig, weil die gesetzlichen Höchstbeträge es dem

Steuerpflichtigen nicht ermöglichen, in angemessenem Umfang

Krankenversicherungsschutz zu erlangen. Er hat daher mit Beschluss vom 14.

Dezember 2005 X R 20/04 das Revisionsverfahren ausgesetzt und diese Frage dem

Bundesverfassungsgericht vorgelegt.

Kläger sind ein freiberuflich tätiger Rechtsanwalt und seine Ehefrau, die

Eltern von sechs Kindern sind. Sie machen geltend, dass sie für sich selbst

und für ihre Kinder Beiträge zu privaten Krankenversicherungen aus dem

versteuerten Einkommen zahlen müssten, da sie mit Prämien im betragsmäßigen

Umfang des Sonderausgaben-Höchstbetrags einen existenzsichernden

Versicherungsschutz nicht erlangen könnten.

Der BFH ist dem Vorbringen der Kläger weitgehend gefolgt. Nach seiner

Auffassung gebietet es das verfassungsrechtliche subjektive Nettoprinzip,

dass existenznotwendige Aufwendungen des Steuerpflichtigen steuerlich

verschont werden. Hierzu gehörten auch Beiträge zu Krankenversicherungen,

soweit sie dazu dienten, Versicherungsschutz in dem von den gesetzlichen

Krankenversicherungen gewährten Umfang zu erlangen. Diese Beiträge dienten

der eigenverantwortlichen Vorsorge gegen ein stets gegenwärtiges

Lebensrisiko; dieser Vorsorge könne sich - u.a. auch nach der Wertung des

Sozialversicherungs- und des Sozialhilferechts - der Steuerpflichtige nicht

entziehen. Zwar sei es steuersystematisch richtig, entsprechende Aufwendungen

nicht in den steuerlichen Grundfreibetrag - das sog. steuerfreie

Existenzminimum - einzubeziehen. Dem individuellen Vorsorgebedarf müsse der

Gesetzgeber aber jedenfalls durch eine realitätsgerechte Bemessung des

Sonderausgabenabzugs Rechnung tragen.

Soweit Eltern in Erfüllung ihrer Unterhaltspflicht für ihre Kinder Beiträge

zu Krankenversicherungen aufbringen müssten, sei der Gesetzgeber zur

Vermeidung einer verfassungswidrigen Benachteiligung der Familie gehalten,

diese Belastung angemessen steuerlich zu berücksichtigen. Das geltende

Steuerrecht sehe eine entsprechende Entlastung der Eltern weder im Rahmen des

Familienleistungsausgleichs noch beim Sonderausgabenabzug vor.

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