BGH: Flughafenverbot für Abschiebungsgegnerin rechtmäßig

24.01.2006

Bundesgerichtshof

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass die

Betreibe-rin des Flughafens Frankfurt a.M. keine Demonstrationen oder

ähnliche Aktionen dulden muss, wenn diese konkret geeignet sind, eine

Störung des Flughafenbetriebs herbeizuführen.

I. Die Klägerin begab sich im März 2003 zusammen mit fünf weiteren Personen

zum Flughafen Frankfurt a.M., und zwar an den Abfertigungsschalter, der für

einen am selben Tag stattfindenden Flug nach Athen zuständig war. Dort

fragte sie nach der im Rahmen dieses Fluges vorgesehenen Abschiebung eines

Ausländers. Hierbei wurden Flugblätter verteilt, welche unter der

Überschrift „Flug: LH 3492 nach A-then…“ den Namen des Ausländers sowie

Angaben zu seinem Schicksal und zu seiner Befürchtung enthielten, im Wege

einer Kettenabschiebung an die Türkei aus-geliefert zu werden. Der Klägerin

ging es dabei insbesondere um die Weitergabe der Information, dass bei dem

Flug eine Abschiebung gegen den Willen des Betroffenen durchgeführt werden

sollte.

Die beklagte Flughafenbetreiberin, eine Aktiengesellschaft im

Mehrheitsbesitz der öffentlichen Hand, sprach darauf hin ein Flughafenverbot

gegenüber der Klägerin aus. Das Verbot bezieht sich (nur) auf die

unberechtigte Nutzung des Flughafens, insbesondere mit der Beklagten nicht

abgestimmte Demonstrationen im Terminal.

Die Klägerin hat die Aufhebung des Hausverbots verlangt. In den

Vorinstanzen, die die Klage abgewiesen haben, hat sie sich auf ihre

Grundrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit berufen und die

Auffassung vertreten, die Beklagte habe es hinzunehmen, dass von ihrem

Betriebsgelände aus durchgeführte Abschiebungen von Flüchtlingen kritisch

hinterfragt würden. Mit der von dem Berufungsgericht zuge-lassenen Revision

hat die Klägerin ihren Klageantrag weiter verfolgt.

II. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision der Klägerin

zurückge-wiesen. Die beklagte Flughafenbetreiberin sei aufgrund ihres

Hausrechts berechtigt gewesen, gegenüber der Klägerin ein Hausverbot

auszusprechen. Durch die Öffnung des Flughafens auch für Besucher gewähre

sie – unter Verzicht auf die Aus-übung ihres Hausrechts im Einzelfall – zwar

allen Personen den Zutritt zum Flugha-fen, die sich im Rahmen des üblichen

Verhaltens bewegten und den Betriebsablauf nicht störten. Damit sei das

Flughafengelände aber nicht für beliebige Zwecke, ins-besondere nicht für

das Verteilen von Flugblättern und für Demonstrationen, geöffnet worden.

Die Flughafenbetreiberin sei auch nicht mit Rücksicht auf die Grundrechte

der Kläge-rin auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit verpflichtet, Aktionen

wie diejenige vom März 2003 zu dulden. Der Bundesgerichtshof hat dabei offen

gelassen, ob die Beklagte einer Privatperson gleichsteht oder ob sie – weil

sie im Bereich des Luftverkehrs öffentliche Aufgaben wahrnimmt bzw. sich im

Mehrheitsbesitz der

öffentlichen Hand befindet - unmittelbar an die Grundrechte gebunden ist.

Jedenfalls müsse die Beklagte auch unter Berücksichtigung der Grundrechte

der Klägerin keine Versammlungen oder Aktionen hinnehmen, die geeignet sind,

die Abwicklung des Flugverkehrs zu stören. Hierauf sei das Verhalten der

Klägerin aber gerichtet gewe-sen. Ihr sei es darauf angekommen, einen

Solidarisierungseffekt unter den Passa-gieren zu erzielen, der im Vorfeld

des Fluges zu Nachfragen oder Protesten und da-mit mindestens zu einer

Verzögerung des Abflugs führen würde. Das belege auch eine weitere Aktion

vom Juni 2004. Hierbei hatte die Klägerin Flugblätter („Zeigen Sie

Zivilcourage – Was Sie als Fluggast tun können“) mit dem Hinweis verteilt,

Pas-sagiere könnten sich weigern, ihre Handys im Flugzeug auszuschalten und

so den Start der Maschine und damit die Abschiebung verhindern oder

verzögern. Da ein Hausverbot keinen Strafcharakter habe, sondern in erster

Linie bezwecke, künftige Verletzungen des Hausrechts zu verhindern, habe

dieser Vorfall bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Hausverbots

berücksichtigt werden können.

Urteil vom 20. Januar 2006 - V ZR 134/05

 

AG Frankfurt 31 C 27799/04 - 23 ./. LG Frankfurt – 2/1 S 9/05

 

Karlsruhe, den 20. Januar 2006

Bundesgerichtshof

 

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