BGH: Freispruch des Hildesheimer Oberbürgermeisters aufgehoben

11.05.2006

Bundesgerichtshof

Das Landgericht Hildesheim hat den Oberbürgermeister der Stadt sowie zwei

Vor-stände der Stadtwerke Hildesheim AG vom Vorwurf der Bestechlichkeit und

des Betruges freigesprochen.

Nach den Feststellungen des Landgerichts war die Stadt Hildesheim bestrebt,

Anteile an ihrer privaten Energieversorgung zu verkaufen. Dabei wurde als

Übernehmer der Geschäftsanteile ein Konsortium von zwei überregional tätigen

Energieversorgungsunternehmen in Aussicht genommen. Bei zwei Gesprächen vor

dem Vertragsschluss schilderte der Oberbürgermeister die finanziellen

Probleme förderungswürdiger Einrichtungen der Stadt, worauf von Seiten

eines Kaufinteressenten eine Spende von einer Million DM angekündigt wurde.

Nachdem der Stadtrat der Veräußerung zugestimmt hatte, bat der

Oberbürgermeister bei dem anderen Unternehmen ebenfalls um eine Spende und

erhielt die Zusage über eine Zahlung von 250.000 DM. Um die Unternehmen

nicht als Spender in Erscheinung treten zu lassen, grün-deten die

Angeklagten zusammen mit vier anderen Personen einen Verein, dem sie den

Namen „pecunia n.o.“ (= pecunia non olet) gaben. In der Folgezeit überwiesen

die beiden Käufer insgesamt 920.000 DM an den Verein. Ein Teilbetrag wurde

von diesem satzungsgemäß an kulturelle Einrichtungen weitergereicht.

Das Landgericht hat den Freispruch vom Vorwurf der Bestechlichkeit damit

begrün-det, es sei keine Unrechtsvereinbarung zwischen den Angeklagten und

den Mana-gern der Energieversorgungsunternehmen zustande gekommen. Auch

einen Betrug durch Täuschung der Spender über die beabsichtigte Verwendung

der Gelder konn-te das Landgericht nicht feststellen.

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat der 3. Strafsenat das Urteil

aufgehoben, weil das Landgericht von einem unzutreffenden rechtlichen

Ausgangspunkt ausge-gangen ist. Für die den Angeklagten vorgeworfene

Bestechlichkeit in der Bege-hungsform des Forderns eines Vorteils reicht es

aus, wenn das Verlangen eines Vor-teils dem Angesprochenen zur Kenntnis

kommt und der Amtsträger dabei will, dass sein Verlangen als im Zusammenhang

mit der zukünftigen Diensthandlung stehend verstanden wird. Einer zwischen

dem Amtsträger und dem Angesprochenen getrof-fenen Unrechtsvereinbarung

bedarf es - entgegen der Ansicht des Landgerichts - nicht. Darüber hinaus

hat das Landgericht seine Überzeugung, die Zahlungen seien ohne Bezug zu den

Diensthandlungen der Angeklagten erfolgt, auf der Grundlage einer nur

unvollständigen und damit rechtsfehlerhaften Würdigung der erhobenen Beweise

gefunden.

Diese Fehler mussten zur Aufhebung des Freispruchs führen, weil eine

Verurteilung der Angeklagten aufgrund des bislang festgestellten

Sachverhalts wegen Bestech-lichkeit als möglich erscheint.

Der 3. Strafsenat hat darauf hingewiesen, dass das Verhalten der Angeklagten

auch unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsannahme, der Untreue zum Nachteil

der Stadt-werke oder der Stadt sowie erneut unter dem Aspekt des Betruges zu

prüfen sein wird.

Der Bundesgerichtshof hat die Sache an das Landgericht Göttingen

zurückverwiesen.

Urteil vom 11. Mai 2006 - 3 StR 389/05

 

Landgericht Hildesheim – Entscheidung vom 27. April 2005 -16 KLs 42232 Js

38704/02

 

Karlsruhe, den 11. Mai 2006

 

 

Bundesgerichtshof

 

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