BGH: Freispruch des Hildesheimer Oberbürgermeisters aufgehoben
Bundesgerichtshof
Das Landgericht Hildesheim hat den Oberbürgermeister der Stadt sowie zwei
Vor-stände der Stadtwerke Hildesheim AG vom Vorwurf der Bestechlichkeit und
des Betruges freigesprochen.
Nach den Feststellungen des Landgerichts war die Stadt Hildesheim bestrebt,
Anteile an ihrer privaten Energieversorgung zu verkaufen. Dabei wurde als
Übernehmer der Geschäftsanteile ein Konsortium von zwei überregional tätigen
Energieversorgungsunternehmen in Aussicht genommen. Bei zwei Gesprächen vor
dem Vertragsschluss schilderte der Oberbürgermeister die finanziellen
Probleme förderungswürdiger Einrichtungen der Stadt, worauf von Seiten
eines Kaufinteressenten eine Spende von einer Million DM angekündigt wurde.
Nachdem der Stadtrat der Veräußerung zugestimmt hatte, bat der
Oberbürgermeister bei dem anderen Unternehmen ebenfalls um eine Spende und
erhielt die Zusage über eine Zahlung von 250.000 DM. Um die Unternehmen
nicht als Spender in Erscheinung treten zu lassen, grün-deten die
Angeklagten zusammen mit vier anderen Personen einen Verein, dem sie den
Namen pecunia n.o. (= pecunia non olet) gaben. In der Folgezeit überwiesen
die beiden Käufer insgesamt 920.000 DM an den Verein. Ein Teilbetrag wurde
von diesem satzungsgemäß an kulturelle Einrichtungen weitergereicht.
Das Landgericht hat den Freispruch vom Vorwurf der Bestechlichkeit damit
begrün-det, es sei keine Unrechtsvereinbarung zwischen den Angeklagten und
den Mana-gern der Energieversorgungsunternehmen zustande gekommen. Auch
einen Betrug durch Täuschung der Spender über die beabsichtigte Verwendung
der Gelder konn-te das Landgericht nicht feststellen.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat der 3. Strafsenat das Urteil
aufgehoben, weil das Landgericht von einem unzutreffenden rechtlichen
Ausgangspunkt ausge-gangen ist. Für die den Angeklagten vorgeworfene
Bestechlichkeit in der Bege-hungsform des Forderns eines Vorteils reicht es
aus, wenn das Verlangen eines Vor-teils dem Angesprochenen zur Kenntnis
kommt und der Amtsträger dabei will, dass sein Verlangen als im Zusammenhang
mit der zukünftigen Diensthandlung stehend verstanden wird. Einer zwischen
dem Amtsträger und dem Angesprochenen getrof-fenen Unrechtsvereinbarung
bedarf es - entgegen der Ansicht des Landgerichts - nicht. Darüber hinaus
hat das Landgericht seine Überzeugung, die Zahlungen seien ohne Bezug zu den
Diensthandlungen der Angeklagten erfolgt, auf der Grundlage einer nur
unvollständigen und damit rechtsfehlerhaften Würdigung der erhobenen Beweise
gefunden.
Diese Fehler mussten zur Aufhebung des Freispruchs führen, weil eine
Verurteilung der Angeklagten aufgrund des bislang festgestellten
Sachverhalts wegen Bestech-lichkeit als möglich erscheint.
Der 3. Strafsenat hat darauf hingewiesen, dass das Verhalten der Angeklagten
auch unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsannahme, der Untreue zum Nachteil
der Stadt-werke oder der Stadt sowie erneut unter dem Aspekt des Betruges zu
prüfen sein wird.
Der Bundesgerichtshof hat die Sache an das Landgericht Göttingen
zurückverwiesen.
Urteil vom 11. Mai 2006 - 3 StR 389/05
Landgericht Hildesheim Entscheidung vom 27. April 2005 -16 KLs 42232 Js
38704/02
Karlsruhe, den 11. Mai 2006
Bundesgerichtshof
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