BGH: Kein Anspruch des Grundstückseigentümers aus Gewissensgrün-den gegen den Jagdausübungsberechtigten auf Beseitigung eines Hochsitzes

19.12.2005

Bundesgerichtshof

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass es der

Eigentümer eines zu einer Jagdgenossenschaft gehörenden Grundstücks, das

weder land- noch forstwirtschaftlich genutzt wird, dem Jagdpächter nicht aus

Gewissensgründen untersagen kann, auf dem Grundstück einen Hochsitz und

eine Fütterungseinrichtung zu errichten. In dem zugrunde liegenden Fall

hatten die Kläger (Miteigentümer und Nießbrauchsberechtigte eines

Grundstücks), die als Veganer aus ethischen Gründen die Jagd auf Tiere

gänzlich ablehnen, Beseitigung des ohne ihre Zustimmung erbauten Hochsitzes

verlangt; der beklagte Jagdpächter hatte im Wege der Widerklage Duldung

seiner jagdlichen Einrichtungen gefordert. Die Vorinstanzen haben die Klage

abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Dem ist der Bundesgerichtshof im

Anschluss an ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. April 2005 3

C 31/04 - gefolgt. Nach übereinstimmender Auffassung der beiden obersten

Bundes-gerichte verstößt die im Bundesjagdgesetz bestimmte Mitgliedschaft

der Eigentümer von Grundstücken in einer Jagdgenossenschaft nicht gegen

höherrangiges Recht, insbesondere weder gegen die Gewissensfreiheit (Art. 4

GG), die Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG) oder die Eigentumsgarantie des

Grundgesetzes (Art. 14 GG) noch gegen Vorschriften der Europäischen

Menschenrechtskonvention. Der Jagdgegner wird dadurch nicht gezwungen, gegen

sein Gewissen die Jagdausübung aktiv zu fördern, sondern er muss sie

lediglich passiv hinnehmen. Das zum französischen Jagdrecht ergangene,

teilweise abweichende Urteil des Europäischen Gerichtshofs für

Menschenrechte vom 29. April 1999 in der Sache Cassagnou u.a. gegen

Frank-reich (veröffentlicht in NJW 1999, 3695) ist auf das deutsche Recht

nicht übertrag-bar. Infolgedessen können die Grundstückseigentümer und die

zur Nutzung berech-tigte Nießbraucherin hier, eine nach den maßgebenden

Bestimmungen des rheinlandpfälzischen Landesjagdgesetzes gestattete

Errichtung eines Hochsitzes nicht verhindern.

Urteil vom 15. Dezember 2005 - III ZR 10/05

 

AG Pirmasens - Entscheidung vom 26. Mai 2004 - 2 C 539/03

 

LG Zweibrücken - Entscheidung vom 30. November 2004 - 3 S 126/04

 

Karlsruhe, den 15. Dezember 2005

 

 

Bundesgerichtshof

 

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