BGH: Kein Anspruch des Grundstückseigentümers aus Gewissensgrün-den gegen den Jagdausübungsberechtigten auf Beseitigung eines Hochsitzes
Bundesgerichtshof
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass es der
Eigentümer eines zu einer Jagdgenossenschaft gehörenden Grundstücks, das
weder land- noch forstwirtschaftlich genutzt wird, dem Jagdpächter nicht aus
Gewissensgründen untersagen kann, auf dem Grundstück einen Hochsitz und
eine Fütterungseinrichtung zu errichten. In dem zugrunde liegenden Fall
hatten die Kläger (Miteigentümer und Nießbrauchsberechtigte eines
Grundstücks), die als Veganer aus ethischen Gründen die Jagd auf Tiere
gänzlich ablehnen, Beseitigung des ohne ihre Zustimmung erbauten Hochsitzes
verlangt; der beklagte Jagdpächter hatte im Wege der Widerklage Duldung
seiner jagdlichen Einrichtungen gefordert. Die Vorinstanzen haben die Klage
abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Dem ist der Bundesgerichtshof im
Anschluss an ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. April 2005 3
C 31/04 - gefolgt. Nach übereinstimmender Auffassung der beiden obersten
Bundes-gerichte verstößt die im Bundesjagdgesetz bestimmte Mitgliedschaft
der Eigentümer von Grundstücken in einer Jagdgenossenschaft nicht gegen
höherrangiges Recht, insbesondere weder gegen die Gewissensfreiheit (Art. 4
GG), die Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG) oder die Eigentumsgarantie des
Grundgesetzes (Art. 14 GG) noch gegen Vorschriften der Europäischen
Menschenrechtskonvention. Der Jagdgegner wird dadurch nicht gezwungen, gegen
sein Gewissen die Jagdausübung aktiv zu fördern, sondern er muss sie
lediglich passiv hinnehmen. Das zum französischen Jagdrecht ergangene,
teilweise abweichende Urteil des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte vom 29. April 1999 in der Sache Cassagnou u.a. gegen
Frank-reich (veröffentlicht in NJW 1999, 3695) ist auf das deutsche Recht
nicht übertrag-bar. Infolgedessen können die Grundstückseigentümer und die
zur Nutzung berech-tigte Nießbraucherin hier, eine nach den maßgebenden
Bestimmungen des rheinlandpfälzischen Landesjagdgesetzes gestattete
Errichtung eines Hochsitzes nicht verhindern.
Urteil vom 15. Dezember 2005 - III ZR 10/05
AG Pirmasens - Entscheidung vom 26. Mai 2004 - 2 C 539/03
LG Zweibrücken - Entscheidung vom 30. November 2004 - 3 S 126/04
Karlsruhe, den 15. Dezember 2005
Bundesgerichtshof
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