BGH: Pflichtteilsansprüche am Hausvermögen des ehemaligen preußischen Königshauses Keine Wiederaufnahme des Verfahrens
Bundesgerichtshof
Im Streit um die Erbfolge in das Hausvermögen des früheren preußischen
Königs-hauses hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs am 26. April
2006 über die Re-vision zweier Prinzen gegen ein Urteil des Hanseatischen
Oberlandesgerichts in Bremen entschieden. Sie erstreben die Wiederaufnahme
eines rechtskräftig abge-schlossenen Pflichtteilsprozesses.
In jenem Verfahren ging es um Pflichtteilsansprüche nach ihrem Vater, dem
1994 verstorbenen Prinzen Louis Ferdinand. Das Hausvermögen des preußischen
Kö-nigshauses stand dem Prinzen Louis Ferdinand nach einem Erbvertrag aus
dem Jahre 1938 allerdings nur als Vorerbe zu. Es wäre nur dann in den für
die geltend gemachten Pflichtteilsansprüche maßgebenden Nachlass gefallen,
wenn der Erbver-trag nichtig wäre. Diesen Standpunkt vertreten die Kläger u.
a. im Hinblick auf eine Bestimmung des Erbvertrages, wonach ein Sohn des
Prinzen Louis Ferdinand nicht Nacherbe sein kann, wenn er mit einer Frau
verheiratet ist, die nicht aus einer dem Hause Preußen ebenbürtigen Familie
stammt.
Die Klage auf den Pflichtteil blieb ohne Erfolg. Das Hanseatische
Oberlandesgericht in Bremen hielt den Erbvertrag in einem Urteil vom 23. Mai
2002 nicht für unwirksam. Zur Begründung bezog es sich u. a. auf den
Beschluss des IV. Zivilsenats vom 2. Dezember 1998 (BGHZ 140, 118 ff.), der
im Erbscheinsverfahren über die Erbfolge nach dem 1951 gestorbenen
ehemaligen Kronprinzen Wilhelm von Preußen ergan-gen war. Die
Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil vom 23. Mai 2002 wurde vom Senat
zurückgewiesen, eine Verfassungsbeschwerde vom Bundesverfassungs-gericht
nicht zur Entscheidung angenommen.
Aufgrund der Verfassungsbeschwerde eines anderen Beteiligten im
Erbscheinsver-fahren hob das Bundesverfassungsgericht durch Beschluss vom
22. März 2004 (NJW 2004, 2008 ff.) den Senatsbeschluss BGHZ 140, 118 ff.
auf. Daraufhin haben die Kläger im vorliegenden Verfahren Restitutionsklage
beim Hanseatischen Ober-landesgericht in Bremen erhoben, die durch Urteil
vom 10. Dezember 2004 abge-wiesen wurde. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts
kann der Beschluss BGHZ 140, 118 ff. nicht einem präjudiziellen Urteil im
Sinne von § 580 Nr. 6 ZPO gleichgestellt werden. Im Übrigen stehe nach dem
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts noch nicht fest, dass der Erbvertrag
aus dem Jahre 1938 nichtig sei.
Die Revision gegen dieses Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts in
Bremen hat der IV. Zivilsenat mit Urteil vom heutigen Tage zurückgewiesen.
Er stützt sich dabei auf § 79 BVerfGG. Mit dieser Vorschrift hat der
Gesetzgeber eine abschlie-ßende Regelung für die Folgen von Entscheidungen
des Bundesverfassungsgerichts geschaffen, in denen die Verfassungswidrigkeit
einer Norm, ihrer Auslegung oder der Rechtsanwendung durch die Fachgerichte
festgestellt wird. Im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit
bleiben abgesehen von Strafurteilen rechtskräftige Entscheidungen in
anderen Verfahren, die nicht vom Bundesverfas-sungsgericht aufgehoben worden
sind, trotz nachträglich erkannter Verfassungswid-rigkeit unberührt. Die
vom Bundesverfassungsgericht für die Rechtsanwendung vor-gegebenen Maßstäbe
sind von den Gerichten zwar bei zukünftigen Entscheidungen zu beachten,
ändern aber nichts daran, dass ein bereits unanfechtbar abgeschlos-senes
Verfahren Bestand behält. Allerdings darf aus den rechtskräftig gewordenen
Entscheidungen nicht mehr vollstreckt werden (BVerfG ZIP 2006, 60 ff.).
Urteil vom 26. April 2006 IV ZR 26/05
OLG Bremen 5 U 29/05 Entscheidung vom 10. Dezember 2004
Karlsruhe, den 26. April 2006
Bundesverfassungsgerichtsgesetz § 79 in der Fassung vom 11. August 1993:
(1) Gegen ein rechtskräftiges Strafurteil, das auf einer mit dem Grundgesetz
für un-vereinbar oder nach § 78 für nichtig erklärten Norm oder auf der
Auslegung einer Norm beruht, die vom Bundesverfassungsgericht für
unvereinbar mit dem Grundge-setz erklärt worden ist, ist die Wiederaufnahme
des Verfahrens nach den Vorschrif-ten der Strafprozessordnung zulässig.
(2) Im übrigen bleiben vorbehaltlich der Vorschrift des § 95 Abs. 2 oder
einer beson-deren gesetzlichen Regelung die nicht mehr anfechtbaren
Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 für nichtig erklärten Norm beruhen,
unberührt. Die Vollstreckung aus einer solchen Entscheidung ist unzulässig.
Soweit die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung
durchzuführen ist, gilt die Vorschrift des § 767 der Zivilprozeßordnung
entsprechend. Ansprüche aus ungerechtfertigter Berei-cherung sind
ausgeschlossen.
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