BGH: Rote Mitte von Oskar Schlemmer Unterlassungsanspruch gegen unberechtigte Eigentumsberühmung
Bundesgerichtshof
Der II. Zivilsenat, der schon in der Vergangenheit mit Eigentumsfragen an
den Wer-ken des Malers Oskar Schlemmer befaßt gewesen ist, hat heute
entschieden, dass der Enkel des Künstlers nicht behaupten darf, das von
seinem Großvater gemalte Bild Rote Mitte stehe im Eigentum des
Familiennachlasses Oskar Schlemmer.
Der Kläger, der im Besitz einer bedeutenden Kunstsammlung ist, erwarb im
Jahr 1983 das von Oskar Schlemmer im Jahr 1931 gemalte Bild Rote Mitte von
einer deutschen Galerie, die das Werk im Jahr 1959 im Rahmen einer Auktion
in den Ver-einigten Staaten ersteigert hatte. Zwischen den Parteien besteht
Einigkeit darüber, dass der Kläger zumindest durch Ersitzung nach § 937
BGB Eigentümer des Bil-des ist, selbst wenn das Werk dem Künstler durch
einen Akt der nationalsozialisti-schen Machthaber entzogen worden sein
sollte. Der Beklagte, ein Enkel Oskar Schlemmers, hat in einem als
vertraulich gekennzeichneten, an einen Kunstverlag gerichteten Schreiben,
das den Briefkopf Oskar Schlemmer Sekretariat und Archiv .. trägt,
geäußert, der Familiennachlass Oskar Schlemmer sei Eigentümer des Bil-des
Rote Mitte. Der hiervon durch den Kunstverlag unterrichtete Kläger
verlangt von dem Beklagten, diese Behauptung zu unterlassen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr
stattgege-ben. Der II. Zivilsenat hat die Revision zugelassen und das
Berufungsurteil bestätigt. In Rechtsprechung und Schrifttum wird die Frage
unterschiedlich beantwortet, ob überhaupt und ggf. unter welchen
Voraussetzungen in einer unberechtigten Eigen-tumsberühmung, wie sie in der
Äußerung des Enkels von Oskar Schlemmer zu se-hen ist, eine Beeinträchtigung
des Eigentums liegt, gegen die der betroffene Eigen-tümer mit der
Unterlassungsklage (§ 1004 Abs. 1 BGB) vorgehen kann. Der II. Zivil-senat
differenziert: Berühmt sich jemand dem Eigentümer selbst gegenüber als
In-haber des dinglichen Rechts, reicht es aus, dass dieser auf dem Wege der
Feststel-lungsklage die Frage klären läßt. Anders verhält es sich indessen,
wenn die Eigen-tumsberühmung gegenüber einem außenstehenden Dritten wie in
dem entschie-denen Fall zum Ausdruck gebracht wird. Dann bedarf der
Eigentümer der Unter-lassungsklage, um sich wirksam gegen die mit der
unrichtigen Behauptung verbun-denen Beeinträchtigungen zur Wehr setzen zu
können. Gerade auf dem Gebiet des Kunstmarktes wird dies deutlich, weil der
rechtmäßige Eigentümer, könnte er gegen die Eigentumsberühmung nicht auf dem
Wege der Unterlassungsklage vorgehen, gehindert wäre, von seinem
ausschließlichen Recht (§ 903 BGB) Gebrauch zu ma-chen, etwa das Werk für
Ausstellungen auszuleihen oder es an Interessenten zu verkaufen.
Urteil vom 24. Oktober 2005 II ZR 329/03
Landgericht Ravensburg Entscheidung vom 7. Februar 2003 4 O 354/02 ./.
Oberlandesgericht Stuttgart Entscheidung vom 23. September 2003 12 U
42/03
Karlsruhe, den 24. Oktober 2005
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