BGH: Sportgate-Verfahren zurückverwiesen
Bundesgerichtshof
Der II. Zivilsenat hatte heute darüber zu entscheiden, ob die Gläubiger der
insolventen Sportgate AG doch noch auf mehr verteilungsfähige Masse hoffen
dürfen.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Sportgate AG. Zu
ihren Gründern gehört u. a. der beklagte Unternehmer Boris Becker, der 5%
des Grundkapitals der Gesellschaft gezeichnet hatte. Über das Vermögen der
am 23. März 2001 ins Handelsregister eingetragenen Schuldnerin wurde am 1.
August 2001 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung von 1,5 Millionen Euro aus einer
Erklärung in Anspruch, die dieser kurz nach Gründung der Schuldnerin
abgegeben hat. Diese Erklärung, die der Beklagte nach einem Gespräch mit
einem Aufsichtsratsmitglied der Schuldnerin und der Vertreterin eines
anderen Gründungsgesellschafters an einer Bar in einem Washingtoner Hotel
unterschrieben hat und die nach den Angaben des Beklagten obwohl deutsches
Recht Anwendung finden soll - deshalb in englischer Sprache verfasst ist,
weil die Hotelangestellte, die den Text auf Anweisung geschrieben hat, nur
der englischen Sprache mächtig gewesen ist, hat folgenden Wortlaut (deutsche
von dem Kläger im Prozess vorgelegte Übersetzung):
An diejenigen, die es angeht:
Ich verpflichte mich hiermit gegenüber der Sportgate AG i.G. sowohl
unverzüglich jegliche Verluste, die während des Geschäftsganges eintreten,
bis zu einer Summe von 1,5 Millionen Euro mittels geeigneter Maßnahmen
auszugleichen, als auch die Versorgung der Gesellschaft in dieser Zeit mit
flüssigen Mitteln sicher zu stellen, so dass die Gesellschaft jederzeit
ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen kann
Das Landgericht hat zugunsten des Klägers unterstellt, dass der Beklagte
diese Erklärung gegenüber der Schuldnerin abgegeben hat und der Schuldnerin
aus dieser - nach Ansicht des Landgerichts eine einheitliche Verpflichtung
enthaltenden - Erklärung ein Erfüllungsanspruch zugestanden hätte. Es hat
die Klage mit der Begründung abgewiesen, mit der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens sei der Erfüllungsanspruch untergegangen.
Das Berufungsgericht - das die Berufung zunächst durch einstimmigen
Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO hat zurückweisen wollen - hat durch sein
Urteil die Entscheidung des Landgerichts im Ergebnis bestätigt und die
Revision nicht zugelassen. Es hat angenommen, der Zahlungsanspruch des
Klägers bestehe schon deswegen nicht, weil die Erklärung formunwirksam und
nichtig sei. Bei dem Versprechen des Beklagten, Verluste der Schuldnerin
auszugleichen, handele es sich um eine schenkweise, nach dem hier
anwendbaren deutschen Recht notariell zu beurkundende Verpflichtung (§§ 125
S. 1, 518 Abs. 1 S. 2 BGB).
Der II. Zivilsenat hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers die
Revision zugelassen und heute das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache
zur neuen Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Senat des
Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Die Ansicht des Berufungsgericht, es handele sich bei der Erklärung des
beklagten Gründungsgesellschafters und Aktionärs Boris Becker, deren Abgabe
gegenüber der Schuldnerin das Berufungsgericht zugunsten des Klägers
unterstellt hat, um eine mangels Gegenleistung schenkweise eingegangene und
deshalb formunwirksame Verpflichtung, beruht u.a. auf einer grundlegenden
Verkennung der Rechtsnatur von Finanzierungsvereinbarungen zwischen
Gesellschaftern und ihrer Gesellschaft. Diese werden in aller Regel im
Hinblick auf die Mitgliedschaft in der Gesellschaft und allein schon wegen
dieser kausalen Verknüpfung nicht unentgeltlich abgegeben. Die Erklärung
ist deshalb formlos gültig.
Der Senat hat das Berufungsurteil auch nicht mit der Begründung des
Landgerichts aufrechterhalten. Ob dessen Ansicht bei einer einheitlichen,
auf die Ausstattung der Schuldnerin mit Liquidität gerichteten
Verpflichtungserklärung zutreffend wäre, konnte der Senat dahinstehen
lassen. Denn die Erklärung des Beklagten besteht aus zwei Teilen und der
Kläger stützt die Klage nicht auf die in der Erklärung auch enthaltene
Ausstattungsverpflichtung, sondern allein auf die Erklärung des Beklagten
unverzüglich jegliche Verluste, die während des Geschäftsgangs eintreten,
bis zu einer Summe von 1,5 Millionen Euro mittels geeigneter Maßnahmen
auszugleichen. Die zuletzt genannte Verpflichtung wird durch die Eröffnung
eines Insolvenzverfahrens nicht unerfüllbar; dass sie auf die Zeit vor
Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beschränkt sein sollte, ist nach dem
bisherigen Vortrag nicht ersichtlich.
In dem nach Zurückverweisung wieder eröffneten Berufungsverfahren wird sich
ein anderer Senat des Berufungsgerichts nunmehr - erstmals mit dem
umfänglichen, in vielen entscheidungserheblichen Fragen streitigen
Sachvortrag der Parteien auseinandersetzen müssen.
Urteil vom 8. Mai 2006 II ZR 94/05
LG München I, Urteil vom 18. Dezember 2003 12 O 13994/02 ./.
OLG München, Urteil vom 18. Januar 2005 18 U 1887/04
Karlsruhe, den 8. Mai 2006
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