BGH: Urteil gegen fünf Mitglieder des „Freikorps Havelland“ rechtskräftig

10.03.2006

Bundesgerichtshof

Der damals 18-jährige Abiturient H. hatte im Juli 2003 zehn weitere zumeist

rechts-extreme und ausländerfeindliche Jugendliche und Heranwachsende zu

einem Tref-fen eingeladen, bei dem unter dem Namen „Freikorps Havelland“

eine Vereinigung gegründet wurde, die sich die Vertreibung der Ausländer

zunächst aus dem Havelland und dann auch aus Deutschland zum Ziel gesetzt

hatte. Hierzu sollten Brandanschläge gegen geschäftliche Einrichtungen von

Ausländern verübt und notfalls auch wiederholt werden, um ihre

Existenzgrundlage zu vernichten und sie zu vertreiben. Durch die damit

herbeigeführte Verunsicherung sollten auch alle anderen Ausländer

eingeschüchtert und zum Verlassen des Landes bewegt werden. Fünf der

Mitbeteiligten hatte sich in der Folgezeit unter der Führung von H. an

zahlreichen Anschlägen beteiligt, bis die Vereinigung nach einem

polizeilichen Zugriff im Juni 2004 aufgelöst wurde.

Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat die Gruppe als terroristische

Vereinigung eingestuft. Es hat den Anführer H. als Rädelsführer und ihn

sowie die fünf an den Anschlägen mitwirkenden Beteiligten als Gründer und

Mitglieder der Vereinigung sowie als Mittäter der jeweiligen Anschläge zu

Jugendstrafen verurteilt. H. und neun andere Angeklagte haben dagegen

Revision eingelegt. Der Bundesgerichtshof hat die Einordnung der Gruppe als

terroristische Vereinigung bestätigt und die Rechtsmittel des Rädelsführers

H. sowie der vier Angehörigen, die bei den Anschlägen mitgewirkt haben, mit

Beschluss vom 10. Januar 2006 als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.

Er hatte u. a. zu entscheiden, ob angesichts der durch Gesetz vom 22.

Dezember 2003 geänderten Fassung des § 129 a Abs. 2 StGB, wonach die

Straftaten bestimmt sein müssen, die „Bevölkerung“ auf erhebliche Weise

einzuschüchtern, für die Annahme strafbaren Verhaltens eine Einschüchterung

der ge-samten Bevölkerung erforderlich ist. Er hat diese Frage, die sich

insbesondere deshalb stellt, weil andere Strafvorschriften zwischen

„Bevölkerung“ und „Teilen der Bevölkerung“ differenzieren, verneint und

ausgeführt, dass es ausreicht, wenn nur ein nennenswerter Teil, wie hier die

ausländische Bevölkerung, betroffen ist.

Über die Rechtsmittel der fünf „Gründungsmitglieder“, die sich an den

Anschlägen nicht beteiligt hatten, und die vom Oberlandesgericht nur als

Gründer einer terroristi-schen Vereinigung verurteilt worden sind, ist noch

nicht entschieden.

Beschluss vom 10. Januar 2006 – 3 StR 263/05

 

Brandenburgisches Oberlandesgericht – Entscheidung vom 7.3.2005 - 1-5600 OJs

1/04 (1/04)

 

Karlsruhe, den 9. März 2006

 

 

§ 129 a Abs. 2 StGB i. d. F. des Gesetzes vom 22. Dezember 2003 lautet:

 

 

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder

deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

 

 

1. einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden,

insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,

 

 

2. Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche

Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des §

308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3

oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317

Abs. 1,

 

 

3. Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,

 

 

4. Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1

bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a

Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1

bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder

 

 

5. Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes zu begehen,

oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine

der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung

auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale

Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu

nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder

sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen

Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die

Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine

interna-tionale Organisation erheblich schädigen kann.

 

 

Bundesgerichtshof

 

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