BGH: Verurteilung eines Landrats wegen Untreue rechtskräftig

02.05.2006

Bundesgerichtshof

Das Landgericht Erfurt hat den Angeklagten, einen derzeit aufgrund des

Urteils vom Dienst suspendierten Landrat, wegen Untreue in sieben Fällen zu

einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten verurteilt, deren

Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Nach den Feststellungen des Landgerichts kandidierte der Angeklagte für die

Landratswahl 2000 im Landkreis Gotha. Für Unterstützung im Wahlkampf

versprach er Dritten, sie selbst oder ihnen nahe stehende Personen nach

einem Wahlsieg im Landratsamt zu beschäftigen. So sollte beispielsweise sein

Wahlkampfmanager für diese Tätigkeit keine Vergütung, sondern einen - noch

nicht konkret bestimmten - Posten als Amtsleiter erhalten. Nach seinem

Amtsantritt am 1. Juli 2000 setzte der Angeklagte die beabsichtigten

Personalveränderungen in die Tat um. Obwohl die Verwaltung ohne

Einschränkungen handlungsfähig war und Mitarbeiter ihm gegenüber Bedenken

hinsichtlich der Neueinstellungen äußerten, verfügte er im Rahmen einer

"Eilentscheidung zur Gewährleistung der Arbeitsfähigkeit und

Handlungsfähigkeit des Landratsamtes Gotha sowie zur Aufrechterhaltung der

Sicherheit und Ordnung im Landkreis Gotha" schriftlich die Einstellung von

insgesamt 16 Personen, wobei er jeweils deren Arbeitsbeginn, die konkrete

Tätigkeit und die Vergütungsgruppe festsetzte. Sieben dieser Fälle hat das

Landgericht als Untreue (§ 266 StGB) gewertet, weil die eingestellten

Personen für die von ihnen besetzten Stellen auf Grund ihrer Ausbildung,

Fachkenntnisse und bisherigen beruflichen Tätigkeit von vornherein nicht

geeignet waren. Der Kreistag verabschiedete im Oktober 2000 einen den

Personalentscheidungen angepassten Stellenplan im Wege des

Nachtragshaushalts. Nach fruchtloser Beanstandung beendete das Thüringer

Landesverwaltungsamt die Arbeitsverhältnisse mit den sieben Personen zum 31.

Dezember 2000. Bis zu diesem Zeitpunkt erhielten sie eine Bruttovergütung

von insgesamt 247.579,50 DM. Die Strafkammer hat diese Vergütung in voller

Höhe als dem Angeklagten zuzurechnenden Schaden für den Landkreis gewertet.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Angeklagten verworfen. Der Senat

hat zur Begründung ausgeführt, dass der Angeklagte seine ihm als Landrat

obliegende Vermögensbetreuungspflicht zum einen dadurch missbraucht habe,

dass die Einstellung der vorgenannten Personen erfolgte, ohne dass hierfür

im Haushaltsplan des Landkreises Stellen vorhanden gewesen seien. Zum

anderen liege ein Missbrauch darin, dass die Eingestellten nicht über die

erforderlichen Qualifikationen für ihr Amt verfügten und zudem das

vorgegebene Auswahlverfahren nicht eingehalten worden ist. Der dem Kreis

Gotha entstandene Schaden bestehe in den gezahlten Vergütungen. Hierbei sei

es nicht von Belang, wie die tatsächlich erbrachten Leistungen der neu

eingestellten Personen zu bewerten seien. Deren Tätigkeit wäre ansonsten von

ohnehin bei der Kreisverwaltung beschäftigten Mitarbeitern erbracht worden,

so dass es sich bei den Gehaltszahlungen an die Eingestellten um

zusätzliche, ansonsten nicht angefallene Aufwendungen gehandelt habe. Der

vom Kreistag beschlossene Nachtragshaushalt stelle schließlich auch keine

Kompensation des bereits eingetretenen Schadens dar.

Das Urteil ist damit rechtskräftig.

Urteil vom 26. April 2006 - 2 StR 515/05

 

Landgericht Erfurt – Entscheidung vom 24. März 2005 - 571 Js 34423/00 - 1

KLs

 

Karlsruhe, den 26. April 2006

 

 

Bundesgerichtshof

 

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