BGH: Verurteilung wegen Schmiergeldzahlungen im Zusammenhang mit dem Bau der Allianz-Arena in München bestätigt
Bundesgerichtshof
Das Landgericht München I hat den Angeklagten Karl-Heinz Wildmoser junior
mit Urteil vom 13. Mai 2006 wegen Untreue in Tateinheit mit Bestechlichkeit
im geschäftlichen Verkehr zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und
sechs Monaten verurteilt. Gegenstand der Verurteilung sind Zahlungen im
Zusammenhang mit der Vergabe des Bauauftrages für das neue Fußballstadion in
München (Allianz-Arena) im Jahr 2001/2002. Bauherren des Stadions waren
die Fußballvereine FC Bayern München und TSV München von 1860.
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte Mitglied des TSV
München von 1860 und Geschäftsführer der TSV München von 1860 GmbH & Co KG
aA. Als Mitglied eines Lenkungsausschusses, des Gutachtergremiums und als
Geschäftsführer der für die Errichtung und den Betrieb des Stadions
gegründeten Allianz Arena München Stadion GmbH war er in maßgeblicher
Position in das Vergabeverfahren einbezogen. Für beide Funktionen erhielt
er jeweils eine Vergütung von jährlich 200.000 netto.
An dem Verfahren beteiligte sich als Bewerber auch die Alpine Bau
Deutschland GmbH (Alpine GmbH), die einen entsprechenden Hinweis von dem
Angeklagten und dem mit ihm geschäftlich verbundenen Mitangeklagten
erhalten hatte; der Mitangeklagte erhoffte sich für den Fall des Zuschlages
an die Alpine GmbH die Zahlung einer Maklerprovision. Nachdem der Kreis der
Bewerber um die Bauvergabe sich auf die Alpine GmbH und einen zweiten Bieter
reduziert hatte, signalisierte die Alpine GmbH dem Mitangeklagten, dass sie
Zahlungen von Insiderinformationen über das Vergabeverfahren abhängig mache.
Daraufhin kam es zu vier Treffen zwischen dem Angeklagten Wildmoser, dem
Mitangeklagten und dem anderweitig verfolgten Chef des in Salzburg
ansässigen Alpine-Konzerns, der die Zahlung von 5,5 Mio. DM für den Fall
versprach, dass der Angeklagte sich erfolgreich für eine Vergabe an die
Alpine GmbH einsetzt, Insiderinformationen liefert und als
Ansprechpartner für die spätere Bauphase zur Verfügung steht. Dieser
Schmiergeldvereinbarung stimmte der Angeklagte Wildmoser zu.
Nachdem die Alpine GmbH den Zuschlag für den Bau des Stadions erhalten
hatte, kam es zur Auszahlung des vereinbarten Schmiergeldes von
2.812.094,82. an den Mitangeklagten, die mittels fingierter Rechnungen und
pro forma geschlossener Scheinvereinbarungen verschleiert wurde. Dieser
leitete die Gelder nahezu vollständig an den Angeklagten Wildmoser weiter.
Der geständige Mitangeklagte wurde wegen Beihilfe zur Untreue in Tateinheit
mit Beihilfe zur Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr zu einer
Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung das
Landgericht zur Bewährung ausgesetzt hat.
Gegen das Urteil des Landgerichts haben sowohl der Angeklagte als auch zu
seinen Ungunsten die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Der
Angeklagte hat sich mit Verfahrensrügen und der Sachrüge gegen seine
Verurteilung gewendet. Mit einer Verfahrensrüge ist die Befangenheit der
Vorsitzenden der Strafkammer im Zusammenhang mit Presseartikeln der
Münchener Abendzeitung gerügt geworden. Die Staatsanwaltschaft, die eine
Freiheitsstrafe von sechs Jahren beantragt hatte, hat mit ihrer auf den
Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revision eine höhere Verurteilung des
Angeklagten wegen eines besonders schweren Falles der Untreue erstrebt.
Der Bundesgerichtshof hat beide Revisionen verworfen und das
landgerichtliche Urteil damit vollumfänglich bestätigt. Die Prüfung der
Befangenheit hat ergeben, dass sich das Verhalten der Vorsitzenden Richterin
im Wesentlichen darin erschöpfte, dass sie gegen einen Artikel in der
Münchener Abendzeitung vorgegangen war, in dem sie als Frau Gnadenlos
bezeichnet wurde. Die Abendzeitung hatte im Zusammenhang mit der
beabsichtigten Veröffentlichung eines Wiedergutmachungsartikels zu der
Vorsitzenden Richterin Kontakt aufgenommen. Auf den Inhalt und die
redaktionelle Gestaltung dieses Artikels, in dessen veröffentlichter Fassung
über den Fortgang des Verfahrens und ein mögliches Geständnis des
Angeklagten spekuliert wurde, hatte die Vorsitzende jedoch keinen Einfluss.
Insbesondere redigierte sie den Presseartikel nicht. Wie der Rechtsanwalt
der Münchener Abendzeitung und die Zeitung selbst in einer veröffentlichten
Stellungnahme betonten, entsprach der Artikel allein der Bewertung der
Redaktion über den bisherigen Prozessverlauf; er sei ohne jedes Zutun der
Vorsitzenden Richterin nach allgemeinjournalistischen Maßstäben verfasst
worden. Der Bundesgerichtshof hat ausgeführt, dass vor diesem Hintergrund
aus der Sicht des Angeklagten Zweifel an der Unparteilichkeit der
Vorsitzenden Richterin etwa dadurch, dass diese auf den Presseartikel
hingewirkt oder sich seinen Inhalt zu eigen gemacht habe - nicht
gerechtfertigt gewesen seien. Ob die persönlich motivierten Bemühungen der
Vorsitzenden um Wiedergutmachung während des laufenden Verfahrens angemessen
gewesen seien, könne offen bleiben.
Das Urteil weise, so der Bundesgerichtshof, auch in sachlichrechtlicher
Hinsicht keinen Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten auf. Das Landgericht
habe die an den Angeklagten geflossenen Beträge zu Recht als Schmiergeld,
und nicht als Provisionszahlungen bewertet. Die Zuwendungen bildeten die
Gegenleistung dafür, dass der Angeklagte sich bereit erklärt habe, einen der
Bewerber im Vergabeverfahren in unlauterer Weise zu bevorzugen. Es handele
sich neben der Untreue um einen geradezu klassischen Fall der
Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr durch Schmiergeldzahlung.
Zur Revision der Staatsanwaltschaft hat der Bundesgerichtshof offen lassen
können, ob das Landgericht zu Unrecht keinen besonders schweren Fall der
Untreue angenommen habe. Denn selbst für diesen Fall sei die vom
Landgericht verhängte Strafe gleichwohl angemessen und könne daher bestehen
bleiben.
Das Urteil des Landgerichts ist damit rechtskräftig.
Urteil vom 9. August 2006 1 StR 50/06
Landgericht München I - Urteil vom 13. Mai 2005 - 4 KLs 571 Js 50602/03
Karlsruhe, den 9. August 2006
§ 299 StGB Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr
(1) Wer als Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes
im geschäftlichen Verkehr einen Vorteil für sich oder einen Dritten als
Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er
einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im
Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu
drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des
Wettbewerbs einem Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen
Betriebes einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung
dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er ihn oder einen anderen bei
dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen in unlauterer Weise
bevorzuge.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Handlungen im ausländischen
Wettbewerb.
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