BGH: Werbung für Handy-Klingeltöne in Jugendzeitschriften
Bundesgerichtshof
Der u. a. für Marken- und Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des
Bundesge-richtshofes hatte auf Klage des Bundesverbandes der
Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände darüber zu entscheiden, ob ein
Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn ein Unternehmen in einer Jugendzeitschrift
für Handy-Klingeltöne wirbt und dabei lediglich darauf hingewiesen wird,
dass das Herunterladen über eine kosten-pflichtige
0190-Service-Telefonnummer 1,86 pro Minute kostet. Der klagende Ver-band
meint, ohne einen Hinweis auf die durchschnittliche Dauer des Herunterladens
und die dadurch entstehenden Kosten werde die Unerfahrenheit der
Jugendlichen in unlauterer Weise ausgenutzt.
Das Landgericht und das Berufungsgericht haben der auf Unterlassung
gerichteten Klage des Verbraucherverbandes stattgegeben. Die hiergegen
eingelegte Revision blieb ohne Erfolg.
Der Bundesgerichtshof hat die Werbung als wettbewerbswidrig angesehen, da
sie geeignet sei, die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern und
Jugendlichen auszu-nutzen (§ 4 Nr. 2 UWG). Handlungen, die gegenüber einer
nicht besonders schutz-würdigen Zielgruppe noch zulässig seien, könnten
gegenüber geschäftlich Unerfah-renen unzulässig sein. Voraussetzung für den
Schutz sei, dass sich die Werbung - zumindest auch gezielt an Kinder oder
Jugendliche richte. Dies sei im vorliegenden Fall anzunehmen, da die
Leserschaft der Zeitschrift, in der die Werbung abgedruckt worden sei, zu
mehr als 50% aus Kindern und Jugendlichen bestehe.
Der Bundesgerichtshof stellte aber klar, dass nicht jede gezielte
Beeinflussung von Minderjährigen durch Werbung unlauter ist. Die konkrete
Handlung müsse vielmehr geeignet sein, die geschäftliche Unerfahrenheit
auszunutzen. Maßgeblich sei inso-weit, ob und inwieweit sich die
Unerfahrenheit auf die Entscheidung über das Ange-bot auswirke.
Minderjährige seien weniger in der Lage, die durch die Werbung ange-priesene
Leistung in Bezug auf Bedarf, Preiswürdigkeit und finanzielle Folgen zu
bewerten. Daher müsse Kindern und Jugendlichen ausreichend deutlich gemacht
werden, welche finanziellen Belastungen auf sie zukämen. Dem werde die
angegrif-fene Werbung nicht gerecht, da nach dieser die Kosten nicht
überschaubar seien. Diese Ungewissheit habe dadurch ein besonderes Gewicht
bekommen, dass der Verbraucher die tatsächliche finanzielle Belastung erst
durch eine spätere Abrech-nung erfahre. Aus diesen Gründen sei eine gezielt
an Minderjährige gerichtete Wer-bung für Handy-Klingeltöne, in der nur der
Minutenpreis angegeben wird, grundsätz-lich wettbewerbswidrig.
Urteil vom 6. April 2006 I ZR 125/03
LG Hamburg - Urteil vom 14. Mai 2002 312 O 845/01 ./.
Hanseatisches OLG Hamburg - Urteil vom 10. April 2003 5 U 97/02
Karlsruhe, den 6. April 2006
§ 4 Nr. 2 UWG lautet wie folgt:
Unlauter im Sinne von § 3 handelt insbesondere, wer Wettbewerbshandlungen
vor-nimmt, die geeignet sind, die geschäftliche Unerfahrenheit insbesondere
von Kindern oder Jugendlichen, die Leichtgläubigkeit, die Angst oder die
Zwangslage von Verbrauchern auszunutzen.
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