BGH: Werbung für Handy-Klingeltöne in Jugendzeitschriften

07.04.2006

Bundesgerichtshof

Der u. a. für Marken- und Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des

Bundesge-richtshofes hatte auf Klage des Bundesverbandes der

Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände darüber zu entscheiden, ob ein

Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn ein Unternehmen in einer Jugendzeitschrift

für Handy-Klingeltöne wirbt und dabei lediglich darauf hingewiesen wird,

dass das Herunterladen über eine kosten-pflichtige

0190-Service-Telefonnummer 1,86 € pro Minute kostet. Der klagende Ver-band

meint, ohne einen Hinweis auf die durchschnittliche Dauer des Herunterladens

und die dadurch entstehenden Kosten werde die Unerfahrenheit der

Jugendlichen in unlauterer Weise ausgenutzt.

Das Landgericht und das Berufungsgericht haben der auf Unterlassung

gerichteten Klage des Verbraucherverbandes stattgegeben. Die hiergegen

eingelegte Revision blieb ohne Erfolg.

Der Bundesgerichtshof hat die Werbung als wettbewerbswidrig angesehen, da

sie geeignet sei, die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern und

Jugendlichen auszu-nutzen (§ 4 Nr. 2 UWG). Handlungen, die gegenüber einer

nicht besonders schutz-würdigen Zielgruppe noch zulässig seien, könnten

gegenüber geschäftlich Unerfah-renen unzulässig sein. Voraussetzung für den

Schutz sei, dass sich die Werbung - zumindest auch – gezielt an Kinder oder

Jugendliche richte. Dies sei im vorliegenden Fall anzunehmen, da die

Leserschaft der Zeitschrift, in der die Werbung abgedruckt worden sei, zu

mehr als 50% aus Kindern und Jugendlichen bestehe.

Der Bundesgerichtshof stellte aber klar, dass nicht jede gezielte

Beeinflussung von Minderjährigen durch Werbung unlauter ist. Die konkrete

Handlung müsse vielmehr geeignet sein, die geschäftliche Unerfahrenheit

auszunutzen. Maßgeblich sei inso-weit, ob und inwieweit sich die

Unerfahrenheit auf die Entscheidung über das Ange-bot auswirke.

Minderjährige seien weniger in der Lage, die durch die Werbung ange-priesene

Leistung in Bezug auf Bedarf, Preiswürdigkeit und finanzielle Folgen zu

bewerten. Daher müsse Kindern und Jugendlichen ausreichend deutlich gemacht

werden, welche finanziellen Belastungen auf sie zukämen. Dem werde die

angegrif-fene Werbung nicht gerecht, da nach dieser die Kosten nicht

überschaubar seien. Diese Ungewissheit habe dadurch ein besonderes Gewicht

bekommen, dass der Verbraucher die tatsächliche finanzielle Belastung erst

durch eine spätere Abrech-nung erfahre. Aus diesen Gründen sei eine gezielt

an Minderjährige gerichtete Wer-bung für Handy-Klingeltöne, in der nur der

Minutenpreis angegeben wird, grundsätz-lich wettbewerbswidrig.

Urteil vom 6. April 2006 – I ZR 125/03

 

LG Hamburg - Urteil vom 14. Mai 2002 – 312 O 845/01 ./.

Hanseatisches OLG Hamburg - Urteil vom 10. April 2003 – 5 U 97/02

 

Karlsruhe, den 6. April 2006

 

 

§ 4 Nr. 2 UWG lautet wie folgt:

 

 

„Unlauter im Sinne von § 3 handelt insbesondere, wer Wettbewerbshandlungen

vor-nimmt, die geeignet sind, die geschäftliche Unerfahrenheit insbesondere

von Kindern oder Jugendlichen, die Leichtgläubigkeit, die Angst oder die

Zwangslage von Verbrauchern auszunutzen.“

 

 

Bundesgerichtshof

 

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