BGH: Zahnverlust bei Restaurantbesuch

10.04.2006

Bundesgerichtshof

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des

Bundesgerichts-hofs hatte über die Frage zu entscheiden, ob zugunsten eines

Gastes, der beim Ver-zehr einer Speise in einem Restaurant einen Zahn

verliert, Beweiserleichterungen dafür eingreifen, dass das Abbrechen des

Zahns auf einen in der Speise verborge-nen harten Gegenstand zurückzuführen

ist.

Der Kläger verzehrte am 22. Dezember 2003 in dem von der Beklagten

betriebenen Restaurant einen Grillteller, der aus verschiedenen

Fleischstücken sowie Hack-fleischröllchen (Cevapcici) bestand. Dabei brach

ein Zahn des Klägers ab. Der Klä-ger führt dies darauf zurück, dass sich in

einem der Hackfleischröllchen ein harter Fremdkörper – etwa ein kleiner

Stein – befunden habe, wofür er die Beklagte ver-antwortlich macht. Die

Beklagte hat dies bestritten und darauf verwiesen, dass der Zahn auch beim

Biss auf ein Knochen- oder Knorpelteilchen eines der Fleischstücke

abgebrochen sein könne.

Mit seiner Klage hat der Kläger Ersatz des Eigenanteils an den Kosten der

zahnärzt-lichen Behandlung, Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes und

die Fest-stellung der Ersatzpflicht der Beklagten für alle zukünftig aus dem

Schadensereignis vom 22. Dezember 2003 entstehenden Schäden verlangt. Das

Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht die hiergegen

gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die vom Berufungsgericht

zugelassene Revision des Klägers hatte keinen Erfolg.

Eine Haftung der Beklagten setzt nach allen dafür in Betracht kommenden

Rechts-grundlagen den vom Kläger zu erbringenden Nachweis voraus, dass sich,

was die Beklagte bestritten hat, in dem Hackfleischröllchen, dessen Verzehr

nach der Dar-stellung des Klägers den Verlust eines Zahns zur Folge hatte,

ein harter Gegenstand befand, der beim Zubeißen zum Abbrechen des Zahns

führte. Diesen Nachweis hat der Kläger nicht erbringen können. Nach seiner

Darstellung war der Fremdkörper vermutlich ein kleiner Stein nach dem

Abbrechen des Zahns nicht mehr auffind-bar, weil er ihn verschluckt hatte.

Der Kläger meint jedoch, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts komme

ihm der Beweis des ersten Anscheins zugute. Dem ist der Bundesgerichtshof

nicht gefolgt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind die Grundsätze

über den Beweis des ersten Anscheins nur bei typischen Geschehensabläufen

anwend-bar, das heißt in Fällen, in denen ein bestimmter Sachverhalt

feststeht, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte

Ursache oder auf einen bestimm-ten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt

eines bestimmten Erfolges hinweist. Dabei bedeutet Typizität nicht, dass die

Ursächlichkeit einer bestimmten Tatsache für einen bestimmten Erfolg bei

allen Sachverhalten dieser Fallgruppe notwendig immer vor-handen ist; sie

muss aber so häufig gegeben sein, dass die Wahrscheinlichkeit, ei-nen

solchen Fall vor sich zu haben, sehr groß ist.

An einem in diesem Sinne typischen Geschehensablauf fehlte es hier. Das

Abbre-chen eines Zahns beim Verzehr eines aus verschiedenen Fleischstücken

und Hack-fleischröllchen bestehenden Gerichts ist nicht nach der

Lebenserfahrung typischer-weise auf das Vorhandensein eines in der

Hackfleischmasse verborgenen festen (Fremd-) Körpers zurückzuführen.

Vielmehr kommen dafür auch andere, nicht fern-liegende Ursachen wie etwa

eine Vorschädigung des abgebrochenen Zahns oder die versehentliche

Mitaufnahme von Knochen- oder Knorpelresten, die nach dem Ver-zehr anderer

Fleischstücke im Laufe der Mahlzeit auf dem Teller zurückgeblieben sind, in

Betracht.

Urteil vom 5. April 2006 – VIII ZR 283/05

 

AG Spandau – Entscheidung vom 9.12.2004 - 9 C 412/04 ./. LG Berlin -

 

Entscheidung vom 20.6.2005 - 52 S 2/05

 

Karlsruhe, den 5. April 2006

 

 

Bundesgerichtshof

 

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