BMJ: Deutsch-Chinesischer Rechtsstaatsdialog - Neues Drei-Jahres-Programm unterzeichnet

17.11.2010

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und ihr chinesischer Amtskollege, der Leiter des Rechtsamtes des Staatsrates der Volksrepublik China, Song Dahan, haben sich während des 10. Symposiums des Deutsch-Chinesischen Rechtsstaatsdialogs in Berlin auf ein ambitioniertes weiteres Drei-Jahres-Programm verständigt.

Dazu erklärt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:

Der Rechtsstaatsdialog mit ausgewiesenen Experten auf beiden Seiten hat der deutschen Seite auch in diesem Jahr wieder viele neue Einsichten über die rasante Rechtsentwicklung in einem Land voller Widersprüche vermittelt. Die Diskussionen erwiesen sich für alle Beteiligten als fruchtbar, da sachlich und auf einem hohen juristischen Niveau offen über Gemeinsamkeiten und unterschiedliche Ansatzpunkte unter anderem im Bereich der Organisation der Anwaltschaft gesprochen werden konnte.

Angesichts der Bedeutung von Investitionen deutscher Unternehmen in China ist das diesjährige Schwerpunktthema „Recht der unlauteren Handlungen im Wettbewerb“ von großer praktischer Relevanz. Bei aller Bedeutung eines effektiven Vorgehens gegen unlauteren Wettbewerb müssen im Rechtsstaat die Gesetze dem Leitbild des mündigen Bürgers und Verbrauchers gerecht werden. Er braucht Schutz, aber keine Bevormundung – das gilt gerade für die Kommunikation im Internet. Der Respekt des Staates vor den Grundrechten des Einzelnen, die Bindung des staatlichen Handelns an Gesetze und der Schutz dieser Gesetze durch unabhängige Gerichte – diese Bausteine des Rechtsstaats sind wichtige Garanten der persönlichen Freiheit und Voraussetzungen für dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg. Unterschiedlich ist die juristische Durchsetzung der Standards für die Lauterkeit: Deutschland setzt auf ein effektives, kostengünstiges und zivilrechtliches System, die Volksrepublik China vorwiegend auf Verwaltungsbehörden.

Darüber hinaus führten wir eine sehr intensive Diskussion über das neue Anwaltsrecht in China. Es ging um die Zulassung zur Anwaltschaft, die Lizenzierungspraxis in China und die wiederholt stattfindenden Überprüfungen, um die Rolle des Strafverteidigers und die Staatsferne der Anwälte. Staatlich finanzierte Anwälte, wie es sie in China zur Versorgung des ländlichen Raums gibt, sind angesichts der Stellung des Anwalts in Deutschland nicht vorstellbar. Das Anwaltsrecht von 2008 gewährt Anwälten in China deutlich mehr Rechte. Es gibt dort derzeit 170.000 Anwälte. Diskutiert wurde das Verhältnis des Anwaltsrechts zu restriktiven Regelungen des Strafrechts und der Strafprozessordnung. So stehen die Herbeiführung von Falschaussagen sowie Veränderungen vorheriger Aussagen unter Strafe. Damit sind chinesische Anwälte der Gefahr eigener strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt. Das neue Drei-Jahres-Programm für den Rechtsstaatsdialog, das mein chinesischer Kollege Song Dahan und ich heute unterzeichnet haben, umfasst 26 Themen aus fast allen Bereichen des Rechts, die wir bis 2012 bearbeiten wollen. Neu in das Programm aufgenommen wurden wichtige zivilrechtliche Themen wie Bürgerbeteiligung und öffentliche Anhörung bei der Gesetzgebung, aber auch das Recht der elektronischen Medien, ein intensiver Richteraustausch und die Zusammenarbeit zur Ausbildung der Rechtsanwälte. Wichtige Bestandteile sind die gerichtlichen Verfahren und damit auch das Strafprozessrecht und die strafrechtlichen Ermittlungsverfahren.

Unser gemeinsames Ziel sollte die weltweite Durchsetzung des Rechtsstaats und der Menschenrechte sein. Erreicht ist es noch lange nicht – aber nur, wer sich auf den Weg macht, kann an sein Ziel gelangen.

Zum Hintergrund:

Das zum zehnten Mal durchgeführte Symposium bildet einen Schwerpunkt des Rechtsstaatsdialogs zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China. Die dreitägige Veranstaltung mit rund 80 hochrangigen Rechtsexperten beider Länder beschäftigte sich in diesem Jahr neben dem Hauptthema „Recht des unlauteren Wettbewerbs“ auch mit den Entwicklungen im chinesischen Anwaltsrecht in China. Der Dialog geht zurück auf eine im Jahr 1999 vereinbarte Initiative der damaligen Regierungschefs beider Länder und findet jährlich abwechselnd in Deutschland und China statt. Die zuständigen Minister beider Länder verabreden in sogenannten „Jahresprogrammen“ jeweils gezielt Projekte der bilateralen rechtlichen Zusammenarbeit.

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