Bundesfinanzhof: Besteuerung privater Wertpapierveräußerungsgeschäfte im Jahr 1999 verfassungsgemäß

12.01.2006

Bundesfinanzhof

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29.

November 2005 IX R 49/04 entschieden, dass die Besteuerung privater

Wertpapierveräußerungsgeschäfte im Jahr 1999 verfassungsgemäß war.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Besteuerung von privaten

Spekulationseinkünften bei Wertpapieren für die Jahre 1997 und 1998 wegen

eines strukturellen Vollzugsdefizits als verfassungswidrig beurteilt und die

Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) EStG 1997 insoweit für

nichtig erklärt hatte, musste der BFH die Verfassungsmäßigkeit der Norm in

der nun gültigen Fassung ab dem Jahr 1999 prüfen.

Im Streitfall erzielte ein Steuerpflichtiger im Jahr 1999 Einkünfte aus

privaten Veräußerungsgeschäften. Er machte geltend, dass ebenso wie in den

Vorjahren ein Vollzugsdefizit bestanden habe.

Der BFH verneinte jedoch ein normatives, gleichheitswidriges Erhebungsdefizit

jedenfalls nach Einführung des sog. Kontenabrufverfahrens. Nach seiner

Auffassung führt der Kontenabruf nach § 93 Abs. 7 i.V.m. § 93b Abs. 1 AO 1977

zu einer Effektuierung bestehender Ermittlungsmöglichkeiten und zu einer

umfassenden Verifizierung der vom Steuerpflichtigen zu erklärenden Einkünfte

aus der Veräußerung von Wertpapieren. Zwar gilt das Verfahren erst ab dem 1.

April 2005; es betrifft aber auch Sachverhalte der Vergangenheit, weil z.B.

eine Bank nach § 24c KWG die Nummer eines Depots aufnehmen muss, das bereits

im Jahr 1999 oder vorher errichtet worden ist. Da überdies die

Festsetzungsfrist bei hinterzogenen Steuern zehn Jahre beträgt - und die

Steuer auf nicht erklärte Veräußerungsgeschäfte ist regelmäßig hinterzogen -

können die Finanzbehörden für den Veranlagungszeitraum 1999 noch ermitteln.

So verhält es sich, wenn das FA z.B. bei der Veranlagung der Einkommensteuer

für das Jahr 2004 erfährt, dass der Steuerpflichtige (auch) im Jahr 1999 ein

Depot unterhalten aber keine Erträge erklärt hatte.

Das Kontenabrufverfahren ist nicht nur zur Verifikation geeignet; es ist

wegen der Regelung über das sog. Bankgeheimnis (§ 30a AO 1977) auch

verfassungsrechtlich notwendig, um das Erklärungsverhalten der

Steuerpflichtigen zu überprüfen. Die Finanzverwaltung muss nach einer ihr

zuzubilligenden Anlaufphase die Voraussetzungen für ein rasches Funktionieren

des Verfahrens schaffen. Der BFH hat ausdrücklich offen gelassen, ob und ab

wann - trotz der nun gegebenen rechtlichen Strukturen - von einem

Vollzugsdefizit auszugehen ist, wenn der Kontenabruf aus

wirtschaftspolitischen oder anderen politischen Gründen nicht vollzogen

werden sollte.

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