Bundesgerichtshof bejaht Anspruch eines antragsgemäß gesperrten Spielers gegen die Spielbank auf Erstattung verspielter Geldbeträge
Bundesgerichtshof
Die Klägerin, die mit einem "spielsüchtigen" Mann verheiratet ist, und die
beklagte Betreiberin öffentlich-rechtlich konzessionierter Spielcasinos in
Nordrhein-Westfalen streiten über die rechtliche Tragweite von
"Selbstsperren", die die Beklagte auf Wunsch der Spieler gegen diese
ausgesprochen hat.
In den Casinos der Beklagten befinden sich neben dem abgesperrten und
Perso-nenkontrollen unterliegenden Bereich des "Großen Spiels" auch
Automatenspielsäle, die ohne Personenkontrolle betreten werden können. An
den Eingängen zu diesen Sälen sind Hinweisschilder angebracht, wonach
minderjährigen, gesperrten oder nicht zum Spiel zugelassenen Personen der
Zutritt zum Spielsaal/Automatensaal nicht gestattet ist und im Falle eines
Spielverlustes für diese Personen kein An-spruch auf Rückerstattung der
Spieleinsätze, im Falle eines Gewinns weder ein An-spruch auf Rückerstattung
der Spieleinsätze noch auf Auszahlung der Gewinne be-steht. In dem Bereich,
der keiner Personenkontrolle unterliegt, befinden sich Tele-cash-Geräte, mit
deren Hilfe Besucher Geld von ihren Konten abheben können. Die Bedienung der
Telecash-Geräte erfolgt in der Weise, dass den Mitarbeitern der Be-klagten
eine Scheckkarte übergeben wird, die sodann nach Eingabe der
entspre-chenden PIN-Nummer durch den Spieler - den gewünschten Betrag an den
Spieler auszahlen.
Der Ehemann der Klägerin hob an einem Tag im Dezember 1997 mittels der
Tele-cash-Geräte 20 mal je 500 DM von seinem Konto ab, die er vollständig an
den in den Automatenspielsälen befindlichen Geräten verspielte. Die Klägerin
verlangt aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns die Rückzahlung der
verspielten Beträge.
Die Beklagte hat sich darauf berufen, dass sich die "Selbstsperre" ihrem
Inhalt nach (der vom Ehemann der Klägerin im Januar 1997 unterschriebene
Antrag enthielt den Hinweis: "Mir ist weiterhin bekannt, dass diese
Selbstsperre nur für das 'Große Spiel' vorgemerkt wird und für das
Automatenspiel nicht berücksichtigt werden kann, weil meine persönlichen
Daten im Automatenspiel nicht registriert werden und damit kei-ne
Überwachungsmöglichkeit besteht") nicht auf das Spiel an Automaten erstreckt
habe. Des weiteren hat sie geltend gemacht, dass nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (Urteil vom 31. Oktober 1995 XI ZR 6/95 - BGHZ 131,
136) die Nichtbeachtung einer "Selbstsperre" durch den Betreiber eines
Spielcasinos diesen nicht zum Ersatz der Spielverluste des gesperrten
Spielers verpflichte.
Die Vorinstanzen haben die beklagte Spielbank antragsgemäß zur Rückzahlung
ver-urteilt. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten
hatte keinen Erfolg. Der III. Zivilsenat hat in Abkehr von der Entscheidung
des XI. Zivilsenats (BGHZ 131, 136) einen Anspruch gegen die Spielbank
bejaht. Anders als bei einer einseitigen Sperre geht es bei einer solchen
auf Antrag des Spielers nicht nur um die Geltendmachung des Hausrechts der
Spielbank, die lediglich als Reflex zugunsten des Kunden wirken mag, sondern
darum, dass die Spielbank dem von ihr als berechtigt erkannten
Individualinteresse des Spielers entsprechen will. Die Spielbank geht daher
mit der Annahme des Antrags eine vertragliche Bindung gegenüber dem
Antragsteller ein, die auch und gerade dessen Vermögensinteresse schützt,
ihn vor den aufgrund seiner Spielsucht zu befürchtenden wirtschaftlichen
Schäden zu bewahren.
Ihrem Inhalt nach war die von der Beklagten übernommene vertragliche
Verpflich-tung darauf gerichtet, in ihren Betrieben das Zustandekommen von
Spielverträgen mit dem gesperrten Spieler zu verhindern. Diese Verpflichtung
bestand allerdings nur im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren, insoweit aber
auch für den hier in Rede stehenden Bereich des Automatenspiels. Der in dem
Antrag enthaltene Hinweis auf mangelnde Überwachungsmöglichkeiten beim
Automatenspiel besagte nicht etwa, dass der gesperrte Spieler
uneingeschränkt zum Automatenspiel zugelassen werde. Deshalb stand die
Einschränkung einer Überwachungspflicht dort nicht entgegen, wo eine solche
Überwachung ohne weiteres möglich und zumutbar war. In rechtsfehler-freier
tatrichterlicher Würdigung hat das Berufungsgericht festgestellt, dass
zumin-dest bei den hier in Rede stehenden Telecash-Abhebungen für die
zuständigen Mit-arbeiter der Beklagten hinreichender Anlass bestanden hätte,
eine Kontrolle durch-zuführen, ob der Ehemann der Klägerin zu den gesperrten
Spielern zählte. Auch die technischen Möglichkeiten hierfür hatten, wie das
Berufungsgericht weiter feststellt, bestanden.
Der Beklagten fiel somit eine positive Vertragsverletzung zur Last, die sie
zur Rück-zahlung der verlorenen Spieleinsätze verpflichtete.
Urteil vom 15. Dezember 2005 - III ZR 65/05
AG Münster Urteil vom 11. Februar 2004 - 55 C 3513/03
LG Münster Urteil vom 24. Februar 2005 - 8 S 81/04
Karlsruhe, den 15. Dezember 2005
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