Bundesgerichtshof entscheidet über Abwesenheitsklausel in Heimvertrag

28.10.2005

Bundesgerichtshof

Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände

streitet mit dem Beklagten, der ein Seniorenzentrum mit Altenwohnheim-,

Altenheim- und Altenpflegeheimplätzen betreibt, über die Verwendung einer

Klausel im Heim-vertrag, nach der bei Abwesenheit des Bewohners von mehr als

drei Tagen das Heim vom ersten Tag an 40 % des Heimkostensatzes erstattet.

Nach Auffassung des Klägers ist die Klausel insoweit unwirksam, als bei

einer Abwesenheit bis zu drei Tagen das volle Entgelt weiterzuzahlen ist.

Die Vorinstanzen haben demgegenüber die Klausel für wirksam angesehen und

die Klage insoweit abgewiesen. Dabei hat das Berufungsgericht, das die

Revision zugelassen hat, die Auffassung vertreten, im Hinblick auf die seit

dem 1. Januar 2002 geltende Neuregelung in § 5 Abs. 8 HeimG seien die

Überlegungen im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 5. Juli 2001 (III ZR

310/00 = BGHZ 148, 233) zu einer vergleichbaren Vertragsklausel nicht ohne

weite-res zu übernehmen.

Der III. Zivilsenat hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Nach § 5

Abs. 8 HeimG ist im Heimvertrag für Zeiten der Abwesenheit eine Regelung

vorzusehen, ob und in welchem Umfang eine Erstattung ersparter Aufwendungen

erfolgt. Eine ent-sprechende Regelung enthielten die vorher geltenden

Bestimmungen des Heimge-setzes über den Heimvertrag nicht. Der III.

Zivilsenat hat deshalb zur früheren Rechtslage auf die Bestimmungen in § 552

Satz 2 BGB a.F. (jetzt § 537 Abs. 1 Satz 2 BGB) und in § 615 Satz 2 BGB

zurückgegriffen, die von einer Pflicht des Vermie-ters oder des

Dienstverpflichteten zur Erstattung ersparter Aufwendungen ausgehen, wenn

der Mieter die Mietsache nicht nutzt oder der Dienstberechtigte die ihm

ange-botenen Leistungen des Dienstverpflichteten nicht entgegennimmt. In der

Verdrän-gung dieser dispositiven Bestimmungen hat der III. Zivilsenat

seinerzeit eine unan-gemessene Benachteiligung solcher Heimbewohner gesehen,

die als Selbstzahler in nennenswertem Umfang von der Möglichkeit einer

Beurlaubung über das Wochen-ende Gebrauch machen, und eine entsprechende

Vertragsklausel wegen ihrer undif-ferenzierten Ausgestaltung für unwirksam

gehalten. Für die seit dem 1. Januar 2002 geltende Rechtslage ist

demgegenüber zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber dem Heimträger einen

breiten vertraglichen Gestaltungsspielraum in dieser Frage einräumen wollte,

auch unter Einschluss einer Lösung, wonach von der Erstattung ersparter

Aufwendungen überhaupt abgesehen wird. Dabei ist ihm auch bewusst gewesen,

dass er eine Regelung trifft, die von Heimträgern in vorformulierten

Ver-tragsbedingungen umgesetzt wird. Mit Rücksicht darauf, dass bereits zur

früheren Rechtslage vergleichbare Klauseln weit verbreitet waren und

überwiegend als unbe-denklich angesehen wurden, hält der III. Zivilsenat die

verwendete Klausel nach neuem Recht für wirksam. Er hat jedoch darauf

aufmerksam gemacht, dass in Ver-trägen mit Leistungsempfängern der

Pflegeversicherung und mit Sozialhilfeempfän-gern eine in den Heimvertrag

aufgenommene Regelung über die Erstattung erspar-ter Aufwendungen den in der

Pflegeversicherung und in der Sozialhilfe getroffenen normativen

Vereinbarungen entsprechen muss.

Urteil vom 27. Oktober 2005 - III ZR 59/05

 

LG Mainz – Entscheidung vom 11.5.2004 - 4 O 300/03 ./.

 

OLG Koblenz – Entscheidung vom 17.2.2005 - 2 U 736/04

 

Karlsruhe, den 27. Oktober 2005

Bundesgerichtshof

 

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