Bundesgerichtshof entscheidet über Abwesenheitsklausel in Heimvertrag
Bundesgerichtshof
Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände
streitet mit dem Beklagten, der ein Seniorenzentrum mit Altenwohnheim-,
Altenheim- und Altenpflegeheimplätzen betreibt, über die Verwendung einer
Klausel im Heim-vertrag, nach der bei Abwesenheit des Bewohners von mehr als
drei Tagen das Heim vom ersten Tag an 40 % des Heimkostensatzes erstattet.
Nach Auffassung des Klägers ist die Klausel insoweit unwirksam, als bei
einer Abwesenheit bis zu drei Tagen das volle Entgelt weiterzuzahlen ist.
Die Vorinstanzen haben demgegenüber die Klausel für wirksam angesehen und
die Klage insoweit abgewiesen. Dabei hat das Berufungsgericht, das die
Revision zugelassen hat, die Auffassung vertreten, im Hinblick auf die seit
dem 1. Januar 2002 geltende Neuregelung in § 5 Abs. 8 HeimG seien die
Überlegungen im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 5. Juli 2001 (III ZR
310/00 = BGHZ 148, 233) zu einer vergleichbaren Vertragsklausel nicht ohne
weite-res zu übernehmen.
Der III. Zivilsenat hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Nach § 5
Abs. 8 HeimG ist im Heimvertrag für Zeiten der Abwesenheit eine Regelung
vorzusehen, ob und in welchem Umfang eine Erstattung ersparter Aufwendungen
erfolgt. Eine ent-sprechende Regelung enthielten die vorher geltenden
Bestimmungen des Heimge-setzes über den Heimvertrag nicht. Der III.
Zivilsenat hat deshalb zur früheren Rechtslage auf die Bestimmungen in § 552
Satz 2 BGB a.F. (jetzt § 537 Abs. 1 Satz 2 BGB) und in § 615 Satz 2 BGB
zurückgegriffen, die von einer Pflicht des Vermie-ters oder des
Dienstverpflichteten zur Erstattung ersparter Aufwendungen ausgehen, wenn
der Mieter die Mietsache nicht nutzt oder der Dienstberechtigte die ihm
ange-botenen Leistungen des Dienstverpflichteten nicht entgegennimmt. In der
Verdrän-gung dieser dispositiven Bestimmungen hat der III. Zivilsenat
seinerzeit eine unan-gemessene Benachteiligung solcher Heimbewohner gesehen,
die als Selbstzahler in nennenswertem Umfang von der Möglichkeit einer
Beurlaubung über das Wochen-ende Gebrauch machen, und eine entsprechende
Vertragsklausel wegen ihrer undif-ferenzierten Ausgestaltung für unwirksam
gehalten. Für die seit dem 1. Januar 2002 geltende Rechtslage ist
demgegenüber zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber dem Heimträger einen
breiten vertraglichen Gestaltungsspielraum in dieser Frage einräumen wollte,
auch unter Einschluss einer Lösung, wonach von der Erstattung ersparter
Aufwendungen überhaupt abgesehen wird. Dabei ist ihm auch bewusst gewesen,
dass er eine Regelung trifft, die von Heimträgern in vorformulierten
Ver-tragsbedingungen umgesetzt wird. Mit Rücksicht darauf, dass bereits zur
früheren Rechtslage vergleichbare Klauseln weit verbreitet waren und
überwiegend als unbe-denklich angesehen wurden, hält der III. Zivilsenat die
verwendete Klausel nach neuem Recht für wirksam. Er hat jedoch darauf
aufmerksam gemacht, dass in Ver-trägen mit Leistungsempfängern der
Pflegeversicherung und mit Sozialhilfeempfän-gern eine in den Heimvertrag
aufgenommene Regelung über die Erstattung erspar-ter Aufwendungen den in der
Pflegeversicherung und in der Sozialhilfe getroffenen normativen
Vereinbarungen entsprechen muss.
Urteil vom 27. Oktober 2005 - III ZR 59/05
LG Mainz Entscheidung vom 11.5.2004 - 4 O 300/03 ./.
OLG Koblenz Entscheidung vom 17.2.2005 - 2 U 736/04
Karlsruhe, den 27. Oktober 2005
Bundesgerichtshof
-Pressestelle-
pressestelle@bgh.bund.de
Angela Haasters
Herrenstraße 45a
76133 Karlsruhe
Tel.Nr. 0721-159-5013
Fax.Nr. 0721-159-5501