Günstige Probeabonnements für Zeitschriften zulässig – Bundesgerichtshof schränkt die Bedeutung der Wettbewerbsregeln der Zeitungs- und Zeitschriftenverleger ein –

09.02.2006

Bundesgerichtshof

Verlagsunternehmen dürfen für ein Zeitschriftenabonnement mit kurzer

Laufzeit auch mit erheblichen Preisvorteilen und kostenlosen Sachgeschenken

werben. Der Zeitschriftenhandel muss dies hinnehmen, obwohl er in seinen

Preisen gebunden ist. Dies hat der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs

gestern entschieden.

Gegenstand des Rechtsstreits war eine Werbeaktion, mit der der Verlag Gruner

+ Jahr unter der Überschrift „13 x stern testen, über 40% sparen“ um neue

Abonnenten geworben hatte. Ein Probeabonnement für dreizehn Hefte sollte 19

€ kosten (ca. 1,46 € pro Heft). Außerdem wurde jeweils eine attraktive

Zugabe (z.B. eine Designer-Isolierkanne oder eine Armbanduhr) in Aussicht

gestellt. Die Zeitschrift „stern“ wird im Einzelverkauf zu einem gebundenen

Preis von 2,50 €, im Abonnement zum Preis von 2,30 € pro Heft verkauft.

Die Kläger – ein Zeitschriftenhändler und sein Verband – verlangten mit

ihrer Klage die Unterlassung der Werbeaktionen. Sie beanstandeten, dass der

dem Handel von den Verlagen vorgegebene Einzelverkaufspreis mit dem

Testabonnement um mehr als 40% unterschritten und das Angebot noch durch die

Zugabe zusätzlich aufgewertet werde. Sie stützten ihr Begehren auf – vom

Bundeskartellamt anerkannte – Wett-bewerbsregeln, die der Verband Deutscher

Zeitschriftenverleger (VDZ) für den Ver-trieb von abonnierbaren

Publikumszeitschriften aufgestellt hatte. Danach sind Pro-beabonnements

zulässig, wenn sie zeitlich auf maximal drei Monate begrenzt sind und nicht

mehr als 35% unter dem kumulierten Einzelheftpreis liegen; Werbegeschenke

müssen danach „in einem angemessenen Verhältnis zum Erprobungsaufwand“

stehen. Das Landgericht Hamburg hatte der Klage stattgegeben. Das

Oberlandesgericht Hamburg hatte die Berufung zurückgewiesen, die Revision

jedoch zugelassen.

Der Bundesgerichtshof hat diese Entscheidung aufgehoben und die Klage

abgewie-sen. Er ist davon ausgegangen, dass es den Zeitschriftenverlegern

trotz der Bindung der Einzelverkaufspreise nicht verwehrt sei, die

Vertriebsschiene des Abonnements gegenüber der Vertriebsschiene des

Einzelverkaufs zu fördern, zumal nicht dargetan sei, dass Probeabonnements

der in Rede stehenden Art zu einem deutlichen Rück-gang des Einzelverkaufs

führten. Der Abonnementvertrieb sei für die Zeitschriften-verleger aus

kaufmännischer Sicht eindeutig vorzugswürdig. Daher liege die beson-dere

Förderung dieser Vertriebsschiene nahe. Sie könne dem Verleger weder

auf-grund einer Rücksichtnahmepflicht im Rahmen der

Preisbindungsvereinbarung noch aus kartell- oder lauterkeitsrechtlichen

Gründen untersagt werden. Die Wettbewerbs-regeln des

Zeitschriftenverlegerverbandes könnten nur als Empfehlung wirken; aus ihnen

seien jedoch weder vertragliche noch gesetzliche Pflichten abzuleiten. Die

An-erkennung der Wettbewerbsregeln durch das Bundeskartellamt verleihe ihnen

keine amtliche Qualität, sondern schließe nur ein kartellrechtliches

Verfahren gegen den Verband aus.

Urteil vom 7. Februar 2006 – KZR 33/04

 

LG Hamburg - Urteil vom 28. Oktober 2003 – 312 O 425/03 ./.

 

OLG Hamburg - Urteil vom 9. Juli 2004 – 5 U 181/03 (AfP 2005, 180)

In den beiden Parallelsachen

KZR 39/03

 

LG Hamburg - 312 O 699/02 – Entscheidung vom 11.03.2003./. OLG Hamburg -. 5

U 53/03 – Entscheidung vom 03.12.2003

 

 

und

 

 

KZR 27/05

 

LG Hamburg - 416 O 141/03 – Entscheidung vom 23.01.2004 ./. OLG Hamburg - 5

U 39/04 - Entscheidung vom 10.02.2005;

 

 

in denen entsprechende Sachverhalte zur Entscheidung standen, sind die

Entschei-dungen des Berufungsgerichts ebenfalls aufgehoben und die Klagen

abgewiesen worden.

 

 

Karlsruhe, den 8. Februar 2006

 

 

Bundesgerichtshof

 

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