Günstige Probeabonnements für Zeitschriften zulässig Bundesgerichtshof schränkt die Bedeutung der Wettbewerbsregeln der Zeitungs- und Zeitschriftenverleger ein
Bundesgerichtshof
Verlagsunternehmen dürfen für ein Zeitschriftenabonnement mit kurzer
Laufzeit auch mit erheblichen Preisvorteilen und kostenlosen Sachgeschenken
werben. Der Zeitschriftenhandel muss dies hinnehmen, obwohl er in seinen
Preisen gebunden ist. Dies hat der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs
gestern entschieden.
Gegenstand des Rechtsstreits war eine Werbeaktion, mit der der Verlag Gruner
+ Jahr unter der Überschrift 13 x stern testen, über 40% sparen um neue
Abonnenten geworben hatte. Ein Probeabonnement für dreizehn Hefte sollte 19
kosten (ca. 1,46 pro Heft). Außerdem wurde jeweils eine attraktive
Zugabe (z.B. eine Designer-Isolierkanne oder eine Armbanduhr) in Aussicht
gestellt. Die Zeitschrift stern wird im Einzelverkauf zu einem gebundenen
Preis von 2,50 , im Abonnement zum Preis von 2,30 pro Heft verkauft.
Die Kläger ein Zeitschriftenhändler und sein Verband verlangten mit
ihrer Klage die Unterlassung der Werbeaktionen. Sie beanstandeten, dass der
dem Handel von den Verlagen vorgegebene Einzelverkaufspreis mit dem
Testabonnement um mehr als 40% unterschritten und das Angebot noch durch die
Zugabe zusätzlich aufgewertet werde. Sie stützten ihr Begehren auf vom
Bundeskartellamt anerkannte Wett-bewerbsregeln, die der Verband Deutscher
Zeitschriftenverleger (VDZ) für den Ver-trieb von abonnierbaren
Publikumszeitschriften aufgestellt hatte. Danach sind Pro-beabonnements
zulässig, wenn sie zeitlich auf maximal drei Monate begrenzt sind und nicht
mehr als 35% unter dem kumulierten Einzelheftpreis liegen; Werbegeschenke
müssen danach in einem angemessenen Verhältnis zum Erprobungsaufwand
stehen. Das Landgericht Hamburg hatte der Klage stattgegeben. Das
Oberlandesgericht Hamburg hatte die Berufung zurückgewiesen, die Revision
jedoch zugelassen.
Der Bundesgerichtshof hat diese Entscheidung aufgehoben und die Klage
abgewie-sen. Er ist davon ausgegangen, dass es den Zeitschriftenverlegern
trotz der Bindung der Einzelverkaufspreise nicht verwehrt sei, die
Vertriebsschiene des Abonnements gegenüber der Vertriebsschiene des
Einzelverkaufs zu fördern, zumal nicht dargetan sei, dass Probeabonnements
der in Rede stehenden Art zu einem deutlichen Rück-gang des Einzelverkaufs
führten. Der Abonnementvertrieb sei für die Zeitschriften-verleger aus
kaufmännischer Sicht eindeutig vorzugswürdig. Daher liege die beson-dere
Förderung dieser Vertriebsschiene nahe. Sie könne dem Verleger weder
auf-grund einer Rücksichtnahmepflicht im Rahmen der
Preisbindungsvereinbarung noch aus kartell- oder lauterkeitsrechtlichen
Gründen untersagt werden. Die Wettbewerbs-regeln des
Zeitschriftenverlegerverbandes könnten nur als Empfehlung wirken; aus ihnen
seien jedoch weder vertragliche noch gesetzliche Pflichten abzuleiten. Die
An-erkennung der Wettbewerbsregeln durch das Bundeskartellamt verleihe ihnen
keine amtliche Qualität, sondern schließe nur ein kartellrechtliches
Verfahren gegen den Verband aus.
Urteil vom 7. Februar 2006 KZR 33/04
LG Hamburg - Urteil vom 28. Oktober 2003 312 O 425/03 ./.
OLG Hamburg - Urteil vom 9. Juli 2004 5 U 181/03 (AfP 2005, 180)
In den beiden Parallelsachen
KZR 39/03
LG Hamburg - 312 O 699/02 Entscheidung vom 11.03.2003./. OLG Hamburg -. 5
U 53/03 Entscheidung vom 03.12.2003
und
KZR 27/05
LG Hamburg - 416 O 141/03 Entscheidung vom 23.01.2004 ./. OLG Hamburg - 5
U 39/04 - Entscheidung vom 10.02.2005;
in denen entsprechende Sachverhalte zur Entscheidung standen, sind die
Entschei-dungen des Berufungsgerichts ebenfalls aufgehoben und die Klagen
abgewiesen worden.
Karlsruhe, den 8. Februar 2006
Bundesgerichtshof
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