Kein Rückerstattungsanspruch gegen die Bundesrepublik Deutschland nach Rückzahlung eines Altdarlehens
Bundesgerichtshof
Der für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hatte über eine Klage auf Rückerstattung von Zahlungen an
die Bundesrepublik Deutschland auf vor 1941 gewährte Darlehen zu
entscheiden.
Das Deutsche Reich und zwei Kreditinstitute gewährten dem Vater und dem
Großva-ter des Klägers in der Zeit zwischen 1926 und 1941 Darlehen, die
durch Grund-pfandrechte auf ihrem landwirtschaftlichen Anwesen in
Brandenburg gesichert wur-den. Die Kreditinstitute wurden im Mai 1949 durch
den für Ost-Berlin zuständigen Magistrat enteignet. 1955 wurde auch das
landwirtschaftliche Anwesen enteignet, nachdem der Vater des Klägers die DDR
verlassen hatte. Nach der Wiedervereini-gung übertrug das Landesamt zur
Regelung offener Vermögensfragen das Eigentum an dem Grundstück auf den
Kläger als Erbe seines Vaters. 1999 zahlte der Kläger sämtliche Darlehen auf
Verlangen der beklagten Bundesrepublik Deutschland an diese zurück. Nachdem
der XI. Zivilsenat mit Urteil vom 12. Juni 2001 (BGHZ 148, 90 ff.)
hinsichtlich ähnlicher Darlehen entschieden hat, dass der
Darlehensrückzah-lungsanspruch der Bundesrepublik Deutschland verjährt sei,
begehrt der Kläger nunmehr die Rückerstattung der von ihm gezahlten Beträge,
weil die Beklagte mit ihrem Zahlungsverlangen gegen Treu und Glauben
verstoßen habe und die Darle-hensforderungen im Zeitpunkt der Zahlung
bereits verjährt gewesen seien. Der Klä-ger hat außerdem die
Gläubigerstellung der Beklagten hinsichtlich der Bankdarlehen in Zweifel
gezogen. Die Klage war in den Vorinstanzen erfolglos.
Der Bundesgerichtshof hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision
zurück-gewiesen. Er hat offen gelassen, ob die streitgegenständlichen
Darlehensrückzah-lungsansprüche durch die vom Magistrat von Groß-Berlin
verfügte Enteignung 1949 erfasst wurden, obwohl sie nicht im Machtbereich
des Magistrats belegen waren. Die Forderungen stehen der Beklagten jetzt
jedenfalls in entsprechender Anwendung von § 1 des Gesetzes zur Regelung
bestimmter Altforderungen vom 10. Juni 2005 (AFRG) zu. Dieses Gesetz
bezweckt eine eindeutige Zuordnung von Altforderungen, die wie im
vorliegenden Fall in der Rechtswirklichkeit der DDR als enteignet gal-ten,
die aber nach heutiger Rechtsauffassung nicht wirksam enteignet worden
wa-ren. Jedenfalls dann, wenn diese Forderungen von der Kreditanstalt für
Wiederauf-bau bereits realisiert worden sind, soll es hierbei verbleiben.
Die Zahlung des Klägers ist auch nicht aus anderen Gründen rechtsgrundlos
erfolgt. Weder sind die schuldrechtlichen Ansprüche auf Darlehensrückzahlung
infolge der Enteignung des Grundstücks erloschen noch sind sie infolge
Zeitablaufs verwirkt. Die Geltendmachung dieser Ansprüche ist darüber hinaus
nicht treuwidrig gewesen. Insbesondere führte die Grundstücksenteignung
nicht zum Wegfall der Geschäfts-grundlage der Darlehensverträge. Der
Fortbestand des landwirtschaftlichen Betrie-bes ist auch nicht dadurch zur
Geschäftsgrundlage der Darlehen geworden, dass letztere Gegenstand von
Entschuldungsverfahren nach dem Gesetz zur Regelung der landwirtschaftlichen
Schuldverhältnisse vom 1. Juni 1993 (RGBl. I S. 331) waren.
Schließlich ergibt sich ein Bereicherungsanspruch nicht daraus, dass der
Kläger auf eine verjährte Forderung gezahlt hat. Nach §§ 813 Abs. 2 Satz 2,
222 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. ist die Rückforderung des zur Befriedigung von
verjährten Ansprüchen Geleisteten im Interesse des Rechtsfriedens
ausgeschlossen und zwar unabhängig davon, ob der Leistende Kenntnis von der
Verjährung hatte oder der Eintritt der Ver-jährung zweifelhaft war. Die
Beklagte verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn sie sich gegenüber
dem Kläger auf den Ausschluss des Bereicherungsan-spruchs beruft, obwohl sie
nach der Entscheidung des Senats vom 12. Juni 2001 (BGHZ 148, 90 ff.) von
anderen Schuldnern nicht mehr die Rückzahlung vergleich-barer Darlehen
verlangt. Die genannte Entscheidung stellt vielmehr in Verbindung mit § 222
Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. einen sachlichen Grund für die Ungleichbehand-lung
der verschiedenen Schuldner dar.
Urteil vom 28. März 2006 XI ZR 425/04
LG Berlin, Urteil vom 30. Juli 2003 23 O 77/03 ./.
KG Berlin, Urteil vom 15. Oktober 2004 25 U 132/03
Karlsruhe, den 28. März 2006
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