Keine Sonderversorgung ehemaliger Angehöriger der Deutschen Reichsbahn

12.10.2005

Bundesverfassungsgericht

Ehemalige Angehörige der Deutschen Reichsbahn der DDR haben keinen Anspruch auf zusätzliche Rentenleistungen.

Die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts nahm die Verfassungsbeschwerden

von zwei ehemaligen Mitarbeitern der Deutschen Reichsbahn, die sich gegen die Beschränkung

des rentenrechtlich zu berücksichtigenden Arbeitseinkommens bei der „alten Versorgung“

und den Wegfall des besonderen Steigerungsbetrags richteten, in Fortführung der Senatsrechtsprechung

(Beschluss vom 11. Mai 2005, 1 BvR 368/97 u.a.; Pressemitteilung Nr. 44/2005 vom 25. Mai 2005)

nicht zur Entscheidung an.

Rechtlicher Hintergrund und Sachverhalt:

Im Alterssicherungssystem der DDR gab es seit 1956 für Angehörige der Deutschen Reichsbahn eine

besondere Form der Altersversorgung, deren Leistungen über die der Sozialpflichtversicherung hinausgingen.

Durch diese Regelung wurde die ansonsten in der Sozialpflichtversicherung der DDR geltende

starre Beitragsbemessungsgrenze von 600 Mark im Monat für die Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn

im Ergebnis außer Kraft gesetzt.

Nach der Einführung der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung wurde 1973 die Altersversorgung der

Angehörigen der Deutschen Reichsbahn in die allgemeine Sozialversicherung einbezogen. Den Beschäftigten

blieb die vor 1974 erworbene Anwartschaft auf Altersversorgung nach der früheren Rechtslage

(„alte Versorgung“) auch ohne Beitritt zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung erhalten. Für Beschäftigte,

die die Voraussetzungen für eine „alte Versorgung“ nicht erfüllten, war bei der Rentenberechnung ein

besonderer Steigerungsbetrag von 1,5 v. H. anstelle des allgemein üblichen Steigerungsbetrags von 1,0

v. H. vorgesehen. Dies wirkte sich bei einem durchschnittlichen Versicherungsverlauf in einer rund 28

v.H. höheren Rente aus.

Im Zuge der Wiedervereinigung wurde die besondere Eisenbahnerversorgung beendet. Erworbene Anwartschaften

und Ansprüche wurden in das 6. Buch des Sozialgesetzbuchs überführt. Dabei wurde der „alten Versorgung“ insoweit Rechnung getragen, als über die allgemeine Beitragsbemessungsgrenze von

600 Mark im Monat hinaus ein monatliches Einkommen von 1.250 Mark der Rentenberechnung

zugrunde gelegt wurde. Der besondere Steigerungsbetrag blieb dagegen unberücksichtigt.

Das Bundesverfassungsgericht hat die dagegen gerichteten Verfassungsbeschwerden mangels Erfolgsaussicht

nicht zur Entscheidung angenommen.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Selbst wenn man die Anwartschaften und Ansprüche aus der „alten Versorgung“ der Angehörigen der

Reichsbahn dem Schutz der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG zuordnet, hat sich der Gesetzgeber

bei der Aus– und Umgestaltung rentenrechtlicher Positionen aus der DDR im verfassungsrechtlichen

Rahmen bewegt. Er war danach nicht gehalten, besondere Versorgungsformen im gesamtdeutschen

Rechtsraum fortzusetzen. Einem durch die Zusage einer „alten Versorgung“ gewährten Schutz hat er

dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass er eine Versicherung von Arbeitsentgelten über 600

Mark insoweit ermöglich hat, als sie der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung entsprachen. Verfassungsrechtlich

nicht zu beanstanden ist die so auf ein Monatseinkommen von 1.250 Mark festgelegte

Grenze. Die Betroffenen können nicht verlangen, von der Beachtung der Beitragsbemessungsgrenze

freigestellt zu werden. Hinsichtlich des besonderen Steigerungsbetrags konnte bei den Betroffenen kein

verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen entstehen, weil er schon zu DDR-Zeiten lediglich bestimmten

Berufsgruppen zugute kam.

Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG liegt ebenfalls nicht vor: Gegenüber anderen

Zusatz- und Sonderversorgungsberechtigten, auf die das Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz

Anwendung findet, liegt keine Ungleichbehandlung vor, da auch dort eine Begrenzung des zu

berücksichtigenden Einkommens stattfindet. Zudem hatten Angehörige der Deutschen Reichsbahn als

Bestandsrentner an den erheblichen Sonderanpassungen der Renten in den Jahren 1990 und 1991 teilgenommen.

Ein Vergleich mit Pensionären und Rentnern der Deutschen Bundesbahn kommt nicht in

Betracht, da der Gesetzgeber nicht verpflichtet ist, die Betroffenen so zu behandeln, als hätten sie ihre

Erwerbsbiografie in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt. Die vergleichsweise niedrigeren

Durchschnittsverdienste in der DDR sind rentenrechtlich bereits höher gewertet worden.

Beschluss vom 30. August 2005 – 1 BvR 616/99, 1 BvR 1028/03 –

 

Karlsruhe, den 11. Oktober 2005

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