Umtauschfrist für Pfennig- und DM-Briefmarken wirksam

12.10.2005

Bundesberichtshof

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat entschieden, dass die

Deut-sche Post AG den Umtausch so genannter Pfennig- und DM-Briefmarken

ge-gen neue Euro-Marken wirksam bis zum 30. Juni 2003 befristet hat.

Anlässlich der Währungsumstellung von Deutsche Mark auf Euro Anfang 2002

erklärte das Bundesministerium für Finanzen gemäß § 43 Abs. 1 PostG, dass

Postwertzeichen, deren Nennwert ausschließlich in Pfennig angegeben ist, mit

Wirkung vom 1. Juli 2002 ihre Gültigkeit verlieren. Die beklagte Deut-sche

Post AG bot den Umtausch solcher Briefmarken bis zum 30. Juni 2003

öffentlich an. Der Kläger, ein Briefmarkenhändler, tauschte bis zu diesem

Zeitpunkt Marken im Gesamtnennwert von über 300.000 DM. Auch im Juli 2003

eingereichte Marken akzeptierte die Beklagte aus Kulanz. Daraufhin er-warb

der Kläger große Stückzahlen ungültiger Briefmarken weit unter Nenn-wert und

forderte von der Beklagten im November 2003 erfolglos deren Umtausch im

Nennwert von 95.000 DM. Das Landgericht hat seiner Klage auf Umtausch der

Marken stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewie-sen.

Der Bundesgerichtshof hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision

zurückgewiesen. Briefmarken sind als so genannte kleine Inhaberpapiere im

Sinne des § 807 BGB anzusehen. Der in den Pfennig- und DM-Marken

ver-körperte Beförderungsanspruch ist wegen der durch die Ungültigerklärung

entfallenen Legitimationswirkung nicht mehr durchsetzbar. Damit ist eine für

die Parteien nicht vorhersehbare Äquivalenzstörung eingetreten, die weder

gesetzlich noch vertraglich geregelt ist. Diese Regelungslücke ist im Wege

der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Dabei ist darauf

abzustel-len, was redliche und verständige Parteien bei Kenntnis der Lücke

nach dem Vertragszweck und bei sachgemäßer Abwägung der beiderseitigen

Interessen nach Treu und Glauben vereinbart hätten. Solche Parteien hätten

keine Rückzahlung des von der Post vereinnahmten Kaufpreises der

Briefmarken, sondern ein Umtauschrecht der Briefmarkeninhaber vereinbart.

Die Befristung dieses Umtauschrechts auf ein Jahr wird durch das Interesse

der Deutschen Post AG, nicht längere Zeit mit Fälschungen konfrontiert zu

werden und den Aufwand für den Umtausch zeitlich zu begrenzen,

gerechtfertigt. Die Postkun-den hingegen konnten sich bei der Bevorratung

von Briefmarken bereits seit dem Januar 2001 auf die bevorstehende

Währungsumstellung einrichten und haben deshalb kein berechtigtes Interesse

an einem Umtauschrecht über den 30. Juni 2003 hinaus. Dass die Deutsche Post

AG noch im Juli 2003 vorge-legte alte Briefmarken anstandslos umgetauscht

hat, hindert sie nicht daran, sich nunmehr auf den Ablauf der Umtauschfrist

zu berufen. Da sie bereits im August 2003 einen weiteren Umtausch abgelehnt

hatte, durfte der Kläger je-denfalls im November 2003 nicht mehr auf einen

nochmaligen Umtausch ver-trauen.

Urteil vom 11. Oktober 2005 XI ZR 395/04

 

Landgericht Bonn, Urteil vom 8. Juni 2004 10 O 93/04

 

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 25. November 2004 14 U 15/04

 

Karlsruhe, den 12. Oktober 2005

 

 

Bundesgerichtshof

 

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