Umtauschfrist für Pfennig- und DM-Briefmarken wirksam
Bundesberichtshof
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat entschieden, dass die
Deut-sche Post AG den Umtausch so genannter Pfennig- und DM-Briefmarken
ge-gen neue Euro-Marken wirksam bis zum 30. Juni 2003 befristet hat.
Anlässlich der Währungsumstellung von Deutsche Mark auf Euro Anfang 2002
erklärte das Bundesministerium für Finanzen gemäß § 43 Abs. 1 PostG, dass
Postwertzeichen, deren Nennwert ausschließlich in Pfennig angegeben ist, mit
Wirkung vom 1. Juli 2002 ihre Gültigkeit verlieren. Die beklagte Deut-sche
Post AG bot den Umtausch solcher Briefmarken bis zum 30. Juni 2003
öffentlich an. Der Kläger, ein Briefmarkenhändler, tauschte bis zu diesem
Zeitpunkt Marken im Gesamtnennwert von über 300.000 DM. Auch im Juli 2003
eingereichte Marken akzeptierte die Beklagte aus Kulanz. Daraufhin er-warb
der Kläger große Stückzahlen ungültiger Briefmarken weit unter Nenn-wert und
forderte von der Beklagten im November 2003 erfolglos deren Umtausch im
Nennwert von 95.000 DM. Das Landgericht hat seiner Klage auf Umtausch der
Marken stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewie-sen.
Der Bundesgerichtshof hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision
zurückgewiesen. Briefmarken sind als so genannte kleine Inhaberpapiere im
Sinne des § 807 BGB anzusehen. Der in den Pfennig- und DM-Marken
ver-körperte Beförderungsanspruch ist wegen der durch die Ungültigerklärung
entfallenen Legitimationswirkung nicht mehr durchsetzbar. Damit ist eine für
die Parteien nicht vorhersehbare Äquivalenzstörung eingetreten, die weder
gesetzlich noch vertraglich geregelt ist. Diese Regelungslücke ist im Wege
der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Dabei ist darauf
abzustel-len, was redliche und verständige Parteien bei Kenntnis der Lücke
nach dem Vertragszweck und bei sachgemäßer Abwägung der beiderseitigen
Interessen nach Treu und Glauben vereinbart hätten. Solche Parteien hätten
keine Rückzahlung des von der Post vereinnahmten Kaufpreises der
Briefmarken, sondern ein Umtauschrecht der Briefmarkeninhaber vereinbart.
Die Befristung dieses Umtauschrechts auf ein Jahr wird durch das Interesse
der Deutschen Post AG, nicht längere Zeit mit Fälschungen konfrontiert zu
werden und den Aufwand für den Umtausch zeitlich zu begrenzen,
gerechtfertigt. Die Postkun-den hingegen konnten sich bei der Bevorratung
von Briefmarken bereits seit dem Januar 2001 auf die bevorstehende
Währungsumstellung einrichten und haben deshalb kein berechtigtes Interesse
an einem Umtauschrecht über den 30. Juni 2003 hinaus. Dass die Deutsche Post
AG noch im Juli 2003 vorge-legte alte Briefmarken anstandslos umgetauscht
hat, hindert sie nicht daran, sich nunmehr auf den Ablauf der Umtauschfrist
zu berufen. Da sie bereits im August 2003 einen weiteren Umtausch abgelehnt
hatte, durfte der Kläger je-denfalls im November 2003 nicht mehr auf einen
nochmaligen Umtausch ver-trauen.
Urteil vom 11. Oktober 2005 XI ZR 395/04
Landgericht Bonn, Urteil vom 8. Juni 2004 10 O 93/04
Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 25. November 2004 14 U 15/04
Karlsruhe, den 12. Oktober 2005
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