Urteil des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs zur Frage einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK)

10.03.2006

Bundesgerichtshof

Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 6. Juli 2005 wegen

sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und

seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet.

Der Angeklagte war bereits am 8. August 2002 wegen dieser Tat (begangen im

März 2002) in gleicher Weise verurteilt worden. Die dagegen gerichtete

Revision des An-geklagten hatte der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 26.

Februar 2003 verwor-fen. Auf die vom Angeklagten eingelegte

Verfassungsbeschwerde hat das Bundes-verfassungsgericht die Entscheidungen

mit Beschluss vom 16. Februar 2005 wegen eines Verstoßes der

landgerichtlichen Geschäftsverteilung gegen das Recht auf den gesetzlichen

Richter (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) aufgehoben und die Sache an das

Landgericht Köln zurückverwiesen, so dass dieses erneut mit der Sache

befasst wurde.

Gegen die jetzige Verurteilung hat der Angeklagte wiederum Revision

eingelegt. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, seine Revision mit der

Maßgabe zu verwerfen, dass die verhängte Freiheitsstrafe wegen einer

rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) um

sechs Monate herabgesetzt wird. Der 2. Strafsenat ist diesem Antrag nicht

gefolgt, sondern hat die Revision insgesamt verworfen. Er ist - anders als

der Generalbundesanwalt - der Ansicht, dass die bloße erfolgreiche

Durchführung eines Rechtsmittels oder Rechtsbehelfs, die zur Aufhebung der

erstinstanzlichen Entscheidung wegen eines Verfahrensfehlers führt, für sich

genommen nicht schon eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung

be-gründet. Ob vorliegend im Hinblick auf die - mit rund zwei Jahren - sehr

lange Bearbeitungszeit beim Bundesverfassungsgericht eine

rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung zu bejahen ist, hat der Senat

offen gelassen, da die verhängte Strafe selbst in diesem Fall jedenfalls im

Sinne von § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO angemes-sen ist.

Urteil vom 8. März 2006 - 2 StR 565/05

 

Landgericht Köln (102 - 15/05)

 

Karlsruhe, den 8. März 2006

 

 

Bundesgerichtshof

 

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