Vizepräsident des Bundesgerichtshofs Dr. Joachim Wenzel im Ruhestand

01.07.2005

Bundesgerichtshof

Am 30. Juni 2005 wird der Vizepräsident des Bundesgerichtshofs Dr. Joachim Wenzel in den Ruhestand treten.

Herr Dr. Wenzel wurde am 23. Juni 1940 in Stettin geboren. Er kam mit seinen Eltern 1944 nach Hessen und wuchs in Bad Homburg v. d. H. auf. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Töchter.

Nach dem Abschluß seiner Ausbildung im Jahre 1969 arbeitete Herr Dr. Wenzel zunächst als Rechtsanwalt in Offenbach. Im April 1971 trat er in den höheren Justizdienst des Landes Hessen ein. Er gehörte verschiedenen Zivilkammern des Landgerichts Frankfurt am Main an. Nach seiner Ernennung zum Richter am Oberlandesgericht in Frankfurt am Main im April 1980 nahm er dort auch Aufgaben der Personalverwaltung und der Öffentlichkeitsarbeit dieses Gerichts wahr. Von 1986 bis 1988 war er im Justizministerium des Landes Hessen – zuletzt als Leitender Ministerialrat – mit den Personalangelegenheiten der hessischen Richter und Staatsanwälte befaßt. 1988 wurde er zum Richter am Bundesgerichtshof gewählt. Seither gehört er dem unter anderem für das Grundstücksrecht zuständigen V. Zivilsenat sowie dem Senat für Landwirtschaftssachen an. Im Jahr 1999 übernahm er in beiden Senaten den Vorsitz und wurde im Jahr 2002 zum Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofs ernannt.

Herr Dr. Wenzel hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in den von ihm geführten Senaten in außerordentlich effizienter Weise mit bestimmt. Besonders hervorzuheben ist – auch schon als Beisitzer – sein Wirken auf den Gebieten des Wohnungseigentumsrechts und des Landwirtschaftsrechts.

Im Wohnungseigentumsrecht gelang es ihm, die Rechtsprechung des V. Zivilsenats – nicht zuletzt durch einen ständigen Kontakt mit der Praxis, der ihm Einblick in die Probleme und Usancen der Verwalter von Wohnungseigentumsanlagen verschaffte – stärker auf die Bedürfnisse der Praxis auszurichten. Dabei waren die Lösungen mit den dogmatischen Grundlagen des Wohnungseigentums spannungsfrei in Übereinstimmung zu bringen. Die Abgrenzung zwischen Vereinbarung und Mehrheitsbeschluß durch die Entscheidung vom 20. September 2000 (BGHZ 145, 158, in der Fachöffentlichkeit als „Jahrhundertbeschluߓ bezeichnet) und die damit verbundene Stärkung der Rechtsposition des einzelnen Wohnungseigentümers ist dafür nur ein Beispiel.

Im Landwirtschaftsrecht ging es vor allem um die Bewältigung vielfältiger rechtlicher Probleme im Gefolge der Wiedervereinigung Deutschlands. Für die Überführung Landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften in Rechtsformen des in der Bundesrepublik geltenden Rechts unter Wahrung der Mitgliedschaftsrechte der einzelnen Genossenschafter gab es keine vergleichbaren Konstellationen, an denen sich Gesetzgeber und Gerichte hätten orientieren können. Die gesetzlichen Regelungen der sog. Landwirtschaftsanpassung ließen viele Fragen offen, die der Landwirtschaftssenat rechtsgestaltend zu beantworten hatte. Herr Dr. Wenzel hat ganz maßgeblichen Anteil daran, daß hier ein geschlossenes Konzept entstand, das trotz der elementaren Interessengegensätze der Betroffenen schließlich im west- und ostdeutschen Fachschrifttum ungewöhnlich große Zustimmung gefunden hat. Diese Rechtsprechung hat er auf zahlreichen Veranstaltungen auch in den neuen Bundesländern vorgetragen und überzeugend dargestellt. In Fachkreisen ist sie seither in erster Linie mit seinem Namen verbunden.

Auf den Rechtsgebieten, an denen ihm als Richter besonders gelegen war, ist Herr Dr. Wenzel auch wissenschaftlich in vielfältiger Weise hervorgetreten. Neben Aufsätzen und Rechtsprechungsübersichten sind vor allem seine Kommentierungen zum Verfahrensrecht im Wohnungseigentumsgesetz im Kommentar von Staudinger, zum Revisionsrecht im Münchener Kommentar zur ZPO, dessen 3. Auflage er demnächst auch als Mitherausgeber betreuen wird, und zum Erlöschen der Schuldverhältnisse im Münchener Kommentar zum BGB zu nennen.

Neben seiner beruflichen Tätigkeit hat Herr Dr. Wenzel in der Evangelischen Kirche in vielfältiger Weise auf allen Ebenen der Mitwirkung von Laien Aufgaben übernommen. So war er u. a. Mitglied des Ältestenkreises der Lukaspfarrei in Karlsruhe und gehörte der Bezirkssynode und des Bezirkskirchenrats von Karlsruhe und Durlach an. Ferner war er viele Jahre Mitglied des kirchlichen Verwaltungsgerichts der Evangelischen Landeskirche in Baden. Auch in seinen Veröffentlichungen finden sich immer wieder Antworten auf Fragen, die auch theologische oder kirchliche Bezüge aufweisen. Hier schließt sich zugleich der Kreis zu seinem richterlichen Wirken. Denn zum Verhältnis von Kirche und Staat sind auch viel beachtete, unter seinem Vorsitz ergangene Entscheidungen des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs ergangen (vgl. Urteile vom 11. Februar 2000, NJW 2000, 1555, und vom 28. März 2003, NJW 2003, 2097), die zur Fortentwicklung des Rechts beigetragen haben.

Die offizielle Verabschiedung von Herrn Dr. Wenzel durch die Bundesministerin der Justiz, Brigitte Zypries, findet in einer Feierstunde am Dienstag, dem 5. Juli 2005, 16.00 Uhr, im Rathaus der Stadt Karlsruhe statt. Bei dieser Gelegenheit wird ihm auch eine Festschrift überreicht, die ihm Kollegen, Freunde und Weggefährten gewidmet haben.

Karlsruhe, den 30. Juni 2005

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