Zu den Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs des Vermieters von Wohnraum gegen den Mieter wegen Verunreinigungen der Wohnung durch Tabakkonsum

30.06.2006

Bundesgerichtshof

Zum Inhalt einer Verpflichtung zur "besenreinen" Rückgabe

der Wohnung

Die Beklagten waren vom 3. Januar 2000 bis zum 31. Januar 2004 Mieter einer

Wohnung des Klägers in Hockenheim. Mit Schreiben vom 19. Januar 2004

forderte der Kläger die Beklagten unter Fristsetzung zur Vornahme von

Tapezier- und Reinigungsarbeiten sowie zu weiteren

Mängelbeseitigungsmaßnahmen auf. Dies lehnten die Beklagten ab. Mit seiner

Klage hat der Kläger von den Beklagten unter anderem Zahlung von

Schadensersatz wegen der Kosten von Maler- und Reinigungsarbeiten an Wänden

und Decken (4.996,89 €) sowie an Türen und Türrahmen (2.177,50 €), der

Reinigung von Fenstern (727,50 €) sowie der Küche einschließlich der

mitvermieteten Einbauküche und des Kellers (308 €) begehrt. Die Beklagten

haben im Wege der Widerklage die Auszahlung einer Mietkaution verlangt. Das

Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage im Wesentlichen

stattgegeben. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Der unter

anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des

Bundesgerichtshofs hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision

des Klägers zurückgewiesen.

Ein Schadensersatzanspruch wegen nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen

steht dem Kläger hinsichtlich der Kosten für Malerarbeiten nicht zu. Sowohl

§ 8 Ziff. 2 und 3 des vom Kläger verwendeten Formularmietvertrags, die die

Verpflichtung des Mieters zur Ausführung von Schönheitsreparaturen regeln,

als auch § 8 Ziff. 5, der eine Pflicht des Mieters zur Renovierung bei

Beendigung des Mietverhältnisses enthält, sind unwirksam. Diese Klauseln

haben aus der Sicht eines verständigen Mieters die Bedeutung, dass der

Mieter nach Ablauf der dort festgelegten, verbindlichen Fristen von drei

Jahren beziehungsweise von fünf Jahren auch dann zur Renovierung

verpflichtet ist, wenn die Wohnung nach ihrem tatsächlichen Erscheinungsbild

noch nicht renovierungsbedürftig ist. Wie der Bundesgerichtshof bereits

wiederholt entschieden hat, benachteiligt eine solche "starre"

Fälligkeitsregelung den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben

unangemessen und ist daher gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB

unwirksam. Die Unwirksamkeit der vorgenannten Fälligkeitsregelungen hat auch

die Unwirksamkeit der entsprechenden Verpflichtungen zur Ausführung der

Schönheitsreparaturen nach § 8 Ziff. 2 und 3 sowie zur Renovierung der

Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses gemäß § 8 Ziff. 5 zur Folge,

weil es sich nicht um Fälligkeitsregelungen handelt, die von der Pflicht zur

Ausführung der Schönheitsreparaturen trennbar sind. Der Bundesgerichtshof

hat auch das Vorliegen der Voraussetzungen für eine ergänzende

Vertragsauslegung verneint. An die Stelle der unwirksamen

Vertragsbestimmungen tritt die gesetzliche Regelung des § 535 Abs. 1 Satz 2

BGB; danach ist die Pflicht zur Instandhaltung der Mietsache zu der auch

die Ausführung von Schönheitsreparaturen gehört dem Vermieter auferlegt.

Der Kläger kann Schadensersatz auch nicht wegen der von ihm geltend

gemachten Verunreinigungen der Wohnung durch "Nikotinrückstände" verlangen,

weil die Beklagten insoweit keine vertragliche Pflicht verletzt haben. Der

Mieter ist zur Nutzung des gemieteten Wohnraums innerhalb der durch die

vertraglichen Vereinbarungen gezogenen Grenzen berechtigt (§ 535 Abs. 1 Satz

1 BGB). Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den

vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, hat der Mieter nicht zu

vertreten (§ 538 BGB). Liegt eine wirksame, das Rauchen in der Wohnung

einschränkende Vereinbarung nicht vor, verhält sich ein Mieter, der in der

gemieteten Wohnung raucht und hierdurch während der Mietdauer Ablagerungen

verursacht, grundsätzlich nicht vertragswidrig. Der Bundesgerichtshof hat

offen gelassen, ob ausnahmsweise eine vom vertragsgemäßen Gebrauch nicht

mehr umfasste Nutzung der Wohnung anzunehmen ist, wenn "exzessives" Rauchen

bereits nach kurzer Mietzeit einen erheblichen Renovierungsbedarf zur Folge

hat, weil ein solcher Fall hier nicht gegeben war. Auch eine über den

vertragsgemäßen Gebrauch hinausgehende Schädigung der Mietsache, die zur

Schadensersatzpflicht des Mieters führen würde, lag nicht vor. Der Vermieter

wird dadurch, dass der Mieter durch Tabakkonsum verursachte Gebrauchsspuren

grundsätzlich nicht zu vertreten hat, nicht unbillig benachteiligt. Denn

der Vermieter hat die Möglichkeit, die Pflicht zur Ausführung der

erforderlichen Schönheitsreparaturen auch im Wege der

formularvertraglichen Vereinbarung auf den Mieter abzuwälzen, wie es in

der Praxis weithin üblich ist; an einer solchen - wirksamen Vereinbarung

fehlte es hier jedoch.

Dem Kläger steht über den bereits vom Amtsgericht zuerkannten Betrag hinaus

auch kein Anspruch gegen die Beklagten auf Schadensersatz hinsichtlich der

Kosten für die Reinigung von Fenstern sowie der Küche und des Kellers zu.

Die Beklagten haben ihre vertragliche Pflicht zur Rückgabe der Mieträume in

besenreinem Zustand (§ 17 Ziff. 1 des Mietvertrags), die sich auf die

Beseitigung grober Verschmutzungen beschränkt, nicht verletzt.

Urteil vom 28. Juni 2006 - VIII ZR 124/05

 

AG Schwetzingen - 52 C 130/04 ./. LG Mannheim - 4 S 122/04

 

Karlsruhe, den 28. Juni 2006

Bundesgerichtshof

 

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