Baker McKenzie: Chinesische Investitionen in 2016 in den USA verdreifacht und in Europa verdoppelt

07.02.2017

Aussichten für 2017 wegen strengeren regulatorischen Bedingungen gedämpft

· Rekordinvestitionen von insgesamt USD 94,2 Mrd.; Anstieg um 189 % in Nordamerika, 90 % in Europa

· US-Übernahmen: ADI-Wert in Nordamerika überholt Europa

· Investitionsanstieg trotz 30 gescheiterte Transaktionen mit geschätztem Gesamtvolumen von USD 74 Mrd.

· 70 % der Investitionen durch chinesische Privatunternehmen

· Top drei der europäischen Länder: Deutschland, Großbritannien, Finnland

· Top drei der US-Bundesstaaten nach ADI: Kalifornien, Kentucky, Illinois

· Durchschnittlicher Transaktionswert angestiegen auf USD 290 Mio. von zuvor USD 120 Mio.

· Fokus der Investoren auf Verbraucherprodukte und- dienstleistungen und Immobilien in Nordamerika, in Europa auf Industrie und IT

· Aussichten ungewiss; solide Grundlagen, aber strengere Kontrollen in China und in Zielländern

Global, 6. Februar 2017 - Chinesische Direktinvestitionen in den Wirtschaftsmärkten Nordamerika und Europa -zusammen haben sich 2016 mehr als verdoppelt und erreichten einen neuen Rekord von USD 94,2 Mrd.*; Hintergrund ist die weitere Intensivierung der wirtschaftlichen Expansionspolitik Chinas im Zuge des rapiden Wachstums der chinesischen Wirtschaft.

Bei der Transaktionstätigkeit ist ein Anstieg um insgesamt 130 % zu verzeichnen, ausgehend von USD 40 Mrd. im Jahr 2015. Der Schwerpunkt lag dabei auf Übernahmen, die 97 % des ADI-Wertes ausmachten.

Zum ersten Mal seit 2013 haben chinesische Investoren in Nordamerika mehr investiert (USD 48 Mrd., Anstieg um 189 %) als in Europa (USD 46 Mrd., Anstieg um 90 %), wobei 94 % des Gesamtvolumens der in Nordamerika getätigten Investitionen auf die USA entfallen. Weltweite Auslandsinvestitionen erreichten im Jahr 2016 einen neuen Höchststand von knapp USD 200 Mrd.

Allen voran war hierbei die chinesische Privatwirtschaft, die weit mehr investierte als staatliche Unternehmen und Transaktionen im Wert von 70 % des gesamten Transaktionsvolumens abgeschlossen hat. Hieran zeigt sich einmal mehr der stetige Aufstieg chinesischer Unternehmen in der Weltwirtschaft.

Doch die weiteren Aussichten sind eher durchwachsen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass 2016 30 Transaktionen (20 in Europa, 10 in den USA) mit einem nie da gewesenen Gesamtwert von USD 74 Mrd. gescheitert sind. Obwohl in 2017 wieder ein starkes Investitionsjahr erwartet wird, ist die Zahl neu angekündigter Übernahmen durch chinesische Investoren in Europa und Nordamerika im Vergleich zu einem außergewöhnlich starken 1. Quartal 2016 zurückgegangen.

„Gut die Hälfte aller chinesischen Direktinvestitionen in Europa und Nordamerika seit 2000 hat in den letzten drei Jahren stattgefunden. Hieran zeigt sich der anhaltende Einfluss der Globalisierung und das rapide Wachstum der chinesischen Wirtschaft“, so Michael DeFranco, Global Head der M&A-Praxis von Baker McKenzie. „Das Potential für starkes Transaktionsaufkommen sowohl in Europa als auch in Nordamerika ist zwar hoch, doch politische und regulatorische Unsicherheiten dämpfen die Aussichten. Für 2017 wird eine kurzfristige Abschwächung erwartet, sowohl aufgrund der vorübergehenden Maßnahmen der chinesischen Regierung zur Begrenzung der Kapitalflüsse ins Ausland als auch der strengeren Kontrollen in den USA und in Europa von Investitionen aus dem Ausland.“

Der Umfang der jüngsten Investitionen im Verhältnis zur steigenden Zahl erschwerter Transaktionen geht aus vorab veröffentlichten Daten der Studie hervor, die Baker McKenzie bei der Rhodium Group in Auftrag gegeben hat. Die Rhodium Group ist wie kein zweites Unternehmen darauf spezialisiert, Anlagemuster chinesischer Investoren in den einkommensstarken Wirtschaftssystemen Europas und der USA zu analysieren. Die vollständige Studie wird Ende Februar veröffentlicht.

Schwerpunkte in Europa

Die Investitionen chinesischer Investoren in Europa konzentrierten sich in erster Linie auf Deutschland und Großbritannien, die 46 % aller in Europa getätigten Investitionen auf sich verteilten.

In Deutschland ist das Volumen chinesischer Investitionen fast um das Zehnfache gestiegen, von USD 1,3 Mrd. im Jahr 2015 auf USD 12,1 Mrd. im vergangenem Jahr. Großbritannien zog Investitionen im Wert von USD 9 Mrd. an, was einer Steigerung um 130 % gegenüber 2015 entspricht. Das Gesamtvolumen der Investitionen in Großbritannien stieg vor allem durch Transaktionen an, die vor dem EU-Referendum bekannt gegeben wurden und in der zweiten Jahreshälfte abschlossen - zu einer Zeit, als es noch zu früh war, den Brexit vorherzusehen.

Auch Finnland, die Schweiz und Irland gehörten 2016 zu den Hauptzielen chinesischer Direktinvestitionen mit Investitionen in Höhe von USD 7,6 Mrd., USD4,8 Mrd. bzw. USD 2,9 Mrd. respektive. Die Schweiz wäre hier an erster Stelle zu nennen gewesen, wenn nicht die behördliche Freigabe der Übernahme von Syngenta durch ChemChina noch immer ausstehen würde. In Italien, Portugal und Frankreich dagegen ist 2016 ein Rückgang chinesischer Investitionen um 85 %, 50 % bzw. 40 % zu verzeichnen, da chinesische Investoren sich hier auf die Integration der in 2015 getätigten Investitionen konzentrierten.

Schwerpunkte in Kanada und den USA

Der Investitionsanstieg in Nordamerika ist in erster Linie den USA zuzurechnen, wo chinesische Investitionen von 2015 bis 2016 um fast 200 % auf USD 45,6 Mrd. gestiegen sind. Auch in Kanada ist der Wert der Investitionen um 120 % gestiegen und hat somit ein Drei-Jahres-Hoch erreicht. Durchschnittlich größere Transaktionen bedeuteten einen Anstieg des Gesamttransaktionswertes, mit einer stabilen Transaktionsanzahl.

Mit Transaktionen im Wert von über USD 16 Mrd. war Kalifornien 2016 Hauptziel chinesischer Investitionen, die sich hauptsächlich auf Branchen wie Informationstechnologie, Unterhaltungsindustrie, Immobilien und Transportwesen konzentrierten. Ein weiterer Schwerpunkt war New York, wo 90 % der investierten Gelder in den Immobiliensektor flossen.

In verschiedenen US-Bundesstaaten investierten chinesische Investoren 2016 zum ersten Mal im großen Stil, wobei es sich dabei zumeist um sehr umfangreiche Einzeltransaktionen der in diesen Staaten beheimateten Unternehmen handelte. Ein Beispiel hierfür ist Kentucky mit einem Investitionsvolumen von mehr als USD 9 Mrd. Auch Illinois, Minnesota und Georgia verzeichneten einen Zuwachs.

Größere Transaktionen, mehr Branchen

Die bevorzugten Branchen in Europa waren Informations- und Kommunikationstechnologie (USD 13,7 Mrd.), Transportwesen, Versorgungsdienste und Infrastruktur (USD 12,2 Mrd.) sowie Industriemaschinen (USD 6,2 Mrd.). In diesen Sektoren waren fast 70 % der chinesischen Investitionen insgesamt zu verzeichnen.

Für Investitionen im Bereich Informationstechnologie in Europa war 2016 ein Rekordjahr, in dem das für den Bereich traditionell anvisierte Nordamerika überholt wurde.

In Nordamerika sind die chinesischen Investitionen gleichmäßiger über verschiedene Branchen verteilt. Der Schwerpunkt lag 2016 auf Immobilien (USD 17,4 Mrd.), Transportwesen, Versorgungsdiensten und Infrastruktur (USD 6,0 Mrd.), Verbraucherprodukten und -dienstleistungen (USD 5,7 Mrd.) und der Unterhaltungsindustrie (USD 4,8 Mrd.). Insgesamt konnten diese Sektoren fast 70 % der chinesischen Investitionen in der Region für sich verbuchen.

Im Jahresvergleich hat sich der durchschnittliche Transaktionswert in beiden Regionen zusammengerechnet auf USD 290 Mio. mehr als verdoppelt.

Die Beteiligung staatlicher Unternehmen an den chinesischen Direktinvestitionen ist 2016 auf weniger als 30 % gesunken, und reine Finanzinvestitionen haben gegenüber realwirtschaftlichen Transaktionen an Bedeutung verloren. Während der Transaktionswert reiner Finanztransaktionen in Nordamerika 2015 noch 53 % betrug, belief er sich im vergangenen Jahr auf nur noch 29 %, da sich die chinesischen Unternehmen auf die Transaktionen tatsächlich konzentrierten.

„Investitionen sowohl in Nordamerika als auch in Europa erfolgen inzwischen hauptsächlich durch private Unternehmen, die zum Ausbau ihres Kerngeschäfts strategische Investitionen tätigen“, so Danian Zhang, Hauptansprechpartner am Baker McKenzie-Standort Shanghai. „Chinesische Unternehmen erhöhen ihren Marktanteil, bewegen sich in Wertschöpfungsketten nach oben und investieren in Know-how, um die Nachfrage nach ihren Waren und Dienstleistungen auf dem heimischen und internationalen Markt zu steigern.“

Solide Grundlagen, aber erschwerte Transaktionen

Die chinesische Wirtschaft wird nach und nach zu einem wichtigen Standbein grenzüberschreitender globaler Investitionen. Der Trend der chinesischen Investoren hin zu mehr grenzüberschreitenden Transaktionen wird weiter anhalten, der Ausbau in verbraucherorientierten Branchen zunehmen und das Anlagespektrum sich immer mehr diversifizieren. Europa und Nordamerika gehören zu den attraktivsten Märkten für solche Transaktionen.

In seiner Rede auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos plädierte der chinesische Präsident Xi Jinping leidenschaftlich für wirtschaftliche Integration und freien Handel. Er setzte damit ein deutliches Zeichen, dass die Globalisierung chinesischer Unternehmen auch weiterhin gefördert wird.

Sollten alle aktuell laufenden Transaktionen erwartungsgemäß abgeschlossen werden, wird 2017 ein weiteres starkes Jahr werden. Zu diesen Transaktionen gehört auch die Übernahme von Syngenta im Wert von USD 43 Mrd., die für sich genommen fast einen neuen Rekord für chinesische Direktinvestitionen in Europa aufstellen würde.

Die chinesischen Investitionen wären jedoch in beiden Regionen, Europa und Nordamerika, höher gewesen, hätte es nicht auch einen Rekord bei der Zahl gescheiterter Transaktionen gegeben, die 2016 ein Gesamtvolumen von über USD 74 Mrd. erreichten. In Europa konnten 20 Transaktionen mit chinesischen Investoren im Gesamtwert von USD 16,3 Mrd. nicht abgeschlossen werden. In Nordamerika waren es 10 Transaktionen im Gesamtwert von USD 59 Mrd.

„Die Zunahme gescheiterter Transaktionen ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass Volumen und Wert der Transaktionen mit chinesischen Investoren sehr viel höher sind als in der Vergangenheit“, erklärt Thomas Gilles, Leiter der EMEA-China-Gruppe von Baker McKenzie. „Es wird immer einen gewissen Anteil angekündigter Investitionen geben, die aus wirtschaftlichen Gründen nicht umgesetzt werden. Und strengere Kontrollen seitens der Politik und der Behörden führen dazu, dass sich die Aussichten in absehbarer Zeit weiter verschlechtern.“

In China hat die Regulierungsbehörde Ende 2016 die Kontrollen ausländischer Investitionen verschärft, da mit dem Einbruch des RMB das Risiko verbunden war, dass chinesische Unternehmen mit Hilfe ausländischer Investitionen versuchen, Kapital aus dem Land zu bringen. Durch diese kurzfristigen Kontrollen wird der Kapitalabfluss ins Ausland verlangsamt, indem viele Transaktionen, Immobilieninvestitionen und Finanztransaktionen genauer überwacht werden. Auch wenn die Maßnahmen des Devisenamts möglicherweise zu Genehmigungshürden und verlängerten Projektlaufzeiten führen, ändern sie nichts an der grundsätzlichen internationalen Ausrichtung Chinas.

Mittlerweile haben sich Entscheidungsträger sowohl in Nordamerika als auch in Europa bei zahlreichen Übernahmen durch chinesische Investoren im Technologiesektor eingeschaltet und nationale Sicherheitsbedenken angemeldet. "Obwohl das Committee on Foreign Investment in the United States (CFIUS) einen konsistenten Ansatz vorweist, stehen Transaktionen aufgrund der Volumina und der Strukturen vor größeren Herausforderungen als bisher, da sich US Behörden mehr mit anderen Länder abstimmen,' beobachten Rod Hunter, Partner im Bereich Public Policy/Regulatory in Washington D.C.

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