BRANDI Rechtsanwälte: EuGH befreit Kommunen von Zwängen des Vergaberechts / Investoren könnten von neuen Bauaufträgen profitieren

30.03.2010

BRANDI Rechtsanwälte

Luxemburg/Paderborn, 29.03.2010: Städte und Gemeinden müssen den Verkauf und die sich anschließende bauliche Entwicklung kommunaler Grundstücke nicht mehr europaweit ausschreiben. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in einem Grundsatzurteil zum Verkauf eines ehemaligen Kasernengeländes in Wildeshausen bei Oldenburg entschieden (EuGH v. 25.03.2010;0 Az.: C-451/08). Das Urteil eröffnet Kommunen wieder die Flexibilität, öffentliche Bauaufträge im Sinne der Standortentwicklung an Investoren zu übertragen. Denn die städtebauliche Entwicklung richtet sich wieder allein nach dem Baurecht, ohne vom Vergaberecht eingeengt zu werden.

„Der EuGH hat mit seinem Urteil endlich die Ketten gelöst, die die Entwicklung von Immobilien in zentralen Lagen der Städte seit mehr als zwei Jahren gefesselt haben“, erklärt Dr. Christoph Jahn von der Wirtschaftskanzlei BRANDI Rechtsanwälte in Paderborn. „Die Entscheidung dürfte zu einer deutlichen Belebung bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge führen. Das ist ein sehr positives Urteil für Städte und Gemeinden, Projektentwickler und die Bauindustrie in Deutschland“, betont der Experte für Verwaltungs- und Vergaberecht.

Am 02. Oktober 2007 hatte der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf in seiner "Ahlhorn-Entscheidung" die Veräußerung von Grundstücken durch die öffentliche Hand und deren Entwicklung dem Vergaberecht unterworfen. Dabei hatte der Vergabesenat den Begriff "öffentlicher Bauauftrag" so weit ausgelegt, dass diese prinzipiell ausgeschrieben werden müssten. Das sei auch dann der Fall, wenn eine Kommune, die ein Grundstück verkaufe, später nicht selbst Eigentümer der Bauleistung werde, sondern nur das öffentliche Interesse an einer geordneten städtebaulichen Entwicklung verfolge.

Hintergrund war seinerzeit der Verkauf des im Besitz des Bundes befindlichen Geländes des „Flughafen Ahlhorn“ in der Nähe von Oldenburg in Niedersachsen, der langjährig als Militärflughafen genutzt worden war. Die Gemeinde Großenkneten, auf deren Gebiet das Gelände liegt, wollte bei der Vergabe des Bauauftrages sicherstellen, dass der Investor das Grundstück so entwickelt, dass dies zu einer nachhaltigen Stärkung des Wirtschaftsstandortes führen würde. Dagegen ging ein unterlegener Investor mittels einem gegen die Bundesrepublik gerichteten Vergabenachprüfungsverfahren vor und erzwang vor dem OLG Düsseldorf die europaweite Ausschreibung solcher Vorhaben.

„Viele Projekte zur Entwicklung zentralen Flächen sind daraufhin zum Erliegen gekommen“, erklärt der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht Jahn. „Einer öffentlichen Ausschreibung wollten sich oftmals weder die Kommunen noch die Investoren stellen. Denn dies kostet viel Geld und Zeit. Eine Lähmung trat insbesondere dann ein, wenn nur Teilgrundstücke noch von einer Kommune veräußert werden mussten, die übrige Fläche für ein Projekt jedoch von einem Investor schon erworben wurde. Diese fatale Blockade hat der EuGH nun gelöst“, so Jahn.

Die Luxemburger Richter haben klargestellt, dass ein ausschreibungspflichtiger Bauauftrag nur dann vorliegt, wenn die Kommune als Verkäufer ein eigenes unmittelbares Interesse an der Bauleistung hat. So hatte es auch der Bund im Vergaberechtsmodernisierungsgesetz geregelt, das als Reaktion auf die "Ahlhorn-Rechtsprechung" im April 2009 in Kraft getreten ist. Ein städtebauliches Interesse an der Projektrealisierung allein begründet danach keine Ausschreibungspflicht.

Der EuGH hat aber auch weitere Kettenglieder gesprengt, die das Oberlandesgericht Düsseldorf zugunsten einer extensiven Ausschreibungspflicht der Kommunen geschmiedet hatte. So scheidet der Rückgriff auf eine Baukonzession aus, wenn der Auftragnehmer schon Eigentümer ist. Zeitversetzte Abläufe können nun ausnahmsweise zusammen gefasst betrachtet werden.

„Die Entscheidung des EuGH beendet die quälende Ungewissheit. Projekte können endlich wieder außerhalb des Vergaberechts entwickelt werden“, betont Jahn abschließend. „Das Urteil bestätigt den Gesetzgeber und schafft die lang erwartete Grundlage dafür, den Planungs- und Entwicklungsstau bei Immobilienprojekten aufzulösen. Der EuGH zeigt sich als ein wichtiger Konjunkturmotor in schwierigen Zeiten", so Jahn.

Ansprechpartner:

Dr. Christoph Jahn

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Partner

Tel.: + 49 (52 51) 7 73 50

E-Mail: christoph.jahn@brandi.net

Pressekontakt:

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Tel.: +49 (5 21) 9 65 35 14

E-Mail: patrizia.ferrara@brandi.net

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