BRANDI Rechtsanwälte: EuGH - Produkthaftung des Herstellers nach 10 Jahren möglich / Aufklärungspflicht bei Inanspruchnahme des falschen Beklagten

03.12.2009

BRANDI Rechtsanwälte

Brüssel, 2.12.2009: Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat in einer Entscheidung vom heutigen Tage bestätigt, dass Produkthaftungsansprüche im Einzelfall auch noch nach Ablauf der vorgesehenen Zehnjahresfrist gegen den Hersteller geltend gemacht werden können. Die Entscheidung hat weitreichende Auswirkungen auf Unternehmen, die ihre Produkte in der Europäischen Union herstellen und vertreiben.

„Die heutige Entscheidung des EuGH ist sowohl für Hersteller und Lieferanten als auch für die Verbraucher von großer Bedeutung“, erklärt Dr. Sebastian Meyer, Experte für Produkthaftungsrecht bei der Wirtschaftskanzlei BRANDI Rechtsanwälte in Bielefeld. „Hersteller können zwar grundsätzlich weiter darauf vertrauen, dass nach Ablauf der Zehnjahresfrist keine Ansprüche mehr geltend gemacht werden können. Voraussetzung hierfür ist es aber, dass Hersteller und Lieferanten innerhalb einer engen Frist den Verbrauchern die Ermittlung des Herstellers nicht erschwert oder verzögert haben“, betont Meyer.

Für Ansprüche von Verbrauchern in Deutschland gilt insoweit ohnehin schon eine Regelung im Produkthaftungsgesetz, wonach ein Lieferant wie ein Hersteller haften muss, wenn der richtige Hersteller nicht innerhalb von einem Monat benannt wird. „Für Lieferanten ist es daher wichtig, im eigenen Interesse auf entsprechende Aufforderungen umgehend zu reagieren“, so Meyer. „Umgekehrt bedeutet die EuGH-Entscheidung aber für die Verbraucher nicht, dass diese keinerlei eigene Recherchen vornehmen müssen und auf eine umfassende Aufklärungspflicht von Lieferanten und Herstellern vertrauen können.“

Hintergrund des Verfahrens bildet die Klage gegen ein Pharmaunternehmen, nachdem eine Person in Großbritannien nach Einnahme eines Impfstoffes erhebliche Hirnschäden erlitten hatte. Der Geschädigte hatte die Klage zunächst fälschlicherweise gegen die englische Vertriebsgesellschaft des Medikaments gerichtet. Als der Irrtum festgestellt wurde, war die Zehnjahresfrist für eine Produkthaftungsklage bereits verstrichen.

Das House of Lords hatte dem EuGH die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob ein zunächst gegen den falschen Beklagten eingeleitetes Verfahren auch den Lauf der Zehnjahresfrist gegenüber dem Hersteller unterbrechen kann. Der Kläger hatte in England zunächst das englische Unternehmen Aventis Pasteur MSD verklagt. Erst im Laufe des Verfahrens stellte Aventis Pasteur MSD klar, dass Hersteller des Impfstoffes die französische Muttergesellschaft Aventis Pasteur SA sei. Gegen diese war aber kein neues Verfahren mehr möglich, weil zum Zeitpunkt der Unterrichtung die Zehnjahresfrist eigentlich schon abgelaufen war. Der Kläger hat daher in dem schon laufenden Verfahren den Beklagten auswechseln lassen. Dieses Vorgehen hat der nun EuGH als zulässig bestätigt.

Nach Auffassung des EuGH darf die Zehnjahresfrist grundsätzlich nicht dadurch umgangen werden, dass aus einem Verfahren, das sich ursprünglich gegen ein anderes Unternehmen richtet, später noch der Hersteller in Anspruch genommen werden kann. Dies gilt aber nicht, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Klage sich zunächst gegen eine hundertprozentige Tochtergesellschaft gerichtet hat. Außerdem stellt der EuGH klar, dass eine Tochter­gesellschaft auch selbst als Hersteller in Anspruch genommen werden kann, sofern weder erkennbar war, wer der tatsächliche Hersteller ist, noch eine umgehende Klarstellung erfolgt.

Ansprechpartner: Dr. Sebastian Meyer, LL.M., Rechtsanwalt

Tel.: +49 (5 21) 9 65 35 22, Mail: sebastian.meyer@brandi.net

Pressekontakt: Patrizia Ferrara, Rechtsanwältin und Kanzleimanagerin, Wirtschaftsmediatorin

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