Clifford Chance: Elektromobilität und intelligente Netze

22.07.2010

München, 21. Juli 2010 – Auf einem von der Anwaltssozietät Clifford Chance kürzlich in München veranstalteten Industriegipfel sprachen Experten über die Rahmenbedingungen von Elektromobilität. Die Veranstaltung stieß auf reges Interesse der Teilnehmer aus den Bereichen Automobilhersteller, Zulieferer, Energieversorger, Batteriehersteller, chemische und Gase-Industrie, Systemanbieter, Elektroindustrie sowie Maschinen- und Anlagenbau.

Deutschland hat sich ehrgeizige Ziele zur Verringerung von CO2-Emissionen gesetzt. Vor diesem Hintergrund spielen Konzepte zur Einführung von Elektromobilität eine große Rolle. Zugleich bedeutet die großflächige Einführung von Elektrofahrzeugen eine technologische Zeitenwende im Verkehrsbereich. Die Bundesregierung hat deshalb im August 2009 einen nationalen Entwicklungsplan vorgestellt. Nach ihrer Einschätzung der Marktentwicklung für Elektrofahrzeuge werden bis zum Jahr 2020 mindestens eine Million Elektrofahrzeuge fahren. Deutschland soll – so das ehrgeizige Ziel – Leitmarkt und Leitanbieter für Elektromobilität werden. Dieses Ziel wurde auf dem Elektromobilitätsgipfel Anfang Mai 2010 bekräftigt. Clifford Chance arbeitet an der Gestaltung der Rahmenbedingungen aktiv mit, etwa in den entsprechenden Arbeitskreisen des BDI.

Zu Beginn der Veranstaltung gab Dr. Wolfgang Richter (Leiter der Gruppe Automotive, Clifford Chance, Frankfurt) eine Vorschau auf die Komplexität des Themas "Elektromobilität", das politische, technologische, regulatorische sowie öffentlich-rechtliche Fragestellungen umspanne. Zudem herrsche starker internationaler Wettbewerb.

Dr.-Ing. Christian Malorny von McKinsey & Company (Practice Leader Deutschland Automotive & Assembly) fasste die politischen Vorgaben zusammen und sprach über die Perspektiven von Elektromobilität in Deutschland. "Wenn man das Ziel – eine Verringerung der durchschnittlichen Erdtemperatur um 2 Grad Celsius bis 2050 – erreichen will, muss bereits 2035 der Anteil der Elektroautos in der Neuwagenflotte 70 Prozent betragen. 2020 wird der Anteil an Elektroautos schätzungsweise zwischen 1 und 9 Prozent betragen." Um die gewaltigen Herausforderungen bewältigen zu können, sei ein integriertes Vorgehen notwendig: "Projekt- und technologieorientierte Kooperationen sind die Zukunft. Die immensen Kosten, die die Umstellung auf Elektromobilität mit sich bringt, erzwingen eine Kooperationswirtschaft." Um Elektromobilität für den Verbraucher attraktiv zu machen, fehle derzeit noch die Emotionalität für das Produkt. Dazu benötige man eigens entwickelte Autos. Die Lösung werde nicht darin liegen, in einem verfügbaren Kleinwagen den Verbrennungsmotor gegen einen Elektromotor mit Batterie auszutauschen. Hier seien die Entwickler und Designer gefordert. "Das Elektroauto wird in Zukunft über den emotionalen Bezug funktionieren – so wie das iPhone im Bereich der Mobiltelefone."

Dr. Rupert Stützle von der Robert Bosch GmbH (Bereichsleiter für Elektrofahrzeug-Systeme) prognostizierte: "Der Verbrennungsmotor wird noch in den nächsten 20 Jahren im Automobil dominieren." Aber er wagte die Prognose darüber hinaus: "Perspektivisch werden alle Antriebe elektrisch sein." Die wesentlichen Herausforderungen lägen in der Technik und im Markt. Um aus Elektromobilität ein Erfolgsmodell zu machen laute "der Imperativ Nummer Eins: Alle Kosten runterbringen!".

Anwälte von Clifford Chance präsentierten anschließend die rechtlichen Rahmenbedingungen von Elektromobilität. Zunächst gaben Dr. Nicole Englisch (Corporate, München), Dr. Thomas Stohlmeier und Dr. Christian Vogel (beide Corporate, Düsseldorf) einen Überblick über die verschiedenen Kooperationsformen, die von reiner Forschungs- und Entwicklungszusammenarbeit über gemeinsame Vermarktungsanstrengungen bis hin zur Gründung von Gemeinschaftsunternehmen und sektorübergreifenden Kooperationen reichen.

Dr. Claudia Milbradt (IP-Recht, Düsseldorf) stellte die vertragliche Zuordnung in Kooperationsverträgen sowie Patentstrategien im Spannungsfeld zwischen Schutz eigener Technik und Schaffung eines Industriestandards vor. Mögliche Strategien seien hier zum Beispiel, die Inhaberschaft von Schlüsseltechnologien bzw. -patenten anzustreben oder eine Kontrolle der Technologie durch Lizenzvergabe zu erzielen.

Dr. Maximilian Emanuel Elspas (Energiewirtschaftsrecht, München) sprach über die ordnungsrechtlichen Aspekte des Themas Elektromobilität. Er machte deutlich, dass das Thema in engem Zusammenhang mit den internationalen und nationalen Klimaschutzzielen stehe und daher in den bestehenden Instrumentenmix zur Erreichung der Ziele sinnvoll integriert werden müsse. "Der Gesetzgeber ist hier an vielen Stellen gefordert klare Rahmenbedingungen und notwendige Anreize zu schaffen." Im Bereich der Energiewirtschaft gelte dies vor allem für den Auf- und Ausbau von intelligenten Netzen, die für einen weiteren Zubau von erneuerbaren und dezentralen Energieerzeugungsanlagen zwingend erforderlich seien. Klärungsbedürftig sei schließlich auch die Frage, wie die zu errichtenden Ladesäulen energiewirtschaftlich einzuordnen seien.

In der abschließenden Paneldiskussion unter Leitung von Georg Linde (Corporate, Frankfurt) diskutierten Dr. Erik Landeck (Geschäftsführer Vattenfall Europe Distribution Berlin GmbH und Vattenfall Europe Distribution Hamburg GmbH), Dr. Jörg Pohlman (Geschäftsführer SGL Automotive Carbon Fibers GmbH & Co. KG – einem Gemeinschaftsunternehmen von BMW und SGL) und Stefan Rentsch (TÜV Süd AG) über Geschäftsmodelle sowie die sinnvolle Vernetzung von Infrastruktur und Verkehrsträgern.

Dr. Landeck kündigte an, dass es einen Paradigmenwechsel geben werde. Elektromobilität könne sich als prägender Treiber für Smart Grids entwickeln und damit von uns allen ein Umdenken hinsichtlich unserer Strom-Nutzungsgewohnheiten fordern. Der Ladevorgang der Batterien in Elektroautos sei ein Thema mit viel Potential für intelligente Lösungen. Erste Lösungsansätze wie beispielsweise das gesteuerte Laden, mit dem die Korrelation des Ladevorgangs mit der Einspeisung regenerativer Energien optimiert werden kann, gebe es aber bereits. Dr. Pohlman sieht die Versorgung eher in privater Hand und wagte die Prognose: "Eine öffentliche Ladestruktur wird nicht nötig sein."

Bei allen Experten bestand Konsens über die Basisanforderung an den Elektroantrieb: Die Autos müssen leichter werden, um eine akzeptable Reichweite zu ermöglichen. Dr. Pohlman sagte: "Wir setzen auf Kohlenstofffaser." Stefan Rentsch unterstrich: "Die umfassende Sicherheit von Elektrofahrzeugen ist heute noch unzureichend standardisiert. Dies betrifft vor allem potenzielle Sicherheitslücken bei der Homologation und Zulassung von Elektrofahrzeugen. Auch im Bereich der zukünftigen Ladeinfrastruktur gibt es noch einige sicherheitsrelevante Aspekte zu betrachten und entsprechende Regelungen zu schaffen – z.B. im Bereich des induktiven Ladens von Elektrofahrzeugen. Generell gilt, dass auf Grund der rasanten technologischen Entwicklung rund um das Thema Elektromobilität heute in vielen Bereichen Handlungsbedarf besteht, Standards und Normen zu entwickeln bzw. bestehende Regelungen auf die neuen Anforderungen anzupassen. Hierbei sollte auf eine Koordinierung der Normungsaktivitäten zwischen den bestehenden nationalen und internationalen Gremien mit dem Ziel einer bedarfsgerechten Normung und der Vermeidung von Überschneidungen geachtet werden. Der TÜV-SÜD arbeitet national und international mit den Stakeholdern an entsprechenden Änderungen der relevanten Richtlinien für einen übergreifenden Normungsrahmen im Interesse der Hersteller und der Verbraucher“.

Alle Teilnehmer waren sich einig, dass Elektromobilität nicht länger eine Frage des Ob sei, sondern nur noch des Wie. An der Realisierung tragfähiger Konzepte für morgen arbeiten die Experten von heute mit Hochdruck. Die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, erfordert den Schulterschluss von Politik, Wirtschaft und Technik.

Verlagsadresse

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Aachener Straße 222

50931 Köln

Postanschrift

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Postfach 27 01 25

50508 Köln

Kontakt

T (0221) 400 88-99

F (0221) 400 88-77

info@rws-verlag.de

© 2024 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Erweiterte Suche

Seminare

Rubriken

Veranstaltungsarten

Zeitraum

Bücher

Rechtsgebiete

Reihen



Zeitschriften

Aktuell