DLA Piper erringt wegweisende Entscheidungen beim Bundesverwaltungsgericht im Streit um Sat.1-Lizenz

20.07.2020

20. Juli 2020 – DLA Piper hat für die ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH und für die Sat.1 SatellitenFernsehen GmbH im Streit mit der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK) und der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (LPR) einen Erfolg vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) errungen und zwei Grundsatzentscheidungen zu zentralen rundfunkrechtlichen Fragen erstritten.

In den zwei Revisionsverfahren ging es um die Frage, ob die der ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH durch die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) erteilte Zulassung für das bundesweite Fernsehvollprogramm SAT.1 rechtmäßig ist. Diese Neuzulassung ist unter der aufschiebenden Bedingung erteilt worden, dass die derzeitige Veranstalterin des Programms SAT.1, die Sat.1 SatellitenFernsehen GmbH, ihre 2008 von der LMK erteilte Zulassung zurückgibt.

Nachdem die Anfechtungsklagen der LMK und LPR Hessen in den Vorinstanzen erfolglos geblieben waren, hat nun auch das Bundesverwaltungsgericht die Revisionen der zwei Landesmedienanstalten zurückgewiesen. Im August letzten Jahres hatte das Bundesverwaltungsgericht bereits einen Eilantrag eines sog. Regionalfensterveranstalters abgelehnt. Im Ergebnis ist damit die der ProSiebenSat.1 TV Deutschland GmbH erteilte Zulassung bestätigt worden. Anders als die Berufungsinstanz hat das Bundesverwaltungsgericht bereits die Klagebefugnis der Landesmedienanstalten generell verneint; das Berufungsgericht hatte hier noch eine Klagebefugnis der LMK bejaht.

Das Bundesverwaltungsgericht hat jetzt entschieden, dass Klagen von Landesmedienanstalten gegen die Erteilung der Zulassung für ein bundesweites Fernsehprogramm durch eine andere Landesmedienanstalt unzulässig sind. Eine Landesmedienanstalt kann sich insoweit nicht auf eine wehrfähige Rechtsposition berufen. Eine solche folge für die Landesmedienanstalten weder aus dem Grundrecht der Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) noch aus einer „Letztverantwortung für die Rechtmäßigkeit der in ihrem Sendegebiet ausgestrahlten Rundfunkprogramme“.

Die Entscheidungen gelten als zentrale Weichenstellung für rundfunkrechtliche Fragen. Denn das Bundesverwaltungsgericht hatte in einer Entscheidung aus dem Jahr 1997 auf der Grundlage der damaligen Fassung des Rundfunkstaatsvertrages sowie mit Blick auf durch Art. 5 Abs. 1 GG ausgelöste staatliche Schutzpflichten noch eine solche Letztverantwortung der Landesmedienanstalten bestätigt und daraus deren Klagerecht hergeleitet. Hieran hält das Bundesverwaltungsgericht nun mit Blick auf den im Jahr 2008 in Kraft getretenen 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag nicht mehr fest. Vielmehr steht nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts die zwischenzeitlich geänderte einfach-rechtliche Ausgestaltung des Zulassungs- und Aufsichtsregimes der Annahme einer Letztverantwortung der einzelnen Landesmedienanstalten im Bereich der Zulassung bundesweiter Rundfunkveranstalter entgegen. Mit der Neuregelung war die Entscheidung über die Zulassung bundesweiter Rundfunkveranstalter gemeinsamen Organen der Landesmedienanstalten übertragen worden, insbesondere der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK), die bindend mit der Mehrheit ihrer gesetzlichen Mitglieder entscheiden.

Das Bundesverwaltungsgericht folgte auch nicht den von den klagenden Landesmedienanstalten geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die mit dem 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag eingeführte Neuorganisation der Medienaufsicht. Dass durch das geänderte Zulassungs- und Aufsichtsregime für bundesweiten Rundfunk die pluralistisch zusammengesetzten Beschlussgremien der Landesmedienanstalten einen erheblichen Bedeutungsverlust erfahren haben, ist sowohl mit den Vorgaben aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG als auch mit dem Bundesstaats- sowie dem Demokratieprinzip vereinbar.

DLA Piper-Partner und Prozessvertreter Dr. Michael Stulz-Herrnstadt sagt: "Mit den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Stück Rundfunkrechtsgeschichte geschrieben worden."

Das DLA Piper Team bestand aus Partner Dr. Michael Stulz-Herrnstadt, Senior Associate Fabian Jeschke und Associate Dr. Rabea Kjellsson (alle Öffentliches Wirtschaftsrecht/Medienrecht, Hamburg).

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