Dr. Hoffmann & Partner: Landgericht Kassel verurteilt Paratus AMC GmbH

07.03.2014

Banken haften im Falle eines „bewussten Augenverschließens“

Nürnberg, 06. März 2014. In einer bislang wenig beachteten Entscheidung vom 14.06.2013, 7 O 1103/09, stellte das Landgericht Kassel fest, dass sich die ehemalige GMAC-RFC Bank GmbH, die jetzt unter Paratus AMC GmbH firmiert, wegen einer Aufklärungspflichtverletzung schadensersatzpflichtig gemacht hat. Diese Entscheidung ist erneut eine richtige und konsequente Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Bereich der so genannten Schrottimmobilien. „Banken haften eben nicht nur, wenn sie von der sittenwidrigen Überteuerung der Immobilie positive Kenntnis hatten, sondern auch im Falle eines „bewussten Augenverschließens““, stellen Dr. Marcus Hoffmann und Mirko Göpfert, Partner der im Bank-, Kapitalanlage- und Immobilienrecht tätigen Kanzlei Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte aus Nürnberg klar.

Hintergrund des Gerichtsverfahrens war ein klassischer Neufall so genannter Schrottimmobilien: Der Kläger erwarb im Jahr 2005 eine Eigentumswohnung in Kassel zu einem Nettokaufpreis in Höhe von 71.757,00 Euro, die über die damalige GMAC-RFC Bank GmbH finanziert wurde. Nachdem der Anleger die Zahlungen auf das Darlehen eingestellt hatte, betrieb die GMAC-RFC Servicing GmbH, die jetzige Paratus AMC GmbH, die Zwangsvollstreckung.

Gegen die Zwangsvollstreckung setzte sich der Anleger gerichtlich mit dem Hauptargument zur Wehr, dass die Immobilie bereits im Erwerbszeitpunkt sittenwidrig überteuert war und die Bank hiervon Kenntnis hatte beziehungsweise bewusst vor dem Minderwert ihre „Augen verschloss““, erläutert der an dem Gerichtsverfahren beteiligte Rechtsanwalt Dr. Hoffmann.

Nachdem der gerichtlich bestellte Sachverständige in seinem Gutachten zu dem Ergebnis kam, dass die Immobilie tatsächlich nur einen Wert in Höhe von 32.000,00 Euro hatte, bestand an der Sittenwidrigkeit des finanzierten Kaufs kein Zweifel mehr. Nach ständiger Rechtsprechung genügt es bei Immobiliengeschäften, dass der abverlangte Kaufpreis knapp doppelt so hoch ist wie der tatsächliche Wert. „In dem durch das LG Kassel entschiedenen Fall betrug die Überteuerung sogar rund 124 Prozent“, ergänzt Rechtsanwalt Göpfert.

Im Prozess ist der Nachweis, dass die finanzierende Bank von der sittenwidrigen Überteuerung wusste, jedoch nur schwer zu führen. „Natürlich wird kein Bankmitarbeiter bestätigen, bewusst eine sittenwidrig überteuerte Immobilie finanziert zu haben“, wissen die Nürnberger Anwälte aus jahrelanger Prozesserfahrung. Dementsprechend ließ auch die Paratus AMC GmbH vortragen, dass sie von einem Wert ausgegangen sei, der nahezu dem Kaufpreis entsprach.

Dennoch bejahte das LG Kassel eine Schadensersatzhaftung wegen eines „bewussten Augenverschließens“. Die Zwangsvollstreckung wurde daher für unzulässig erklärt. Bereits in der mittlerweile mehrmals bestätigten Grundsatzentscheidung des BGH vom 29.04.2008, XI ZR 221/07, stellte der BGH klar, dass ein „bewusstes Augenverschließen“ der positiven Kenntnis unter bestimmten Voraussetzungen gleich stehen kann. „Finanzierende Banken dürfen also nicht einfach weg schauen“, bringt es Rechtsanwalt Göpfert, der das vorangegangene Berufungsverfahren vor dem OLG Nürnberg führte, auf den Punkt.

Das Landgericht setzt die Vorgaben des Bundesgerichtshofs in seiner aus Anlegersicht äußerst erfreulichen Entscheidung konsequent um. Es gilt, nach einer sorgsamen Aufarbeitung des jeweiligen Einzelfalls, möglichst zahlreiche Indizien für ein „bewusstes Augenverschließen“ zusammenzutragen. „Wenn ein Gerichtsgutachten die sittenwidrige Überteuerung objektiv bestätigt und weitere Umstände hinzutreten, kann bei konsequenter Anwendung der BGH-Rechtsprechung eine Schadensersatzhaftung der Banken in zahlreichen Fällen nicht von der Hand gewiesen werden“, fassen die Nürnberger Rechtsanwälte zusammen.

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