FPS Fritze Paul Seelig: EuGH verwirft die oft üblichen Tariftreue-Klauseln bei Vergaben

08.04.2008

FPS Fritze Paul Seelig

Öffentliche Auftraggeber können bei Vergabeverfahren von den Auftragneh-mern in der Regel keine Tariftreue mehr verlangen. Nach einer gerade veröffent-lichten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) ist dieses nur möglich, wenn der entsprechende Tarif-vertrag in dem Land, in dem der Auftrag ausgeführt wird, für allgemein verbind-lich erklärt wurde (EuGH vom 03.04.08, C-346/06). „Damit stellen die Richter in-zident klar, dass das Vergaberecht eben nicht dazu dient, allgemeine politische Ziele wie zum Beispiel die Verhinderung von Lohn-Dumping durchzusetzen“, re-sümiert Rechtsanwältin Aline Fritz von FPS Fritze Paul Seelig in Frankfurt, „das Urteil dürfte die gesamte bisherige Pra-xis in Deutschland auf den Kopf stellen – und Auswirkungen auf die Reform des Vergaberechts haben.“ Am 8. April fin-det in Berlin die erste Verbändeanhö-rung zum neuen GWB statt, in das nach Wunsch des Gesetzgebers in großem Umfang so genannte vergabefremde Kriterien eingeführt werden sollen.

Auslöser der Entscheidung ist das nie-dersächsische Landesvergabegesetz, nach dem Aufträge für Bauleistungen nur an solche Unternehmen vergeben werden dürfen, die sich schriftlich ver-pflichten, ihren Arbeitnehmern mindes-tens das tarifvertraglich vorgesehene Entgelt zu zahlen. Diese Pflicht müssen Auftragnehmer auch ihren Nachunter-nehmern auferlegen. Wer sich nicht daran hält, muss eine Vertragsstrafe zahlen. Über eine solche sollte das O-berlandesgericht Celle entscheiden. Es hatte jedoch Bedenken und legte dem EuGH die Frage vor, ob der freie Dienst-leistungsverkehr einer gesetzlichen Verpflichtung des Zuschlagsempfängers eines öffentlichen Bauauftrages, seinen Arbeitnehmern mindestens das tarifver-traglich vorgesehene Entgelt zu zahlen, entgegensteht.

Das Landesvergabegesetz ist unverein-bar mit der Gemeinschaftsrichtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern, entschied der EuGH. „Dabei kritisieren die Richter vor allem, dass die nieder-sächsischen Vorschriften die Tariftreue nicht nach den Modalitäten, die von der so genannten Entsenderichtlinie vorge-geben werden, festlegen“, erläutert Ver-gaberechtlerin Fritz, „und danach kön-nen nur unter bestimmten Vorausset-zungen Mindestlöhne vorgeschrieben werden.“

Die EuGH-Entscheidung betrifft Auf-tragsvergaben sowohl oberhalb als auch unterhalb der für Vergaben relevanten Schwellenwerte, da es um einen hiervon unabhängigen Verstoß gegen die Ent-senderichtlinie geht. Die Konsequenz: Tariftreue darf in Verbindung mit der Vergabe eines öffentlichen Auftrages jeglicher Größenordnung ab sofort nur noch dann verlangt werden, wenn der entsprechende Tarifvertrag allgemein verbindlich nach Maßgabe der Entsen-derichtlinie ist, er in der jeweiligen Regi-on also von allen Auftraggebern einzu-halten ist – egal ob es sich um öffentli-che oder private Bauaufträge handelt.

„Die Feststellungen des EuGH dürften erst recht gelten, wenn es in einem Bundesland überhaupt kein Tariftreue-gesetz gibt, sondern lediglich verwal-tungsinterne Vorschriften vergleichbare Reglungen vorsehen, wie es etwa bei Unterschwellenvergaben oft vorkommt“, betont Fritz. „Im Prinzip gehören jetzt al-le Vergabeverfahren, in denen Tarif-treue verlangt wird, auf den Prüfstand.“

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