Gleiss Lutz erstreitet für die AOK Hessen ein Grundsatzurteil zu Exklusivverträgen mit Apotheken über die Versorgung mit Krebsmedikamenten

27.11.2015

Der 3. Senat des Bundessozialgerichts hat am 25.11.2015 entschieden, dass die von der AOK Hessen ausgeschriebenen Verträge über die Direktbelieferung von onkologischen Praxen mit Zytostatikazubereitungen zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung mit einzelnen Apotheken exklusiv sind. Dadurch sind die übrigen Apotheken von der Versorgung ausgeschlossen.

Ein Apotheker hatte nach Inkrafttreten der von der AOK Hessen ausgeschriebenen Selektivverträge eine im selben Haus wie seine Apotheke gelegene onkologische Gemeinschaftspraxis weiterhin mit Zytostatikazubereitungen beliefert. Der Apotheker rechtfertigte dies mit einer schriftlichen Patientenerklärung gegenüber den behandelnden Ärzten, wonach sie die Versorgung aus seiner Apotheke wünschten. Damit hätten sie von ihrem Apothekenwahlrecht Gebrauch gemacht, welches auch im Sonderfall der Direktbelieferung von Arztpraxen mit Zytostatikazubereitungen bestehe. In erster Instanz hatte der klagende Apotheker vor dem Sozialgericht Darmstadt zunächst Erfolg.

Das Bundessozialgericht hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und der von Gleiss Lutz für die AOK Hessen eingelegten Sprungrevision vollumfänglich stattgegeben, weil die von der Krankenkasse auf der Grundlage von § 129 Abs. 5 Satz 3 SGB V öffentlich ausgeschriebenen Verträge exklusiv seien. Andernfalls könnten die vom Gesetzgeber angestrebten Preisvorteile nicht erzielt werden, da der Vertragspartner nur bei exklusiver Versorgungsberechtigung mit einer erhöhten Abgabemenge kalkulieren und niedrigere Preise anbieten könne. Ein Apothekenwahlrecht lehnte das Bundessozialgericht in der Entscheidung für den speziellen Bereich der Direktbelieferung von Arztpraxen mit Zytostatikazubereitungen - die toxisch und leicht verderblich sind und aus diesem Grund dem Patienten nicht ausgehändigt werden sollen - ab.

Die Entscheidung hat grundsätzliche Bedeutung für die Versorgung mit parenteralen Zubereitungen im Bereich der Onkologie und die zukünftige Versorgungsstruktur. In Hessen hatten sich zahlreiche Apotheker auf das Apothekenwahlrecht der Versicherten berufen und weiterhin zu deutlich höheren Preisen onkologische Praxen beliefert. Deshalb hatten mehrere Apotheken ihre Selektivverträge bereits außerordentlich gekündigt. Das Urteil des Bundessozialgerichts wird diese Entwicklung umkehren und zu einer deutlichen Verschärfung des Preiswettbewerbs unter den Apotheken und damit zugleich zu einer wirtschaftlicheren Zytostatikaversorgung beitragen.

Für die AOK Hessen waren im Sprungrevisionsverfahren ebenso wie bereits in erster Instanz Dr. Reimar Buchner (Partner) und Dr. Enno Burk (beide Healthcare, Berlin) tätig.

Verlagsadresse

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Aachener Straße 222

50931 Köln

Postanschrift

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Postfach 27 01 25

50508 Köln

Kontakt

T (0221) 400 88-99

F (0221) 400 88-77

info@rws-verlag.de

© 2024 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Erweiterte Suche

Seminare

Rubriken

Veranstaltungsarten

Zeitraum

Bücher

Rechtsgebiete

Reihen



Zeitschriften

Aktuell