Herbert Smith Freehills M&A Outlook 2024: Eine neue Normalität prägt den Transaktionsmarkt in Deutschland

28.02.2024

Das Transaktionsgeschehen in Deutschland bewegte sich 2023 abermals auf niedrigem Niveau. Sinkende Inflation und niedrigere Zinsen geben für 2024 allerdings Anlass zu vorsichtigem Optimismus auch angesichts weiterhin eingetrübter Konjunkturaussichten. Dies stellt die internationale Wirtschaftskanzlei Herbert Smith Freehills in ihrem „Global M&A Outlook 2024“ mit Blick auf den deutschen Markt fest.

Rückblick: der Transaktionsmarkt in Deutschland 2023

Etwas mehr als 2.100 Transaktionen mit einem Gesamtvolumen von über 57,6 Milliarden Euro verzeichnete der M&A-Markt in Deutschland 2023 – plus 3% nach Zahl der Deals gegenüber dem Vorjahr, doch gemessen an den Transaktionsvolumina noch immer kaum die Hälfte der im Jahr 2021 verzeichneten Höchstwerte. Anhaltende Inflation und hohe Finanzierungskosten verringerten den finanziellen Spielraum der Unternehmen und forcierten die Ausrichtung auf das Kerngeschäft. Ein prominentes Beispiel war der Verkauf mehrerer nicht zum Kerngeschäft gehörender Geschäftsbereiche durch die Deutsche Lufthansa, darunter das internationale Catering-Geschäft. 

Gleichzeitig trieben die Unternehmen strategische Initiativen in den Bereichen Digitalisierung und KI voran. So sorgte beispielsweise die Deutsche Börse AG mit ihrem 3,9 Milliarden Euro schweren Angebot für den dänischen Softwareanbieter Simcorp für den größten Outbound-Deal des Jahres. Den Spitzenplatz bei den M&A-Deals belegt der Verkauf von Viessmann Climate Solutions an Carrier für 12 Milliarden Euro, zugleich der größte Deal im Bereich Erneuerbare Energien in Europa. Tatsächlich war im Energiesektor weiterhin besonders hohe Aktivität zu verzeichnen. Dies galt sowohl im Hinblick auf strategisches Wachstum durch M&A als auch auf private Kapitalgeber, die deutsche Unternehmen ins Visier nahmen, um ihr Portfolio zur Bewältigung der Energiewende aufzustocken (z.B. Erwerb einer Minderheitsbeteiligung an Open Grid Europe durch Fluxys; Verkauf der Anteile am Industriegasspezialisten Messer durch CVC Capital Partners Fund an den singapurischen Staatsfonds GIC für geschätzte 2,2 Milliarden Euro). 

Gleichwohl blieb mit fast 30 % Anteil am gesamten Transaktionsvolumen der Technologiesektor führend (630 Transaktionen, 10,6 Milliarden Euro Transaktionsvolumen). Wesentlich dazu bei trug der Verkauf der Software AG an Silver Lake mit einem Volumen von 2,25 Milliarden Euro.

Rechtliche und regulatorische Trends 

Der regulatorische Rahmen für die Transaktionsbeteiligten gestaltete sich unverändert herausfordernd. Europäische und deutsche Wettbewerbsbehörden zeigen nach wie vor eine hohe Wachsamkeit bei der Prüfung und Durchsetzung kartellrechtlicher Vorschriften zum Schutz des freien Wettbewerbs in Schlüsselindustrien. Gleichzeitig nimmt die Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen (FDI) weiter zu. Die Prüf- und Eingriffsrechte der Behörden reichen mittlerweile so weit, dass Transaktionen sogar rückwirkend untersagt werden können. 

Mit der EU-Verordnung über ausländische Subventionen (FSR), die im Juli 2023 in Kraft trat, ist die EU-Kommission nicht zuletzt nun auch befugt, Finanzhilfen zu untersuchen, die Regierungen von Nicht-EU-Staaten an in der EU tätige Unternehmen mit einem EU-Umsatz von mindestens 500 Millionen Euro gewähren. Für Unternehmen bedeutet dies einen enormen Aufwand, Subventionen zu identifizieren und zu quantifizieren.

Aus Sicht der Transaktionspraxis verstärkte sich im Jahr 2023 ein weiteres Phänomen, wie Dr. Sönke Becker, Head of Corporate/M&A Germany bei Herbert Smith Freehills, bestätigt:

„Die Kluft zwischen den jeweiligen kommerziellen Erwartungen der Parteien ist in vielen Fällen gewachsen und erschwert die Preisfindung und -gestaltung. Mechanismen wie Kaufpreisstundungen oder klassische Earn-Out-Klauseln, aber auch ausgefeiltere, individuell zugeschnittene sonstige Vereinbarungen haben stark an Bedeutung gewonnen. Gleichfalls bekommen Umstrukturierungen im Vorfeld von Transaktionen auf Verkäuferseite eine deutlich höhere Aufmerksamkeit.“

Ausblick auf 2024 

2024 dürften aus Sicht der Transaktionsanwälte erneut internationale Investoren die wesentlichen Impulse im M&A-Geschäft in Deutschland setzen. 

„Ausländische Staatsfonds, Private-Equity- und Venture-Capital-Investoren verfügen nach wie vor über reichlich Kapital, das es zu verteilen gilt“, sagt Dr. Christian Johnen, Partner im Bereich Corporate/M&A bei Herbert Smith Freehills in Düsseldorf. Die verschärfte aufsichtsrechtliche Kontrolle und die immer komplexer werdende Regulierungslandschaft dürften zwar die Transaktionsdynamik mit Blick auf große M&A-Transaktionen ein Stück weit bremsen. Chancen können sich allerdings für Unternehmen ergeben, die ein größeres Volumen an mittelgroßen bis kleinen Transaktionen abwickeln und so zur Diversifizierung des Unternehmensportfolios beitragen können. 

„Wir erwarten, dass Private-Equity- und Risikokapital-Fonds diese Diversifizierungsmöglichkeiten nutzen werden“, sagt Sönke Becker und führt weiter aus:

„Nach unserem Eindruck sind Entscheidungsträger inzwischen wieder verhalten optimistischer, was die Marktentwicklung betrifft. Die Finanzierungskosten werden sich zwar wohl absehbar auf höherem Niveau festigen. Der Markt beginnt sich aber an die neuen Realitäten zu gewöhnen und stellt sich auf diese ein. Dies gilt bislang auch trotz der revidierten Konjunkturprognose der Bundesregierung.“

Bei aller Vorsicht, die angesichts der geopolitischen Lage und der Konjunkturaussichten weiterhin geboten ist, werden sich M&A-Akteure in 2024 nach Einschätzung der Anwälte auf strategische Akquisitionen in wichtigen Wachstumsbereichen wie vor allem Technologie und Energie konzentrieren: 

„Unternehmen werden sich durch Zukäufe und Fusionen den Zugang zu Software und KI-Anwendungen sichern, um Wettbewerbsvorteile zu heben. Auch die Energiewende und die von der EU angestrebte Energieunabhängigkeit werden die Marktentwicklung nachhaltig beeinflussen.“

Der komplette Herbert Smith Freehills Report „Global M&A Outlook 2024“ ist abrufbar unter diesem Link.

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