● Verfahren der besonderen Art: Gesetzliche Krankenkassen mussten als untypische Gläubiger auf Kundenseite dem Insolvenzplan für das Start-up zustimmen

● Gerloff Liebler im Prozess für komplexe insolvenzrechtliche Fragestellungen zuständig

München/Hamburg, 18. Oktober 2023 – Die Kanzleien Morgan, Lewis & Bockius LLP, Frankfurt, und Gerloff Liebler Rechtsanwälte, München, haben die Sidekick Health AB bei der Übernahme des Start-ups aidhere GmbH mit Sitz in Hamburg mittels Insolvenzplan erfolgreich beraten. Sidekick ist ein global agierender Anbieter digitaler Therapeutika mit Hauptsitz in Reykjavik (Island). aidhere, 2019 gegründet, bietet digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) an, also digitale Medizinprodukte wie SmartphoneApps, die Patienten bei der Behandlung von Erkrankungen unterstützen und von Ärzten auf Rezept verordnet werden können.

Die aidhere GmbH mit gut 130 Mitarbeitern hatte am 22. Mai 2023 beim Amtsgericht Hamburg Antrag auf Regelinsolvenz gestellt, das Verfahren wurde am 1. August 2023 eröffnet. aidhere war in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, weil in einem Schiedsverfahren die Vergütung der gesetzlichen Krankenkassen für die DiGA deutlich geringer angesetzt wurde als zuvor. Aus dem Schiedsspruch ergaben sich zudem Rückforderungen der Krankenkassen in Millionenhöhe. Zwar sind die Patienten, also die Nutzer der DiGA, die Endkunden von aidhere; die Zahlungen übernehmen aber die Kassen.

Aufgrund der Besonderheiten des Gesundheitssystems gab es für den Investoreneinstieg besondere Herausforderungen:

● Der Einstieg von Sidekick über den Weg eines Asset Deals schied von vornherein aus, da die medizinrechtlichen Zulassungen von aidhere nicht ohne Weiteres auf einen anderen Rechtsträger übertragbar waren. Deswegen musste der Investoreneinstieg über einen Insolvenzplan erfolgen.

● Bei der Plangestaltung und der Durchführung der Transaktion ergab sich einerseits die Schwierigkeit, eine Regelung zur angemessenen und möglichst zügigen Befriedigung der Rückforderungsansprüche der Krankenkassen zu finden, um deren Zustimmung zum Plan zu erreichen. Andererseits durfte die getroffene Regelung keinen negativen Einfluss auf den künftigen Businessplan von aidhere haben.

● Darüber hinaus musste Sidekick den Geschäftsbetrieb von aidhere im Insolvenzplanverfahren finanzieren, woraus sich weitere rechtliche Implikationen ergaben.

Sidekick wurde bei der Transaktion von Morgan, Lewis & Bockius in Frankfurt beraten. Gerloff Liebler war für die insolvenzrechtlichen Fragestellungen zuständig. Insolvenzverwalter war Rechtsanwalt Dr. Matthias Wolgast (Münzel & Böhm) aus Hamburg.

Rechtsanwalt Dr. Christian Schmitt, Gerloff Liebler Rechtsanwälte: „Das Insolvenzplanverfahren von aidhere war aus insolvenzrechtlicher Sicht mit komplexen Fragestellungen behaftet. Dies gilt insbesondere für die Rolle der gesetzlichen Krankenkassen als einem untypischen Insolvenzgläubiger auf Kundenseite. Umso mehr freue ich mich, dass das Start-up durch das gute Zusammenspiel aller Beteiligten am Ende Teil der Sidekick Gruppe werden konnte.“

Rechtsanwalt und Partner Dr. Joachim Heine (Morgan, Lewis & Bockius): „Wir freuen uns, dass wir Sidekick bei dieser wichtigen Transaktion für die weitere Expansion in Deutschland unterstützen durften. Die Transaktion zeigt die weltweit zunehmende Bedeutung von digitalen Gesundheitsanwendungen. Die Durchführung der Transaktion auf der Grundlage eines Insolvenzplans hat dazu verholfen, die Zukunft des Unternehmens und seiner Arbeitnehmer zu sichern. Wir beglückwünschen alle Beteiligten zum Erfolg dieser komplexen Transaktion.“

Team Gerloff Liebler
RA Dr. Christian Schmitt (operative Mandatsbearbeitung)
RA Benedikt Gatt (operative Mandatsbearbeitung)
RA und Partner Dr. Christian Gerloff (Supervision)

Team Morgan, Lewis & Bockius
RA und Partner Dr. Joachim Heine (Federführung)
RAin Dr. Chloé Lignier
RA Leon Rady