Rödl & Partner: Dilemma für Energieversorger: EuGH kippt Regelung zu Preisanpassung in Tarifkundenverträgen

24.10.2014

Nürnberg, 23.10.2014: Die Klauseln für Preisanpassungen in Energielieferverträgen für Tarifkunden in Deutschland sind unwirksam. Sie entsprechen nicht den europarechtlichen Anforderungen an die Transparenz für die Kunden. Es könne nicht sein, dass die Versorgungsunternehmen nach der derzeit geltenden Stromgrundversorgungsverordnung (StromGVV) nicht verpflichtet sind, dem Kunden Anlass, Voraussetzungen und Umfang einer Preisänderung spätestens dann offenzulegen, wenn dem Kunden die Änderung mitgeteilt wird. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in einem heute veröffentlichten Urteil entschieden (Az.: C-359/11 und C 400/11). Das Urteil hat weitreichende Folgen. Tarifkunden bzw. Grundversorgungskunden stellen heute mit einem Anteil von ca. 40 Prozent immer noch einen Großteil der Energiekunden. Sie beziehen ihren Strom über Standardverträge der Energieversorger.

Nachdem der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil vom 31.07.2013 (Az.: VIII ZR 162/09) bereits die sogenannte Leitbildrechtsprechung in Sonderkundenverträgen aufgegeben hatte, stehen die Energieversorger nun vor einem Dilemma. Weder für Sondervertragskunden noch für Tarifkunden besteht derzeit eine rechtssichere Grundlage für Preisanpassungen. „Das Chaos ist nun perfekt“, erklärt Christian Marthol, Rechtsanwalt und Partner im Bereich Energierecht von Rödl & Partner. „Die Politik muss jetzt schnell handeln. In einem Massengeschäft wie der Energieversorgung muss es verlässliche gesetzliche Grundlagen für die Erhöhung oder Senkung von Preisen geben. Alles andere ist weder praktikabel noch akzeptabel.“

Heike Viole, Rechtsanwältin im Bereich Energierecht von Rödl & Partner ergänzt: „In einigen Tagen soll eine Änderung der StromGVV in Kraft treten, um die Bedenken des EuGH auszuräumen. Es ist aber keinesfalls sicher, dass diese Änderungen den strengen Anforderungen des EuGH genügen werden.“

EuGH ermöglicht Rückzahlungsansprüche

Von einer weiteren Hiobsbotschaft bleiben die Energieversorger allerdings nicht verschont. Rückzahlungsansprüche für die Vergangenheit hat der EuGH nicht ausgeschlossen, die Entscheidung gilt auch für die Vergangenheit. „Damit werden die Versorger für die Versäumnisse der Politik in den letzten Jahren bestraft“, so Christian Marthol.

Hintergrund des Verfahrens ist die Klage von Verbrauchern gegen die Erhöhung ihrer Strom-Gaspreise durch die Technische Werke Schussental GmbH und Co. KG und die Stadtwerke Ahaus GmbH. Die Verträge mit den Versorgern hatten sie zwischen 2005 und 2008 abgeschlossen. Der Bundesgerichtshof hatte die Verfahren dem EuGH vorgelegt, da europarechtliche Grundsätze in Bezug auf den Verbraucherschutz berührt waren (Az.: VIII ZR 71/10 und VIII ZR 211/10).

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