Schultze & Braun: Wie politisch darf internationales Insolvenzrecht sein?

13.02.2009

Schultze & Braun

Die Insolvenzen der isländischen Geldinstitute Kaupthing Bank und Landesbanki

zeigen, wie sehr doch die Grenzen zwischen Politik und – eigentlich neutralem – Insolvenz-

und Wirtschaftsrecht fließend sind.

In beiden Fällen haben sich deutsche, britische und andere Anleger weltweit von den

attraktiven Zinsangeboten angezogen gefühlt und bei den Banken Spareinlagen beziehungsweise

Konten unterhalten. Beide Banken waren im Zuge der Finanzmarktkrise

in eine erhebliche Schieflage geraten und schließlich im Oktober 2008 zusammengebrochen.

Zum Schutz der cirka 300.000 britischen Anleger und Kunden der Landesbanki hat

sich die Regierung in London bemerkenswerterweise die Anti-Terrorismusgesetze,

die nach dem 11. September 2001 in Kraft gesetzt wurden, zu Nutze gemacht, um

die in Großbritannien belegenen Vermögenswerte von insgesamt 4 Milliarden GBP

zu beschlagnahmen. Die Maßnahme war durch den Wortlaut des entsprechenden

Gesetzes gedeckt, da man davon ausgehen durfte, dass die Pleite der Bank (auch)

geeignet war, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Vereinigten Königreiches

zu beeinträchtigen oder den Markt zu gefährden beziehungsweise Handlungen

voraussehbar waren, die das Vermögen britischer Staatsbürger gefährden konnten.

Geir Haarde, Ende Januar 2009 zurückgetretener Isländischer Premierminister, bezeichnete

die Anwendung des Terroristenbekämpfungsgesetzes als einen „unfriendly

act“ und entrüstete sich, dass man Nato-Partner so nicht behandeln dürfe. Damit

mag er nicht falsch liegen.

Der Status des Nato-Partners Deutschland spielte aber offenbar keine Rolle, als

Staatspräsident Olafur Ragnar Grimsson jetzt den 30.000 deutschen Anlegern eine

Absage erteilte, die ihnen durch die Pleite der Kaupthing Bank entstandenen Verluste,

zumindest in Teilen zu ersetzen. Diese an sich schon bemerkenswerte Aussage

des isländischen Staatsoberhauptes gewinnt eine zusätzliche Brisanz, da sie außerdem

eine Kehrtwende zu der kürzlichen Aussagen des Zwangsverwalters der Bank

ist, willens und in der Lage zu sein, mit den Auszahlungen zu beginnen.

„Eine derart signifikante Einmischung der Politik überrascht“, so Annerose Tashiro,

Rechtsanwältin, Partnerin bei Schultze & Braun und Leiterin der Internationalen Abteilung.

So ist es eine weltweit vertretene Überzeugung, dass die Funktionstüchtigkeit

und Berechenbarkeit des Insolvenzrechts zu den wesentlichen Voraussetzungen eines

globalen Marktes gehören. Die in den letzten Jahren verstärkt in Kraft gesetzten

internationalen und nationalen Abkommen und gesetzlichen Bestimmungen gehen

allesamt davon aus, dass Gläubiger in Insolvenzverfahren mit universellem Geltungsanspruch

gleich und unabhängig von ihrer Nationalität oder Herkunft behandelt

werden. Dieser Gedanke liegt der Europäischen Insolvenzverordnung zugrunde und

ist ebenso in Art. 13 des UNCITRAL Model Law, des Musterregulariums der United

Nations Commission on International Trade Law für grenzüberschreitende Insolvenzen,

manifestiert. Auch das deutsche – internationale – Insolvenzrecht diskriminiert

Gläubiger – selbstredend – nicht.

Wenn Politik so auf die weltweite Finanzmarktkrise reagiert, kann man nur hoffen,

dass zumindest die mit der Sache befassten Anwälte beziehungsweise Verwalter

einen kühlen Kopf bewahren.

Kontakt:

Pressesprecherin RAin Ronja Sebode, Mail: RSebode@schubra.de, Telefon: 07841/708-0

Pressemitteilung unter: www.schubra.de/de/presse/presseservice/index.php

Die Schultze & Braun GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft – Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

berät Unternehmen in der Krise in Sanierungs- und Restrukturierungsfragen

und zeigt gesunden Unternehmen vorbeugende, insolvenzvermeidende Maßnahmen

auf, außerdem wird die allgemeine Rechts- und Steuerberatung von Privatpersonen

und Unternehmen übernommen.

Verlagsadresse

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Aachener Straße 222

50931 Köln

Postanschrift

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Postfach 27 01 25

50508 Köln

Kontakt

T (0221) 400 88-99

F (0221) 400 88-77

info@rws-verlag.de

© 2024 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Erweiterte Suche

Seminare

Rubriken

Veranstaltungsarten

Zeitraum

Bücher

Rechtsgebiete

Reihen



Zeitschriften

Aktuell