von BOETTICHER Rechtsanwälte: Unternehmen müssen handeln - EuGH verbietet „Safe Harbor“-Datenübermittlungen in die USA

07.10.2015

Gerichtshof der Europäischen Union erklärt die „Safe Harbor“-Regeln zur Datenübermittlung in die USA für ungültig. Unternehmen müssen dringend handeln. Rechtsanwalt Matthias Bergt, von BOETTICHER Rechtsanwälte, erläutert die Entscheidung.

Berlin, 6. Oktober 2015. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die „Safe Harbor“-Regeln zur Datenübermittlung in die USA für ungültig erklärt (Urteil vom 6. Oktober 2015, Rs. C- 362/14). Unternehmen, die sich bisher auf „Safe Harbor“ verlassen haben, müssen nun reagieren. Aber auch darüber hinaus hat die Entscheidung enorme Auswirkungen auf die europäischen Bürger wie Unternehmen, erläutert Rechtsanwalt Matthias Bergt aus dem IT-Rechts-Team der Kanzlei von BOETTICHER:

„Bisher waren Übermittlungen personenbezogener Daten in die USA zulässig, wenn sich das USUnternehmen den „Safe Harbor“-Regeln unterworfen hat. So konnten Unternehmen auf relativ einfache Weise zum Beispiel Cloud-Services in den USA nutzen oder im Rahmen komplexer Outsourcing-Projekte ihre IT in die USA verlagern.

Der EuGH hat „Safe Harbor“ jedoch ohne Übergangsfrist für ungültig erklärt. Die schleswigholsteinische Aufsichtsbehörde hat bereits mitgeteilt, dass sie derzeit verschiedene Unternehmen im Hinblick auf „Safe Harbor“ prüfe und ein weiteres Vorgehen nur bis zum EuGH-Urteil zurückstelle.

Als alternative Erlaubnisnorm für Datenübermittlungen in „Drittstaaten“ wie die USA kommen nach einer Entscheidung der EU-Kommission die so genannten EU-Standardvertragsklauseln in Betracht. Diese können zwischen dem Auftraggeber in Europa und dem Auftragnehmer im Drittstaat vereinbart werden. Doch hat der EuGH festgestellt, dass Regelungen, die Geheimdiensten einen faktisch unbeschränkten Zugriff auf elektronische Kommunikation ermöglichen, mit den europäischen Grundrechten nicht vereinbar sind. Damit besteht das Risiko, dass auch die EUStandardvertragsklauseln eine Verletzung europäischer Datenschutzgrundsätze nicht ausräumen können, denn Verträge zwischen Unternehmen können naturgemäß nicht die Befugnisse von US-Behörden beschränken.

Bezüglich der Standardvertragsklauseln besteht allerdings in jedem Fall eine faktische Übergangsregelung: Der EuGH hat auch entschieden, dass nur er selbst eine Entscheidung der EU-Kommission für ungültig erklären kann. Bis also der EuGH eine entsprechende Entscheidung trifft, dürfte eine Berufung auf die Entscheidung der EU-Kommission weiter möglich bleiben. Es gibt noch weitere Möglichkeiten, rechtmäßig Daten in die USA zu transferieren, etwa verbindliche Unternehmensregeln (Binding Corporate Rules, BCR), die etliche Konzerne vereinbart haben. Diese sind von der EuGH-Entscheidung zunächst nicht betroffen. Eine weitere Möglichkeit sind Einzelfallgenehmigungen durch die Datenschutz-Aufsichtsbehörden, wobei nach dem EuGH-Urteil fraglich ist, wie oft diese künftig noch erteilt werden.

Von der aktuellen Entscheidung nicht betroffen sind Datenverarbeitungen in der EU oder dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), und zwar auch dann nicht, wenn die Server von USUnternehmen oder ihren Tochtergesellschaften betrieben werden. Ein europäisches Unternehmen kann daher auch nach dem EuGH-Urteil noch einen so genannten Auftragsdatenverarbeitungsvertrag mit einem US-Unternehmen schließen, wenn die Daten etwa in Irland verarbeitet werden. Hier haben die deutschen Aufsichtsbehörden zwar auch Bedenken angemeldet, aber uns ist kein Fall bekannt, in dem eine Behörde tatsächlich gegen einen solchen Vertrag vorgegangen wäre. Wichtig ist aber auch hier ein den gesetzlichen Anforderungen entsprechender Vertrag – sonst drohen Bußgelder von bis zu 50.000 Euro.“

Hintergrund: von BOETTICHER Rechtsanwälte ist eine mittelständische Kanzlei, die nationale und internationale Unternehmen umfassend in Fragen des Wirtschaftsrechts berät. Die Wirtschaftswoche (9.7.2012) zählt von BOETTICHER zu den 25 besten IT-Rechts-Kanzleien in Deutschland. Rechtsanwalt Matthias Bergt ist Mitglied der Praxisgruppe IT-Recht/Neue Medien bei von BOETTICHER. Schwerpunktmäßig berät er Unternehmen der IT-Branche, etwa Dienstleister sowie Hard- und Software-Hersteller. Zu seinen Mandanten gehören aber auch Betriebe sonstiger Branchen, die er vor allem in IT-, IP- und forschungsrechtlichen Fragen betreut. Er ist Autor zahlreicher Fachveröffentlichungen in den Bereichen IT-Recht/E-Commerce/Datenschutz, Wettbewerbsrecht und Urheberrecht und gefragter Referent.

Verlagsadresse

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Aachener Straße 222

50931 Köln

Postanschrift

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Postfach 27 01 25

50508 Köln

Kontakt

T (0221) 400 88-99

F (0221) 400 88-77

info@rws-verlag.de

© 2024 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG

Erweiterte Suche

Seminare

Rubriken

Veranstaltungsarten

Zeitraum

Bücher

Rechtsgebiete

Reihen



Zeitschriften

Aktuell