Whistleblowing Studie: #Metoo hat Meldesysteme verbessert – Wirkung der EU-Richtlinie lässt auf sich warten

12.10.2023

Die globale Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer stellt ihre neue internationale Umfrage zu Whistleblowing vor. Die Kanzlei befragte 2.500 Mitarbeitende in Großbritannien, den USA, Hongkong, Deutschland und Frankreich danach, wie sich ihre Haltung und Erfahrung zum Thema Whistleblowing seit der letzten Umfrage 2020 verändert hat. Wichtige Erkenntnisse sind:

 

54 Prozent der Befragten finden, dass sich ihre Unternehmen um den Hinweisgeberschutz stärker bemühen. Die ist ein Zuwachs von 13 Prozent verglichen zu 2020.

Die Befragten sind mit knapp 30 Prozent noch überzeugter davon, dass die #MeToo-Bewegung ihr Unternehmen dazu veranlasst hat, die Meldewege zu verbessern. Die Befragten fühlen sich freier als früher Hinweise zu melden, zweifeln allerdings mehr als 2020 noch daran, dass die #Metoo-Bewegung zu einem besseren Verständnis von unangemessenem Verhalten am Arbeitsplatz geführt hat.

 

Zweifel äußerten die Befragten auch, als es um die Frage ging, ob jeder Mitarbeitende wüsste, was im Falle eines Whistleblowing-Vorfalls genau zu tun ist. Deutschland und Frankreich bilden insofern das Schlusslicht. 25 Prozent aller Befragten glaubt, dass das Management auch nicht geschult genug für den Umgang mit einer Meldung ist, wobei starke nationale Unterschiede bestehen.

 

Das fehlende Wissen und Vertrauen haben Folgen. Denn die Daten zeigen, dass die Hinweise seit 2020 insgesamt zugenommen haben, vor allem aber als Meldung an die Behörden, Presse und soziale Medien. Diese Zahlen der Studie geben Details dazu:

 

Allein in Deutschland gaben 39 Prozent (damit acht Prozent mehr als 2020) an, in irgendeiner Form in Whistleblowing-Fälle involviert gewesen zu sein – ob z.B. als Hinweisgeber, Hinweisempfänger oder Beschuldigter. Betrachtet man alle Befragten, die bei Meldungen beteiligt waren, ist fast die Hälfte 24 Jahre alt oder jünger. Mit steigendem Alter sinkt die Beteiligung kontinuierlich.

 

Die Bereitschaft Fälle intern zu melden sinkt. Die Befragten würden direkt den Gang zu den Behörden und immer mehr die Veröffentlichung in den sozialen Medien bevorzugen. Letzterer Weg kommt für sie auch noch infrage als nachgelagerter Schritt, falls man nach einer internen Meldung mit dem Umgang nicht zufrieden war.

 

63 Prozent der Befragten wollen die Identität des Whistleblowers kennen. Umstritten ist aber die Frage, ob Whistleblowing finanziell belohnt werden sollte.

 

85 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass New Work auf lange Sicht einen Effekt auf Whistleblowing haben wird. Knapp 30 Prozent sind der Meinung, dass man von zu Hause aus unauffälliger melden kann und die Ferne zum Unternehmen dazu motivieren wird, sich eher an Behörden oder die sozialen Medien zu wenden. Weitere 30 Prozent glaubt allerdings, dass man im Homeoffice seltener Probleme überhaupt mitbekommt.

 

Für Unternehmen in Europa zeigen die aktuellen Daten, dass die EU-Whistleblowing-Richtlinie bisher nur begrenzte Auswirkungen hatte, obwohl sie als erster regionalen Whistleblowing-Rahmen weltweite Vorbildfunktion haben wollte. Die Wirkung der Richtlinie könnte noch auf sich warten lassen, da die meisten Mitgliedstaaten den ursprünglichen Umsetzungstermin Dezember 2021 verpasst haben. Mit der Umsetzung in Deutschland sind positive Effekte zu erwarten.

 

Dr. Moritz Pellmann, Partner im Bereich Investigations & Compliance bei Freshfields: „Nur wenn die Mitarbeiter Vertrauen in die internen Meldestellen und den internen Aufklärungsprozess haben, werden sie die internen Meldewege nutzen und die Ergebnisse akzeptieren. Andernfalls verliert das Unternehmen die Kontrolle über die Aufklärung etwaiger Missstände. Daher müssen Unternehmen sicherstellen, dass sie ihre Mitarbeiter regelmäßig schulen und die internen Meldekanäle flächendeckend und transparent kommunizieren.“

 

Dr. Eva-Maria Schwarzer, Principal Associate im Bereich Arbeitsrecht bei Freshfields: „Es ist vor allem die junge Generation, die die Speak-up-Kultur einfordert und auch auslebt. Das lässt sich für Personalabteilungen auch wie folgt interpretieren: Bewerber werden bei ihrer Entscheidung für oder gegen ein Unternehmen die glaubwürdige Offenheit für Kritik genauso in die Waagschale werfen wie Angebote für Work-Life-Balance oder das ESG-Engagement. Wer das Thema Whistleblowing nicht ernst nimmt, wird beim Recruiting am Ende den Nachteil haben.“

 

Dies ist die vierte Ausgabe der Freshfields Whistleblowing-Umfrage. Weitere Informationen über die diesjährige Studie finden Sie hier.

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