Witt Nittel: BGH sieht betrügerisch überhöhte Mietpoolausschüttungen und arglistige Täuschung „Tür zum Erfolg für geschädigte Badenia-Anleger weit offen“

26.03.2007

Witt Nittel

- Heidelberg, den 23. März 2007 – „Die Entscheidung des BGH vom 20. März 2007 war für die Badenia ein Phyrrussieg,“ meint der Heidelberger Rechtsanwalt Mathias Nittel. Unerwartet deutlich sei für alle Beobachter die Stellungnahme von Gerd Nobbe, dem Vorsitzenden des Bankensenats des Bundesgerichtshofs (BGH) ausgefallen. Er sprach von "Betrug" und "arglistiger Täuschung" im Zusammenhang mit dem Verkauf so genannter Schrottimmobilien.

Für Anwalt Nittel hat die Entscheidung „für die Käufer von Badenia-Schrottimmobilien die Türe zu einer rechtlichen Lösung ihrer Probleme weit aufgestoßen“. Allerdings werde es auch jetzt keine pauschalen Lösungen geben. In jedem der rund 7.000 Einzelfälle von Badenia-Schrottimmobilien müsse nun der Nachweis dafür geführt werden, dass der jeweilige Anleger offensichtlich arglistig getäuscht wurde, in dem ihm über die Ausschüttungen des Mietpools unzutreffende Angaben gemacht wurden. Die Badenia werde dann zu beweisen haben, dass sie davon keine Kenntnis gehabt habe.

Dass das Urteil dennoch aufgehoben und der Rechtsstreit zur Neuverhandlung an das OLG Karlsruhe zurück verwiesen wurde, sei, so Anwalt Nittel, letztlich in einer Rechtsprechungsänderung des BGH vom 16. Mai 2006 begründet. Danach können sich die Anleger in Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objekts unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen eine Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des Fondsprospekts über das Anlageobjekt berufen. Die Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen Täuschung wird dabei widerleglich vermutet wenn die Täuschung nach den Umständen des Falles evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen.

Die Badenia, viertgrößte Bausparkasse Deutschlands, hat bei Vertrieb und Finanzierung der „Schrottimmobilien“, wie der Vorsitzende Richter Nobbe ausführte, eng mit der Dortmunder Vertriebsgesellschaft Heinen & Biege zusammengearbeitet, so dass eine institutionalisierte Zusammenarbeit hier uneingeschränkt zu bejahen sei.

Die Besonderheit der Badenia-Fälle sind so genannte Mietpools für größere Wohnanlagen. Alle Mieten flossen in einen Pool, sodass die Eigentümer gemeinsam für das Risiko hafteten, wenn einzelne Wohnungen nicht vermietet werden konnten. Grundsätzlich hat ein derartiger Mietpool für Banken und Anleger Vorteile, betonte der BGH, so dass der verpflichtende Beitritt zu einem Mietpool grundsätzlich keinen besonders aufklärungsbedürftigen Umstand darstellt. Aufklärungspflichten der finanzierenden Bank können sich in diesem Zusammenhang allerdings bei Hinzutreten spezifischer Risiken des konkreten Mietpools ergeben. Dies kann etwa in Betracht kommen,

§ wenn sie den Beitritt in Kenntnis einer bereits bestehenden Überschuldung des konkreten Mietpools verlangt

§ oder in Kenntnis des Umstands, dass dem konkreten Mietpool Darlehen gewährt wurden, für die die Anleger als Poolmitglieder haften müssen,

§ oder in Kenntnis des Umstands, dass an die Poolmitglieder überhöhte Ausschüttungen ausbezahlt werden, die ihnen einen falschen Eindruck von der Rentabilität und Finanzierbarkeit der Anlage vermitteln.

Die letztgenannte Fallgruppe ist nach den Feststellungen des BGH in dem entschiedenen Fall gegeben: Mit offensichtlich betrügerisch überhöhten Mietpoolausschüttungen, die ihr versprochen wurden, sei die Klägerin über die fehlende Rentabilität der zu verkaufenden Wohnanlage getäuscht worden, erklärte der Vorsitzende Richter Nobbe.

Nach Einschätzung von Rechtsanwalt Nittel „sind die meisten Mietpools, die bei von Heinen & Biege vertriebenen Wohnungen mit verkauft wurden, auf diese Weise angreifbar“. „Die geschädigten Anleger haben durch diese richtungweisenden Feststellungen des BGH eine wirkliche Perspektive auf Erfolg.“

Aufgrund des institutionalisierten Zusammenwirkens zwischen Badenia und Heinen & Biege ist im Einklang mit der Entscheidung des BGH vom 16. Mai 2006 widerleglich zu vermuten, dass der Badenia diese arglistige Täuschung der klagenden Anlegerin bekannt war. Damit hätte sie die Anlegerin über diese offensichtliche Täuschung aufklären müssen. Da die Aufklärung unterblieben ist, haftet die Badenia auf Schadenersatz.

Da die Badenia aber im Verfahren vor dem OLG Karlsruhe vorgetragen hatte, sie habe keine Kenntnis über die überhöhten Mietpoolausschüttungen gehabt und hierfür als Zeugen unter anderem ihren ehemaligen Finanzvorstand Elmar A. angeboten hat, hätte das Gericht diesem Beweisangebot nachgehen und die Zeugen vernehmen müssen. Dies wird das OLG Karlsruhe nun nachzuholen haben.

Die Chancen der Badenia, den Beweis dafür zu führen, dass sie von der Täuschung der Anleger durch den überhöhten Ansatz von Mietpoolausschüttungen keine Kenntnis hatte, hält offensichtlich auch Richter Nobbe für äußerst gering. Bei der Verkündung seiner Entscheidung sagte er dazu: "Es wird für die Badenia sicherlich nicht leicht, ihre Unkenntnis zu beweisen. Die Akten lesen sich wie ein Wirtschaftskrimi."

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