AG Köln: Keine Pflicht zur Glaubhaftmachung des Eröffnungsgrunds bei Eigenantrag des Schuldners

13.05.2009

InsO §§ 4, 17 f.; ZPO § 253

Keine Pflicht zur Glaubhaftmachung des Eröffnungsgrunds bei Eigenantrag des Schuldners

AG Köln, Beschl. v. 25. 3. 2008 – 73 IN 227/07

Leitsätze der Redaktion:

1. Der Schuldner muss in einem Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Eröffnungsgrund substanziiert und nachvollziehbar darlegen. Erforderlich – aber auch genügend – ist die Mitteilung von Tatsachen, welche die wesentlichen Merkmale eines Eröffnungsgrundes i.S.v. §§ 17 f. InsO erkennen lassen.

2. Der Schuldner muss den Eröffnungsgrund nicht glaubhaft machen.

Gründe:

Der Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist mangels substanziierter, nachvollziehbarer Darlegung eines Eröffnungsgrundes unzulässig. Mit der Antragsschrift vom 18.5.2007 ist lediglich, aber immerhin vorgebracht worden, es bestünden bestimmte Forderungen zu etwa 1,5 Mio. € und es sei bestimmtes Vermögen, nämlich eine werterschöpfend beliehene Immobilie und drei verpfändete Lebensversicherungen vorhanden. Weitere Angaben fehlen.

Das Gericht hat deshalb mit Zwischenverfügung vom 21.2.2008 deutlichen und umfassenden Hinweis erteilt und unter Übermittlung des Regelanhörungsbogens Frist zu substanziiertem Vortrag auf eine Woche ab Zugang des Hinweises gesetzt. Das Antragsvorbringen ist jedoch nicht ergänzt worden. Der bisherige Vortrag genügt den Darlegungsobliegenheiten indes nicht.

Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH ZIP 2003, 358, 359, dazu EWiR 2003, 589 (Gundlach/Frenzel)) ist für die Zulässigkeit eines Eröffnungsantrags des Schuldners zum einen erforderlich, dass er ernsthaft auf Eröffnung gerichtet ist und nicht sachfremden Zwecken dient (AG Dresden ZIP 2002, 862; MünchKomm-Schmahl, InsO, § 13 Rz. 87; Schmahl, ZIP 2009, Seite 823EWiR 2002, 721, 722; vgl. ferner Kirchhof, in: HK-InsO, 2. Aufl., § 14 Rz. 20 f.).

Zum andern ist entsprechend § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 4 InsO zu verlangen, dass der Schuldner einen Eröffnungsgrund in substanziierter, nachvollziehbarer Form darlegt. Erforderlich – aber auch genügend – ist die Mitteilung von Tatsachen, welche die wesentlichen Merkmale eines Eröffnungsgrundes i.S.v. §§ 17 f. InsO erkennen lassen (Kirchhof, a.a.O., § 13 Rz. 18; Schmidt, EWiR 2002, 767).

Das Antragsvorbringen muss bei natürlichen Personen auch die Wahl der richtigen Verfahrensart deutlich machen, § 304 InsO.

Die tatsächlichen Angaben müssen sodann die Finanzlage des Schuldners, also nicht nur seine Schulden, sondern auch dessen Fähigkeit, die Zahlungspflichten zu erfüllen, sowie bei juristischen Personen auch den Umstand, ob das schuldnerische Vermögen die Verbindlichkeiten deckt, nachvollziehbar darstellen, ohne dass sich daraus bei zutreffender Rechtsanwendung schon das Vorliegen eines Eröffnungsgrundes ergeben muss; eine Schlüssigkeit im technischen Sinne ist nicht vorauszusetzen (a.A. LG Potsdam ZVI 2002, 364 = DZWIR 2002, 390; Vallender, MDR 1999, 280, 281; wohl auch Uhlenbruck, InVo 1999, 333, 334). Der Schuldner muss – wie sich im Umkehrschluss aus § 14 Abs. 1 InsO ergibt – den Eröffnungsgrund nicht glaubhaft machen (Kirchhof, a.a.O., § 14 Rz. 20 f.).

Die etwa einen Eröffnungsgrund ausfüllenden Tatsachen sind indes auch nicht von Amts wegen zu ermitteln. Im Zulassungsverfahren besteht noch keine Amtsermittlungspflicht gem. § 5 InsO (BGH ZIP 2003, 358; AG Dresden ZIP 2002, 862; MünchKomm-Ganter, InsO, § 5 Rz. 13; MünchKomm-Schmahl, a.a.O., § 13 Rz. 88; Kirchhof, a.a.O., § 14 Rz. 22). Diese greift erst ein, wenn ein zulässiger Eröffnungsantrag vorliegt. Genügt ein Antrag den oben beschriebenen Mindesterfordernissen nicht, hat das Insolvenzgericht den Schuldner auf den Mangel hinzuweisen und eine Frist zu dessen Behebung zu setzen; nach fruchtlosem Ablauf darf – und muss – es den Antrag als unzulässig zurückweisen (BGH ZIP 2003, 358; AG Dresden ZIP 2002, 862; MünchKomm-Schmahl, a.a.O., § 13 Rz. 96 und § 20 Rz. 18 f.; im Ergebnis ebenso Wimmer/Schmerbach, InsO, 3. Aufl., § 20 Rz. 3; a.A. Kübler/Prütting/Pape, InsO, § 20 Rz. 8a; Smid, InsO, 2. Aufl., § 20 Rz. 20). Das gebietet auch der Schutz der Gläubiger vor unberechtigten Eigenanträgen, die Vollstreckungsversuche mit Unsicherheiten wegen der Vollstreckungssperre des § 88 InsO belasten (vgl. hierzu auch Kübler/Prütting/Pape, a.a.O., § 13 Rz. 11).

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