BGH: Verfügungsbefugnis des Gesellschafters im Außenverhältnis bei Einbringung einer Sache nur dem Werte nach

30.09.2009

BGB §§ 706, 732

Verfügungsbefugnis des Gesellschafters im Außenverhältnis bei Einbringung einer Sache nur dem Werte nach

BGH, Beschl. v. 15. 6. 2009 – II ZR 242/08

Leitsätze des Gerichts:

1. Die Einbringung einer Sache dem Werte nach (quoad sortem) begründet nur die schuldrechtliche Verpflichtung des Gesellschafters, die Sache der Gesellschaft so zur Verfügung zu stellen, als ob sie Gesellschaftsvermögen wäre. Sie lässt jedoch die dingliche Rechtsstellung des Gesellschafters und seine Verfügungsbefugnis im Außenverhältnis unberührt (vgl. Senatsurt. v. 25.3.1965 – II ZR 203/62, WM 1965, 744, 745).

2. Die Einbringung einer Sache quoad sortem entfaltet keine Rechtswirkungen gegenüber einem Dritten, der nur das Eigentum des Gesellschafters an der Sache erworben hat, ohne zugleich dessen Gesellschafterstellung zu übernehmen.

Gründe:

[1]  I. Das Berufungsgericht hat die Revision zu Unrecht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Die Revision des Klägers hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

[2]  1. Klärungsbedürftige Grundsatzfragen stellen sich nicht.

[3]  a) Die Beantwortung der vom Berufungsgericht möglicherweise für zulassungsrelevant erachteten Frage, ob in der Liquidation einer GbR ein Gesellschafter, der eine Sache dem Werte nach in die Gesellschaft eingebracht hat, diese an die Gesellschaft übertragen muss und hierfür eine Abfindung erhält oder ob er die Sache zurückerhält und nur ihr Wert als Negativposten von seinem Kapitalkonto in Abzug zu bringen ist, ist – wie das Berufungsgericht selbst gesehen hat – nicht entscheidungserheblich. Ein derartiger Fall ist hier nicht zu beurteilen. Schon dem Wortlaut des – im Prozessrechtsverhältnis zur Beklagten gestellten – Antrags, „hilfsweise festzustellen, dass dem Kläger auch der ideelle Miteigentumsanteil des Herrn A.R., ..., wertmäßig allein zusteht“, ist eindeutig zu entnehmen, dass der Kläger seine Berechtigung an dem Grundstücksanteil – anders als die Revision nunmehr geltend macht – nicht im Verhältnis zu dem früheren Mitgesellschafter und Miteigentümer R., sondern zur Beklagten festgestellt haben möchte, die nach den – von der Revision unbeanstandet gebliebenen – Feststellungen des Berufungsgerichts das von Herrn R. dem Werte nach in die Gesellschaft eingebrachte Bruchteilseigentum an dem Grundstück zwischenzeitlich wirksam erworben hat. Nur dieses Verständnis des Feststellungsantrags stimmt mit dem Vorbringen des Klägers, der in den Vorinstanzen von der Beklagten noch im Hauptantrag Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs verlangt hatte, überein, die Beklagte habe jedenfalls das Miteigentum nicht frei von der gesellschaftlichen Einbindung erwerben können, weshalb ihm und nicht der Beklagten auch der auf diesen Grundstücksanteil entfallende Teilungsversteigerungserlös allein zustehe.

[4]  Für die beantragte Feststellung, dem Kläger stehe im Verhältnis zur Beklagten der Wert des ideellen Miteigentumsanteils allein zu, kommt es jedoch auf die Frage, welche Rechte der Kläger nach Beendigung der Gesellschaft durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Herrn R. und der – revisionsrechtlich zu unterstellenden – Ausübung des gesellschaftsvertraglichen Übernahmerechts aus der Einbringung des Grundstücksanteils dem Werte nach gegen seinen früheren Mitgesellschafter R. herleiten kann, nicht an. Die Einbringung einer Sache dem Werte nach begründet nur die schuldrechtliche Verpflichtung des einbringenden Gesellschafters, diese der Gesellschaft so zur Verfügung zu stellen, als ob sie Gesellschaftsvermögen wäre. Sie lässt jedoch die dingliche Rechtsstellung des Gesellschafters und seine Verfügungsbefugnis im Außenverhältnis unberührt (Senatsurt. v. 25.3.1965 – II ZR 203/62, WM 1965, 744, 745; MünchKomm-Ulmer/Schäfer, BGB, 5. Aufl., § 706 Rz. 12). Dementsprechend entfaltet sie keine Rechtswirkungen gegenüber einem Dritten, der – wie die Beklagte – von dem Gesellschafter nur das (Mit-)Eigentum an der Sache erworben hat, ohne dessen Gesellschafterstellung zu übernehmen.

[5]  b) Auch sonstige Zulassungsgründe liegen nicht vor. Insbesondere besteht keine Divergenz zur ständigen Rechtsprechung des BGH, nach der unter bestimmten Voraussetzungen auch ein Rechtsverhältnis zwischen einer Partei und einem Dritten Gegenstand einer Feststellungsklage sein kann (vgl. z.B. Senatsurt. v. 18.3.1993 – II ZR 10/95, WM 1996, 1004; Senatsurt. v. 18.10.1993 – II ZR 171/92, ZIP 1994, 135, 136, dazu EWiR 1994, 405 (Kowalski); Senat BGHZ 83, 122, 125 = ZIP 1982, 568 – Holzmüller; BGHZ 123, 44, 46). Denn der Kläger will kein Rechtsverhältnis gegenüber einem Dritten, sondern seine Alleinberechtigung an dem Grundstücksanteil gegenüber der Beklagten festgestellt haben.

[6]  2. Die Revision hat keine Aussicht auf Erfolg.

[7]  Das Berufungsgericht hat den Feststellungsantrag zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die Beklagte hat – wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler festgestellt hat – das Miteigentum an dem von Herrn R. dem Werte nach in die Gesellschaft eingebrachten Grundstücksanteil wirksam erworben, ohne zugleich dessen Gesellschafterstellung zu übernehmen. Dementsprechend hat sie das Miteigentum an dem Grundstück unbelastet von der – den Gesellschafter R. treffenden – Verpflichtung erworben, der Gesellschaft den Grundstücksanteil wertmäßig zu überlassen.

[8]  II. Da die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. oben I 2), ist der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abzulehnen.

[9]  III. Der Streitwert bemisst sich nach dem vom Berufungsgericht angenommenen Wert des Grundstücksanteils (195.000 €) abzüglich eines Abschlags von 20 % für den Feststellungsantrag, der allein Gegenstand des Revisionsverfahrens ist.

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