BGH: Vertragliches Sondernutzungsrecht einzelner Miteigentümer an Gebrauchsvorteilen des gemeinsamen Grundstücks

02.04.2009

BGB §§ 743, 745

Vertragliches Sondernutzungsrecht einzelner Miteigentümer an Gebrauchsvorteilen des gemeinsamen Grundstücks

BGH, Beschl. v. 20. 10. 2008 – II ZR 246/07

Leitsätze des Gerichts:

1. Das Nutzungsrecht ist kein wesentlicher Bestandteil des Eigentums und damit einer schuldrechtlichen Sondervereinbarung zugänglich (Bestätigung Senatsurt. v. 8.12.1997 – II ZR 203/96, ZIP 1998, 384 f.).

2. Die Gebrauchsvorteile eines im Miteigentum stehenden Grundstücks (hier: Mietzins aus der Vermietung von Stellplätzen) stehen den Teilhabern aufgrund ihrer Mitberechtigung nur dann gemeinsam zu, wenn die Nutzungen mit dem Grundstück verbunden und nicht aufgrund einer Sondervereinbarung einzelnen Miteigentümern als Sondernutzungsrecht zugewiesen sind. § 743 Abs. 1 BGB garantiert nur die Beteiligung an vorhandenen Nutzungen.

Gründe:

[1]

 Zulassungsgründe liegen nicht vor; die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

[2]

 1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt der von ihm formulierten Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung zu. Es steht außer Streit und ist deshalb schon nicht klärungsbedürftig, dass innerhalb einer Bruchteilsgemeinschaft in den Grenzen des § 745 Abs. 3 BGB durch Mehrheitsbeschluss ZIP 2009, Seite 516der Teilhaber Sondernutzungsrechte für einzelne Teilhaber begründet werden können (siehe insoweit nur BGH, Urt. v. 17.4.1953 – V ZR 58/52, NJW 1953, 1427; Staudinger/Langhein, BGB, 2002, § 743 Rz. 40, § 745 Rz. 14; MünchKomm-K. Schmidt, BGB, 4. Aufl., §§ 744, 745 Rz. 24).

[3]

 Der Rechtsstreit wirft auch im Übrigen keine Rechtsfragen auf, die die Zulassung der Revision rechtfertigen würden, und beruht nicht auf einem Verfahrensverstoß zu Lasten der Kläger.

[4]

 2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

[5]

 Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass den Klägern gegen die Beklagte kein Anspruch auf Abrechnung über die Verwaltung des Flurstücks 1180 und Auskehrung eines sich daraus ergebenden Verwaltungsüberschusses sowie auf Zahlung von 1.628,19 € zusteht. Der Anspruch der Kläger scheitert bereits daran, dass ihnen kein Nutzungsrecht an dem Flurstück zusteht. Fehlt es an dem Nutzungsrecht, hat die Beklagte über die ihr allein zustehenden Nutzungen keine Abrechnung zu erteilen und vor allem keinen Überschuss auszukehren, da sich ein solcher zu Gunsten der Kläger nicht ergeben kann. Dies führt zur Unbegründetheit der Stufenklage und des Zahlungsanspruchs.

[6]

 a) Zwar besagt § 743 BGB, dass die Früchte und die Gebrauchsvorteile des im Miteigentum (u.a. der Kläger) stehenden Grundstücks, worunter der aus der Vermietung der Stellplätze erzielte Mietzins fällt, den Teilhabern aufgrund ihrer Mitberechtigung gemeinsam zustehen. Dass mit dem im Miteigentum stehenden Grundstück Nutzungen verbunden sind, wird jedoch in § 743 BGB nicht geregelt, sondern vorausgesetzt (Staudinger/Langhein, a.a.O., § 743 Rz. 1), denn § 743 Abs. 1 BGB garantiert nur die Beteiligung an vorhandenen Nutzungen (MünchKomm-K. Schmidt, a.a.O., § 743 Rz. 4).

[7]

 b) Hier ist aufgrund der Vereinbarungen in den zwischen den Klägern und der Beklagten geschlossenen Kaufverträgen, mit denen sie das Bruchteilseigentum an dem Flurstück 1180 erworben haben, das Nutzungsrecht an dem Flurstück nicht mitübertragen worden, sondern gem. § 7 Abs. 3 des jeweiligen Kaufvertrages bei der Beklagten verblieben.

[8]

 Eine derartige vertragliche Vereinbarung widerspricht entgegen der Ansicht der Revision nicht dem abgeschlossenen Katalog des Sachenrechts, da sich an der dinglichen Zuordnung des Eigentums durch die rein schuldrechtliche Vereinbarung, das Nutzungsrecht bei der veräußernden Beklagten zu belassen, nichts geändert hat. Auch sonst gibt es keine zwingenden gesetzlichen Vorschriften, die eine derartige Vereinbarung ausschließen. Das Nutzungsrecht ist kein wesentlicher Bestandteil des Eigentums und damit einer schuldrechtlichen Sondervereinbarung zugänglich (siehe nur Senatsurt. v. 8.12.1997 – II ZR 203/96, ZIP 1998, 384 f.). Es war der Beklagten daher unbenommen, das Nutzungsrecht, wie bei anderen Erwerbern geschehen, zusätzlich zu den Miteigentumsanteilen gesondert zu einem dafür ausgewiesenen Kaufpreis zu veräußern, und, soweit der Erwerb des Nutzungsrechts von den Grundstückskäufern – wie den Klägern – wegen des damit verbundenen erhöhten Kaufpreises nicht gewünscht war, dieses zu behalten und in ihrem eigenen wirtschaftlichen Interesse durch Vermietung der Stellplätze zu realisieren.

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