Højesteret (Oberster Gerichtshof Dänemarks): Zur Weitergabe von Insiderinformationen durch den Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsrat einer dänischen Gesellschaft an den Gewerkschaftsvorsitzenden („Grøngaard und Bang“)

12.08.2009

Dänisches WpHG § 36

Zur Weitergabe von Insiderinformationen durch den Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsrat einer dänischen Gesellschaft an den Gewerkschaftsvorsitzenden („Grøngaard und Bang“)

Højesteret (Oberster Gerichtshof Dänemarks), Urt. v. 14. 5. 2009 – 219/2008

Leitsatz der Redaktion:

Ein von den Arbeitnehmern gewähltes Mitglied des Verwaltungsrats einer Gesellschaft hat grundsätzlich die Möglichkeit, Fragen zu einer Fusion, die für die Beschäftigten von wesentlicher Bedeutung sind, mit dem Vorsitzenden seiner gewerkschaftlichen Organisation zu besprechen.

Zum Sachverhalt:

Der Angeklagte Grøngaard war ein von den Mitarbeitern gewähltes Mitglied des Verwaltungsrats eines größeren börsennotierten Finanzinstituts. Für die Gewerkschaft der Arbeitnehmer des Finanzsektors war er zugleich Mitglied des konzernweiten Verbindungsausschusses. Nach einer außerordentlichen Sitzung des Verwaltungsrats am 23.8.2000 gab er an den Vorsitzenden seiner Gewerkschaft, den Mitangeklagten Bang, Informationen weiter, die die geplante Aufnahme von Fusionsverhandlungen mit einem anderen größeren Finanzinstitut in Dänemark betrafen. Wegen Weitergabe von Insiderinformationen sind die Angeklagten – nach Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH (ZIP 2006, 123, dort auch weitere Einzelheiten zum Sachverhalt) – in erster Instanz verurteilt worden. Dagegen richtet sich die Berufung vor dem Obersten Gerichtshof.

Gründe:

Gemäß § 36 des Gesetzes über den Wertpapierhandel, der Art. 3 a der RL 89/592/EWG vom 13. November 1989 zur ZIP Heft 32/2009, Seite 1527Koordinierung der Vorschriften betreffend Insidergeschäfte umsetzt, darf derjenige, der im Besitz internen Wissens ist, dieses Wissen nicht an andere weitergeben, es sei denn, diese Weitergabe ist ein normaler Bestandteil der Ausübung der Beschäftigung, des Berufes oder der Funktion des Betreffenden.

Der Oberste Gerichtshof ist der Meinung, dass es sehr gut mit dem Ziel der Ausnahmebestimmung und mit den Vorarbeiten (vgl. Amtsblatt des Parlaments 1990-91, 2. Sammlung, Zusatz A, sp. 1957, und der Stellungnahme Nr. 1216/1991, S. 53) übereinstimmt, dass ein von den Mitarbeitern gewähltes Mitglied des Aufsichtsrats einer Gesellschaft grundsätzlich die Möglichkeit hat, Fragen zu einer Fusion, die für die Beschäftigten von wesentlicher Bedeutung sind, mit dem Vorsitzenden seiner gewerkschaftlichen Organisation zu besprechen. Nach den vorliegenden Informationen geht der Oberste Gerichtshof davon aus, dass dies auch bisher gängige Praxis war und ist.

Es muss davon ausgegangen werden, dass die Weitergabe der Informationen nicht nur in dem Wunsch begründet war, ggf. gleichzeitig mit der Veröffentlichung eine Fusionsbereitschaft etabliert zu haben, sondern auch in dem Wunsch, mit dem Gewerkschaftsvorsitzenden zu besprechen, welche Haltung sie zu der geplanten Fusion einnehmen sollten. Die Fusion würde 20.000 der 50.000 Mitglieder der Gewerkschaft umfassen und den Wegfall von bis zu 3.500 Arbeitsplätzen bedeuten. Vor diesem Hintergrund ist der Oberste Gerichtshof der Meinung, dass die Weitergabe der Informationen sachlich begründet und ein normaler Bestandteil der Funktion eines von den Mitarbeitern gewählten Mitglieds des Aufsichtsrats war.

Der Oberste Gerichtshof geht in Übereinstimmung mit den Erklärungen des Angeklagten und des Gewerkschaftsvorsitzenden davon aus, dass die Information über das Austauschverhältnis zwischen den an der Fusion beteiligten Gesellschaften zur Beurteilung der Frage weitergegeben wurde, ob Aussicht dafür bestünde, dass von der anderen Seite ein höheres Gebot käme, und zwar ohne dieselben schwerwiegenden Auswirkungen für die Beschäftigten. Der Oberste Gerichtshof ist daher der Meinung, dass die Weitergabe dieser Information ebenfalls sachlich begründet und ein normaler Bestandteil der Funktion des Angeklagten gewesen ist.

Der Oberste Gerichtshof ist darüber hinaus der Meinung, dass es sachlich begründet und ein normaler Bestandteil der Funktion des Vorsitzenden der Gewerkschaft war, dass er diese Informationen an seine nächsten Mitarbeiter weitergab und diese Punkte mit ihnen besprach.

Der Oberste Gerichtshof ist also der Meinung, dass weder der Angeklagte noch der Gewerkschaftsvorsitzende gegen § 36 des Gesetzes über den Wertpapierhandel verstoßen haben. Dieses Ergebnis muss nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs als innerhalb des Rahmens des Urteils des EuGH vom 22. November 2005 (ZIP 2006, 123) liegend angesehen werden, vgl. dort Rz. 27 – 30 und 39 – 40.

Der Oberste Gerichtshof spricht die Angeklagten demnach frei.

<einsender></einsender>Mitgeteilt von RA Dr. Roland Köstler, Düsseldorf</einsender><//einsender>

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