OLG Dresden: Zur Anfechtung der Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen durch die Schuldnerin für eine insolvente Tochtergesellschaft

17.06.2009

InsO § 134 Abs. 1, § 143 Abs. 2 Satz 1; BGB § 818 Abs. 3

Zur Anfechtung der Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen durch die Schuldnerin für eine insolvente Tochtergesellschaft

OLG Dresden, Urt. v. 23. 12. 2008 – 13 U 1672/07

Leitsätze des Gerichts:

1. Eine durch eine mittelbare Zuwendung des Schuldners bewirkte gläubigerbenachteiligende Vermögensverminderung kann auch darin liegen, dass dieser selbst einen Anspruch auf das dem Dritten Zugewandte gegen seinen Leistungsmittler hatte und er diesen Anspruch mit der Leistung an den Dritten verliert.

2. Der Empfänger einer mittelbaren Zuwendung kann, wenn sowohl über das Vermögen seines Schuldners wie auch über das Vermögen des Leistungsmittlers ein Insolvenzverfahren eröffnet ist, gegenüber beiden Insolvenzmassen Anfechtungsansprüchen ausgesetzt sein; im Ergebnis muss er die Leistung jedoch nur einmal zurückgewähren.

3. Die mit der Anfechtung im Zuwendungsverhältnis verbundene Folge konkurrierender Anfechtungsansprüche ist auf Rechtsfolgenebene zu lösen.

4. Gegen die Anfechtung im Zuwendungsverhältnis nach § 134 Abs. 1 InsO kann der Empfänger der unentgeltlichen Leistung eine Zahlung im Valutaverhältnis gem. § 143 Abs. 2 Satz 1 InsO, § 818 Abs. 3 BGB einwenden. Ob daneben die Zahlung im Valutaverhältnis als Aufwendung für die mit dem Anfechtungsrecht belastete Leistung nach § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 288 Abs. 1, § 292 Abs. 1, §§ 994, 995 BGB gelten kann, lässt der Senat offen.

Gründe:

I. Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin, das auf deren Antrag vom 27.1.2004 am 1.4.2004 eröffnet wurde. Diese gründete im März 1991 die M. GmbH (nachfolgend: Tochtergesellschaft), über deren Vermögen auf Antrag vom 7.1.2004 am 22.3.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Nebenintervenient zum Verwalter bestellt wurde. Der Kläger verlangt von der Beklagten Zahlungen auf rückständige Beiträge zur Gesamtsozialversicherung im Wege der Insolvenzanfechtung zurück, die von der Schuldnerin auf entsprechende Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft geleistet wurden.

Auf die Feststellungen des angegriffenen Urteils wird mit folgender Ergänzung Bezug genommen: Der Nebenintervenient focht gegenüber der Beklagten ebenfalls Zahlungen auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge i.H. v. 15.874,64 € an, wobei Gegenstand dieser Anfechtung – mit Ausnahme der Zahlung vom 30.9.2003 i.H. v. 4.130,24 € – unter weiteren auch die nunmehr vom Kläger zurückgeforderten Zahlungen waren. Die Beklagte zahlte an den Nebenintervenienten zur Abgeltung dieser Anfechtungsansprüche im Vergleichswege insgesamt 10.700 € mit der Abrede, diesen Betrag an den Kläger weiterzuleiten, wenn im Verhältnis zwischen den Insolvenzverwaltern in einem anderen Verfahren rechtskräftig festgestellt werde, wem das Anfechtungsrecht gegenüber den Zahlungsempfängern zustehe.

Das LG hat der Klage, gestützt auf §§ 143, 134 InsO, vollständig stattgegeben.

II. Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet. Das Urteil des LG beruht auf einem Rechtsfehler, soweit es die Beklagte über einen Betrag von 4.597,00 € nebst Zinsen hinausgehend verurteilt hat. Der Anfechtungsanspruch ist wegen der Zahlung i.H. v. 4.130,24 € vom 30.9.2003 begründet. Hinsichtlich der weiteren im Berufungsverfahren noch streitgegen-ZIP 2009, Seite 1174ständlichen Zahlungen vom 18.11.2003 und 18.12.2003 i.H. v. 3.111,74 € ist der Anfechtungsanspruch nur i.H. v. 466,76 € begründet, nachdem der Nebenintervenient diese Zahlungen im Verhältnis zur Beklagten angefochten und diese im Vergleichswege eine Zahlung i.H. v. 85 % des Nennbetrags der jeweiligen Forderung geleistet hat.

1. Die Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte unterliegen der Anfechtung gem. § 143 Abs. 1, § 129 Abs. 1, § 134 Abs. 1 InsO.

a) Bei sämtlichen Zahlungen handelt es sich um unentgeltliche Verfügungen i.S.d. § 134 Abs. 1 InsO.

aa) Nach der Rechtsprechung des BGH, der sich der Senat anschließt, ist die Tilgung einer nicht werthaltigen, gegen einen Dritten gerichteten Forderung unentgeltlich, weil der Empfänger der Zahlung keine ausgleichende Gegenleistung erbringt (BGH ZIP 2006, 957, 958 = ZVI 2006, 246, dazu EWiR 2006, 469 (Henkel); BGH ZIP 2008, 1385, 1386 = ZVI 2008, 343, dazu EWiR 2009, 29 (Eisner)). Von der Wertlosigkeit der Forderung kann jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn der Dritte vermögenslos ist (vgl. Wittig, NZI 2005, 606, 608; MünchKomm-Kirchhof, InsO, 2. Aufl., § 134 Rz. 31a; Henckel, in: Jaeger, InsO, § 134 Rz. 25). Die Zahlungsunfähigkeit des Dritten ist ein Indiz für die Wertlosigkeit der Forderung. Ob dieses Indiz für sich genommen ausreicht, um die Wertlosigkeit der Forderung zu belegen (so wohl BGH ZIP 2006, 957, 958; BGH ZIP 2005, 767, 768, dazu EWiR 2005, 737 (Haas/Panier); OLG Stuttgart NZI 2002, 112, 114), oder weitere für die Vermögenslosigkeit des Dritten sprechende Umstände hinzutreten müssen (vgl. Wittig, NZI 2005, 606, 608; MünchKomm-Kirchhof, a.a.O., § 134 Rz. 31a), lässt der Senat offen, weil solche Umstände jedenfalls in diesem Fall vorliegen.

Die gegen die Tochtergesellschaft gerichteten Forderungen der Beklagten waren wertlos. Die Tochtergesellschaft war zum Zeitpunkt der jeweiligen Zahlungen zahlungsunfähig. Der Kläger hat hierzu unter Vorlage von durch die Tochtergesellschaft selbst erstellten Aufzeichnungen dargelegt, dass bereits im Sommer 2006 wesentliche Teile der Verbindlichkeiten, darunter auch solche gegenüber Sozialversicherungsträgern, nicht getilgt werden konnten. Die Aufstellung, der die Beklagte nicht substanziiert entgegengetreten ist, belegt, dass zum 30.9.2003 Beitragsrückstände i.H. v. 43.082,79 €, die zu diesem Zeitpunkt älter als 10 Wochen waren, und am 15.8.2003 fällig werdende Beträge i.H. v. 93.945,84 € nicht beglichen waren. In dem bereits kurze Zeit nach den streitgegenständlichen Zahlungen eingeleiteten vorläufigen Insolvenzverfahren stellte der vorläufige Insolvenzverwalter kein wesentliches freies Vermögen fest, aus dem die Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft hätten gedeckt werden können. Diese – im Ergebnis für die Wertlosigkeit der Forderungen sprechenden – Indizien hat die Beklagte nicht entkräftet.

bb) Schließlich war die Schuldnerin der Beklagten nicht selbst zur Beitragszahlung verpflichtet. Ob es zwischen der Schuldnerin und ihrer Tochtergesellschaft tatsächlich zu einer Überlassung von Arbeitnehmern gekommen ist und ob aus diesem Tatbestand Beitragspflichten der Schuldnerin resultierten, kann offenbleiben. Die Beklagte vermochte keinen Sachverhalt darzulegen, aufgrund dessen der Senat dies für die hier streitgegenständlichen Beitragszahlungen annehmen könnte.

b) Die Zahlungen benachteiligen die Gläubiger der Schuldnerin (§ 129 Abs. 1 InsO). Dies gilt auch, soweit Zahlungen an die Beklagte auf Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung geleistet wurden (BGH ZIP 2006, 290, 291 = ZVI 2006, 121). Mit der Änderung des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV zum 1.1.2008 hat sich die Rechtslage jedenfalls hier nicht geändert, weil diese Vorschrift nur auf Insolvenzverfahren Anwendung findet, die nach dem 1.1.2008 eröffnet wurden (BGH ZIP 2008, 747 (m. Bespr. Brinkmann/Luttmann, S. 901) = NZI 2008, 293, 294, dazu EWiR 2008, 313 (Koza)).

2. Die Zahlungen der Schuldnerin vom 8.10.2003, 18.11.2003, 27.11.2003 und 18.12.2003 i.H. v. insgesamt 11.708,52 € unterlagen allerdings auch der Anfechtung des Nebenintervenienten gegenüber der Beklagten gem. § 143 Abs. 1, § 129 Abs. 1, § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO.

a) Die von der Schuldnerin innerhalb einer Frist von drei Monaten vor dem am 7.1.2004 gestellten Insolvenzantrag aus Sicht der Beklagten als Dritte geleisteten Zahlungen waren inkongruent, weil die Beklagte sie in dieser Art nicht fordern konnte. Wie oben näher dargelegt, war die Tochtergesellschaft der Schuldnerin zu diesem Zeitpunkt auch zahlungsunfähig.

b) Durch die Zahlungen der Schuldnerin werden die Gläubiger der Tochtergesellschaft auch benachteiligt. Der Senat verkennt dabei nicht, dass das OLG Jena in dem zwischen dem Kläger und dem Nebenintervenienten geführten Rechtsstreit eine Gläubigerbenachteiligung verneint hat (Urt. v. 9.11.2006 – 1 U 161/06, Umdr. S. 11) und der BGH (Beschl. v. 10.1.2008 – IX ZR 229/06) in dem die Nichtzulassung der Revision gegen dieses Urteil betreffenden Beschwerdeverfahren angenommen hat, die von der Schuldnerin veranlassten Zahlungen seien aus deren Vermögen und nicht mittelbar aus dem Vermögen der Tochtergesellschaft geleistet worden. Auf der Grundlage der im vorliegenden Verfahren nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Feststellungen nimmt der Senat allerdings eine die Gläubiger der Tochtergesellschaft benachteiligende mittelbare Zuwendung an.

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH unterliegen Zahlungen, die unter Einschaltung eines Leistungsmittlers erbracht werden, als mittelbare Zuwendungen der Anfechtung, wenn diese als unmittelbar vom Schuldner erbrachte Leistungen ohne Weiteres anfechtbar wären, so z.B. wenn der Schuldner einen Drittschuldner anweist, die von diesem geschuldete Leistung nicht ihm, sondern einem Gläubiger des Schuldners zu erbringen, und dieser erkennen kann, dass es sich dabei um eine Leistung des Schuldners handelt (vgl. BGHZ 174, 228, 239 = ZIP 2008, 125 = ZVI 2009, 78, dazu EWiR 2008, 211 (Keller); OLG Stuttgart NZI 2002, 112, 114). Voraussetzung für die Anfechtbarkeit einer solchen mittelbaren Zuwendung ist allerdings, dass der Schuldner eine Rechtsposition aus seinem Vermögen aufgibt, die selbst Grundlage der Anfechtung sein könnte (BGHZ 72, 39, 42; BGH WM 1955, 407, 409 f.). Hierfür genügt es, wenn der Gegenwert für den Erwerb des Anfechtungsgegners aus dem Vermögen des Schuldners stammt (BGHZ 174, 228, 237 = ZIP ZIP 2009, Seite 11752008, 125; MünchKomm-Kirchhof, a.a.O., § 129 Rz. 71 m.w.N.). In dem der vorstehend zitierten Entscheidung des BGH zugrunde liegenden Sachverhalt war eine mittelbare Zuwendung gegeben, weil die Schuldnerin ihrem Leistungsmittler entweder das zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten erforderliche Geld überwiesen oder ihm Gegenstände ihres Aktivvermögens übertragen hatte, damit deren Gegenwert für die Erfüllung eingesetzt werden konnte (vgl. BGHZ 174, 228, 237 = ZIP 2008, 125). Damit sind allerdings die für eine mittelbare Zuwendung in Betracht kommenden Fallgestaltungen nicht abschließend beschrieben. Wie in den Fällen einer Anweisung auf Schuld regelmäßig, kann die durch die mittelbare Zuwendung bewirkte Vermögensminderung des Schuldners auch darin liegen, dass dieser selbst einen Anspruch auf das dem Dritten Zugewandte gegen seinen Leistungsmittler hatte und er diesen Anspruch mit der Leistung an den Dritten verliert (vgl. BGHZ 72, 39, 42; BGH ZIP 1998, 793 = NJW 1998, 2592, 2599, dazu EWiR 1998, 699 (Eckardt); BGHZ 142, 284, 288 = ZIP 1999, 1764; BGHZ 174, 314, 316 = ZIP 2008, 190 = ZVI 2008, 264, dazu EWiR 2008, 539 (Göb); BGH ZIP 2008, 2182, dazu EWiR 2009, 27 (Klein); Henckel, a.a.O., § 130 Rz. 40, 47; MünchKomm-Kirchhof, a.a.O., § 19 Rz. 71).

bb) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass zwischen der Schuldnerin und ihrer Tochtergesellschaft Verrechnungskonten geführt wurden, in die Ansprüche aus wechselseitig erbrachten Leistungen eingestellt wurden. Auf diese Weise wurden Ansprüche der Tochtergesellschaft aus für die Schuldnerin erbrachten Werkleistungen mit aus Zahlungen der Schuldnerin an Gläubiger der Tochtergesellschaft herrührenden Ausgleichsansprüchen verrechnet. Der Kläger hat diesbezüglich im Verfahren erster Instanz eingestanden (§ 288 ZPO), dass durch die Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte Forderungen der Tochtergesellschaft gegen die Schuldnerin in voller Höhe befriedigt worden sind, mithin zum Zeitpunkt der jeweiligen Zahlung ein diese übersteigender Verrechungssaldo zu Gunsten der Tochtergesellschaft bestand. Gegenwert für die von der Schuldnerin erbrachten Leistungen ist danach der Verlust der der Tochtergesellschaft aus der Verrechnungsabsprache zustehenden Ansprüche. Aufgrund der Verrechnungsabrede waren beide Unternehmen auch darüber einig, dass der Gegenwert für die Zahlung an die Beklagte letztlich aus dem Vermögen der Tochtergesellschaft herrühren sollte. Ob diese oder deren Gläubiger gegen die Schuldnerin einen Anspruch auf die Vornahme dieser Zahlungen hatte, ist unerheblich. Ausreichend ist – und das steht für den Senat auf der Grundlage der Aussage des Zeugen B. fest –, dass die Schuldnerin nach wöchentlich erfolgter Absprache die Tilgung der jeweils besonders dringlichen Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft auf deren Bitte hin übernahm.

cc) Nicht gefolgt werden kann dem Kläger in seiner, auch der Entscheidung des OLG Jena zugrunde liegenden Argumentation, eine Benachteiligung der Gläubiger der Tochtergesellschaft durch diese Verfahrensweise scheide aus, weil deren Ansprüche gegen die Schuldnerin ohnehin wertlos gewesen seien. Hierauf kommt es nicht an, weil die mittelbaren Zuwendungen der Tochtergesellschaft so zu behandeln sind, als habe die Schuldnerin an diese und sie wiederum an die Beklagte geleistet (BGHZ 174, 228, 237 = ZIP 2008, 125). Damit ist für die anfechtungsrechtliche Beurteilung zu unterstellen, dass die Tochtergesellschaft die Forderung aus eigenen Mitteln beglichen hat (vgl. auch Keller, EWiR 2008, 211, 212). Ob die Tilgung der Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der Tochtergesellschaft möglicherweise ihrerseits der Insolvenzanfechtung unterlegen hätte, bleibt als hypothetische Betrachtung unerheblich.

3. Die Beklagte ist hinsichtlich der Zahlungen vom 18.11.2003 und 18.12.2003 i.H. v. insgesamt 3.111,74 € nur noch i.H. v. 466,76 € bereichert, nachdem sie an den Nebenintervenienten bereits im Vergleichswege eine Zahlung i.H. v. 10.800 € leistete.

a) Ebenso wie der BGH in seiner Entscheidung vom 16.11.2007 – IX ZR 194/04 (BGHZ 174, 228 = ZIP 2008, 125) geht auch der Senat im Ergebnis davon aus, dass die Beklagte nicht wegen derselben Leistung einerseits dem Kläger und andererseits dem Nebenintervenienten zur Rückerstattung verpflichtet sein kann. Der Senat verneint allerdings einen tatbestandlichen Vorrang der Anfechtung des Nebenintervenienten gegenüber derjenigen des Klägers.

aa) Ein tatbestandlicher Vorrang der Deckungsanfechtung würde den schutzwürdigen Interessen des Anfechtungsgegners nicht gerecht. Dieser ist, wie der BGH zu Recht hervorgehoben hat, in jedem Fall vor doppelter Inanspruchnahme zu schützen. Dies wäre auf der Basis des tatbestandlichen Vorrangs der Deckungsanfechtung zumindest dann nicht sicher zu gewährleisten, wenn der Anfechtungsanspruch im Zuwendungsverhältnis zuerst geltend gemacht und vom Anfechtungsgegner auch erfüllt wird.

bb) Der Senat hält auch die Erklärung der Anfechtung im Valutaverhältnis letztlich nicht für ein hinreichendes Ausschlusskriterium. Zunächst ist fraglich, in welcher Weise der im Valutaverhältnis anfechtende Insolvenzverwalter seinen Anfechtungsanspruch geltend machen müsste. Reichte hier die außergerichtliche Geltendmachung, müsste eine im Zuwendungsverhältnis bereits anhängige Klage abgewiesen werden, obwohl nicht feststünde, ob und in welchem Umfang die anfechtbare Leistung später tatsächlich zurückgewährt wird. Das gleiche gilt im Übrigen selbst dann, wenn auf die klageweise Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs abgestellt würde. Eine solche Lösung vermag auch nicht abschließend zu beantworten, wie weit die Ausschlusswirkung reicht, wenn – wie hier – mit dem im Valutaverhältnis anfechtenden Insolvenzverwalter ein Vergleich geschlossen wurde.

b) Die mit der Anfechtung im Zuwendungsverhältnis verbundene Folge konkurrierender Anfechtungsansprüche ist auf Rechtsfolgenebene zu lösen. Ob diesbezüglich ein genereller Vorrang der Deckungsanfechtung anzunehmen ist oder ob sich die Frage des Vorrangs letztlich nach dem Inhalt des Deckungsverhältnisses beurteilen muss (hierfür mit beachtlichen Gründen KPB-Brinkmann, InsO, 34. Lfg., Anh. I zu § 145 Rz. 58), lässt der Senat offen. Ungeachtet dessen kann der Anfechtungsgegner gegen die Anfechtung im Zuwendungsverhältnis nach § 134 Abs. 1 InsO in Höhe der tatsächlich im Valutaverhältnis geleisteten Zahlung die Entreicherung gem. §ZIP 2009, Seite 1176 143 Abs. 2 Satz 1 InsO, § 818 Abs. 3 BGB einwenden. Der Empfänger einer unentgeltlichen Verfügung ist demnach zur Rückgewähr nur verpflichtet, soweit er durch die Leistung bereichert ist. An einer solchen Bereicherung fehlt es, wenn der Anfechtungsgegner das Erlangte an den Berechtigten zurückgezahlt hat. Berechtigt an dem anfechtbar Erlangten ist aus der Perspektive der Beklagten sowohl der Kläger wie auch der Nebenintervenient. Dieser hat durch den Vergleich auf Anfechtungsansprüche im Umfang von insgesamt 12.768,52 € eine Zahlung von 10.800 € erhalten, mithin eine Deckung i.H. v. 85 %. In dieser Höhe kann sich die Beklagte gegenüber dem Kläger auf die Entreicherung berufen. Dass in dem Vergleich zwischen dem Nebenintervenienten und der Beklagten eine andere als die quotale Befriedigung der geltend gemachten Anfechtungsansprüche gewollt war, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Ob Zahlungen der Beklagten an den Nebenintervenienten daneben auch als Aufwendungen für die mit dem Anfechtungsrecht belastete Leistung gem. § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 292 Abs. 1, §§ 994, 995 BGB gelten können, bedarf keiner Entscheidung, weil die Beklagte dem Anfechtungsanspruch ebenfalls nur das tatsächlich Gezahlte entgegenhalten könnte und die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO vom Kläger nicht dargelegt werden.

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