OLG Frankfurt/M.: Wahrung der Frist zur Einleitung eines Spruchverfahrens nur durch rechtzeitigen Antrag bei örtlich zuständigem Gericht

04.01.2010

SpruchG § 4 Abs. 1, § 2 Abs. 1, § 12; ZPO § 281

Wahrung der Frist zur Einleitung eines Spruchverfahrens nur durch rechtzeitigen Antrag bei örtlich zuständigem Gericht

OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 4. 5. 2009 – 20 W 84/09 (nicht rechtskräftig; LG Frankfurt/M.)

Leitsatz des Gerichts:

Die Frist zur Einleitung eines Spruchverfahrens nach § 4 Abs. 1 SpruchG wird nur durch den rechtzeitigen Eingang eines Antrages bei einem zumindest zunächst örtlich zuständigen Gericht gewahrt.

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Rechtsfrage, ob die Einreichung eines Antrags auf Einleitung eines Spruchverfahrens bei einem örtlich unzuständigen LG die Antragsfrist des § 4 Abs. 1 SpruchG, die hier mit dem 28. Oktober 2008 ablief, wahren kann.

Die vom 24. Oktober 2008 datierenden Anträge auf Einleitung eines Spruchverfahrens wegen eines Squeeze out waren zwar an das LG Frankfurt/M. adressiert, im Adressenfeld wurde jedoch versehentlich nicht die für Frankfurt/M., sondern die für Köln gültige Postleitzahl angegeben. Dies führte dazu, dass die gemeinsame Antragsschrift durch die Post an die gemeinsame Annahmestelle des Amts- und Landgerichts Köln übermittelt wurde, wo sie ausweislich des Eingangsstempels am 27. Oktober 2008 einging. Von dort wurde die Antragsschrift an das örtlich zuständige LG Frankfurt/M. weitergeleitet und ging dort ausweislich des Eingangsstempels am 30. Oktober 2008 ein.

Das LG Frankfurt/M. wies die Anträge mit dem angefochtenen Beschluss als unzulässig zurück. Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde.

II. Die sofortigen Beschwerden sind nach § 12 Abs. 1 SpruchG zulässig. In der Sache führen sie nicht zum Erfolg, weil das LG zutreffend davon ausgegangen ist, dass die Anträge auf Einleitung der Spruchverfahren verspätet waren.

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 SpruchG kann der Antrag auf gerichtliche Entscheidung in einem Spruchverfahren nur binnen drei Monaten seit dem jeweiligen Stichtag gemäß den Nr. 1 – 6 gestellt werden. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SpruchG ist zuständig für das Spruchverfahren das LG, in dessen Bezirk der Rechtsträger, dessen Anteilsinhaber antragsberechtigt sind, seinen Sitz hat. Sind für ein Spruchverfahren ausnahmsweise gem. § 2 Abs. 1 und 3 mehrere Gerichte zuständig, so wird nach § 4 Abs. 1 Satz 2 SpruchG die Frist durch Einreichung bei jedem zunächst zuständigen Gericht gewahrt.

Hiernach vermag der Eingang der Anträge bei dem LG Köln, der vor Ablauf der Antragsfrist mit dem 28.10.2008 erfolgt ist, die Antragsfrist nicht zu wahren, da das LG Köln von Anfang an nicht für das hier vorliegende Spruchverfahren zuständig war und der Eingang bei dem örtlich von Anfang an allein zuständigen LG Frankfurt/M. erst nach Fristablauf erfolgte.

Der Senat schließt sich insoweit der ganz herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung an, wonach dem Regelungszusammenhang der spezialgesetzlichen Norm des § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 SpruchG zu entnehmen ist, dass die Frist zur Einleitung eines Spruchverfahrens nur durch den Eingang eines Antrags bei einem zumindest zunächst zuständigen Gericht gewahrt werden kann (vgl. Fritzsche/Dreier/Verfürth, SpruchG, § 4 Rz. 11; Hüffer, AktG, 8. Aufl., Anh. § 305: § 4 SpruchG Rz. 5; Klöcker/Frohwein, SpruchG, § 4 Rz. 12; Simon/Leuering, SpruchG, § 4 Rz. 32; Wasmann, in: Kölner Komm. z. SpruchG, § 4 Rz. 6; Lutter/Krieger, UmwG, 4. Aufl., Anh. I § 4 SpruchG Rz. 8; MünchKomm-Volhard, AktG, 2. Aufl., § 4 SpruchG Rz. 5; Mennicke, BB 2006, 1242; Wasmann, WM 2004, 819; Wittgens, Das Spruchverfahrensgesetz, S. 138; OLG Düsseldorf NZG 2005, 719; LG Dortmund DB 2005, 488; OLG Frankfurt/M. ZIP 2006, 300 = AG 2006, 295).

Zwar hat der BGH entgegen der bereits damals herrschenden Auffassung zur Rechtslage vor Inkrafttreten des SpruchG entschieden, dass auch der bei einem unzuständigen Gericht eingereichte Antrag auf Einleitung eines Spruchverfahrens die Antragsfrist im Falle einer späteren Verweisung an das zuständige Gericht aufgrund einer entsprechenden Anwendung des § 281 Abs. 2 Satz 3 ZPO wahre, und offengelassen, ob § 281 ZPO auch in Verfahren nach dem SpruchG entsprechend angewandt werden könne. Mit dem OLG Düsseldorf (NZG 2005, 719) ist der Senat jedoch der Auffassung, dass nach Einführung der Regelung des § 4 Abs. 1 SpruchG eine Regelungslücke, die zu einer analogen Anwendung des § 281 ZPO führen könnte, nicht gegeben ist, weil dem Gesamtzusammenhang dieser spezialgesetzlichen Regelung zu entnehmen ist, dass eine Fristwahrung nur durch Eingang des Antrags bei dem zuständigen Gericht gegeben sein soll (so bereits Senatsbeschl. v. 18.10.2005 – 20 W 118/04, ZIP 2006, 443 = AG 2006, 295).

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht, da es sich bei der Frist des § 4 Abs. 1 Satz 1 SpruchG um eine gesetzliche Ausschlussfrist handelt (BayObLG ZIP 2005, 205 = NZG 2005, 312; OLG Düsseldorf NZG 2005, 719; Klöcker/Frohwein, a.a.O., § 4 Rz. 15, Simon/Leuering, a.a.O., § 4 Rz. 20; Hüffer, a.a.O., Anh. § 305: § 4 SpruchG Rz. 2; Lutter/Krieger, a.a.O., Anh. I § 4 SpruchG Rz. 9; Wasmann, a.a.O., § 4 Rz. 5; Fritzsche/Dreier/Verfürth, a.a.O., § 4 Rz. 3). Auf die Frage, ob die Versäumung der Frist unverschuldet war, wogegen bereits die von den Antragstellern selbst eingeräumte falsche Angabe der Postleitzahl spricht, kommt es deshalb nicht mehr an.

Die sofortigen Beschwerden waren deshalb zurückzuweisen. Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG. Der dort gesetzlich zwingend vorgeschriebene Mindestwert ist auch für Verfahren, die die Zulässigkeit eines Antrags betreffen, maßgeblich (OLG Stuttgart ZIP 2004, 850; OLG Frankfurt/M. ZIP 2006, 443 = AG 2006, 295).

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